•WILLKOMMEN ZUHAUSE•

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Eine Hand rüttelt leicht an meinen Arm. Ich schrecke auf und schaue auf. Eine Stewardess schaut mich lächelnd an. „Miss, es tut mir leid, falls ich Sie erschreckt habe. Doch wir landen in kürze und ich wollte Sie darauf hinweisen, dass sie sich wieder anschnallen müssen."

Verwirrt schaue ich auf den Gurt. Ich muss ihn wohl aufgemacht haben, bevor ich eingeschlafen bin. Nach ihrem Hinweis schließe ich den Gurt, um meinen Bauch, wieder.

"Danke für das Wecken und den Sicherheitshinweis."

Sie nickt mir zu, ehe sie weiter durch den Gang geht und überprüft, ob jeder angeschnallt ist. Mit schläfrigen Augen schaue ich aus dem Fenster. Die Sonne scheint mir entgegen. Der orange Sonnenball scheint auf der gesamten Welt gleich. Zu unterschiedlichen Zeiten.

Die Wolkendecke unter uns rückt näher. Jetzt sehen die Wolken aus wie Zuckerwatte. Weiche, süße Zuckermasse. Als könnte ich sie anfassen und einfach in seinen Mund stopfen und essen. Mich überrumpelt die Tatsache, dass ich überwiegend den ganzen Flug durchgeschlafen habe. Eigentlich schlafe ich nur ein paar Stunden. Nicht den ganzen Flug. Bevor ich eingedöst bin, habe ich noch einen Film geschaut und bin danach eingedöst. Das Dösen ist in Tiefschlaf umgeschlagen.

Ich hole einen Kaugummi aus meiner Tasche und stecke ihn mir in den Mund. Somit verhindere ich, dass ich durch den Druckausgleich häufig Gähnen muss und meine Ohren sich nicht taub anfühlen. Nach ungefähr einer viertel Stunde landen wir auf der Landefläche des Flughafens.

Wir fahren ein kleines Stück bis das Flugzeug an einem Terminal andockt. Der Kapitän sowie seine Crew verabschieden sich von uns und es wird Beifall geklatscht. Nachdem alle ihr Gepäck aus den Stauräumen über uns geholt haben und langsam den Gang zum Ausgang gelaufen sind, stehe ich auf. Als erstes strecke ich mich, ehe ich mir meinen Rucksack schnappe und den anderen folge. Am Ausgang werde ich von der Crew und dem Kapitän mit einem Gruß verabschiedet.

In der Flughafen Halle schaue ich nach, wo der Ausgang des Flughafens ist. Nach einigen Runden der Suche finde ich ihn und laufe langsam darauf zu.

Mit jedem Schritt den ich gehe, steigt meine Nervosität. Ich habe meine Mom jetzt seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen. Wir haben ab und zu telefoniert, und aber nur über das wichtigste unterhalten. Ich habe Angst wie sie auf meine Anwesenheit reagiert. Am Telefon klang sie nicht begeistert. Wird sie sauer auf mich sein? Wie wird sie auf meine Haarfarbe reagieren? Allgemein auf meinen Look? Wird sie mich wieder erkennen? Hat sie Vater schon Bescheid gesagt? Wird sie mich sofort zurückschicken?

Bevor ich es realisiere stehe ich in der Eingangshalle. Um mich herumstehen schon eine Menge Menschen mit verschiedenen Schildern auf verschiedenen Sprachen. Auf manchen stehen Wörter wie „Bienevoue",„Hola" bis hin zu „Hej" oder „konichi wa".

Ich gehe an den Menschen vorbei bis mir ein Schild besonders ins Auge fällt.

HOMESWEET HOME, Violet"

Meine Mom sieht mich mit tränenden Augen an. Ein kleines Lächeln ziert ihr Gesicht. Ich kann nicht anders als zu ihr zu rennen. Bei ihr angekommen, falle ich ihr in die Arme. Ich drücke sie so fest an meinen Körper, als würde ich Angst haben, sie zu verlieren. Ich löse mich aus der Umarmung und schaue sie an.

„Du hast mich erkannt?", frage ich mit brüchiger Stimme nach.

Sie nickt, noch zu überwältigt von unserem Wiedersehen. „Natürlich. Ich würde mein Mädchen doch immer erkennen." Sie sieht mich von oben nach unten an. „Du hast dich verändert."

„Ja, das habe ich."

„Komm wir fahren nach Hause." Sie nimmt meine Hand und gemeinsam verlassen wir den Flughafen.

Im Auto lasse ich das Fenster herunterfahren und strecke meine Hand raus. Der Wind des Meeres weht durch das Auto und lässt unsere Haare fliegen. Das Auto hält vor einem Haus direkt am Meer.

Ich steige aus und gehe zum Eingang. Meine Mutter schließt uns auf. „Ruh dich erst einmal aus. Es war ein anstrengender Flug." Sie geht in die Küche.

Ich gehe die Treppe hoch und finde auf Anhieb mein altes Zimmer. Vorsichtig öffne ich die Tür. Es hat sich nichts verändert. Alles ist noch an derselben Stelle wie vor ein paar Monaten. Müde falle ich auf mein Bett und bleibe für einen kleinen Augenblick liegen. Ich bin endlich da, wo ich sein will.

Als ich genug Energie gesammelt habe, gehe ich ins Bad und dusche ausgiebig. Ich wasche die ganzen Probleme, welche sich in meine Haut eingebrannt haben ab. Mit dem Wasser schwinden sie von meinem Körper und ich fühle mich auf Anhieb besser.

Getrocknet gehe ich zurück in mein Zimmer und ziehe meinen Schlafanzug an. Ich gehe durch das Haus und schaue in jedes der Zimmer. Auch hier wurde nichts verändert. Es ist alles so geblieben, als sei ich gar nicht weggegangen.

Ich setze mich auf einen Sessel im Büro und beschließe meinen Dad zu sagen wo ich bin. Das schlechte Gewissen nagt zu sehr an mir. Mit zitternden Händen wähle ich seine Nummer und halte mir das Handy an mein Ohr.

"Violet, endlich gehst du an dein Telefon. Ich habe schon eine Suchanzeige gestartet." Er atmet erleichtert aus.

„Dad, ich bin bei Mom."

„Ich weiß. Deine Mutter hat mich vor einer Stunde angerufen." Dann legt er auf. Einfach so. Ein kleiner Teil von mir kann ihn verstehen.

Ich öffne meine Chats. Keine Nachrichten von Lucas. Enttäuscht stehe ich auf und laufe durch das gesamte Haus. In jedem der Räume verstecken sich Erinnerungen aus der alten Zeit, welche ich nur zu gerne wieder aufleben lassen würde.

The Cheer SurferWhere stories live. Discover now