3. Eine Mauer voller Namen

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Wir liefen an einigen Tiergehegen vorbei und erreichten einen Teil der Mauer, der mit einigen Namen beschrieben war. Ein Name fiel mir ganz besonders auf, denn er war durchgestrichen. George.
„Hier könnt ihr euch verewigen. Wenn dir dein Name einfällt, schreibst du ihn auch hier hin, okay?" Der Junge nickte und Alby reichte mir ein Messer und einen Stein, damit ich meinen Namen einritzen konnte. Als ich fertig war trat ich einen Schritt zurück und begutachtete die Wand noch einmal, wobei mir wieder der durchgestrichene Name auffiel.
„Was ist mit George?", fragte ich.
Albys Gesicht wurde ernst. „Da draußen ist nicht nur ein Labyrinth." Er deutete zu einem großen Tor, das geöffnet war. „Dort drinnen leben so merkwürde Dinger, die einen stechen, wenn man ihnen begegnet. So eins hat George gestochen und das hat ihn verändert. Er hat versucht uns umzubringen. Wir mussten ihn in das Labyrinth verbannen." Ich sah großen Schmerz in seinem Gesicht.
Doch anstatt über das traurige Schicksal von George nachzudenken, kam mir plötzlich ein Wort in den Sinn.
„Griever", rutschte es mir heraus.
„Was?", fragte Alby verwirrt.
„Griever. So heißen diese Dinger. Frag mich nicht, woher ich das weiß. Ich weiß es einfach."
Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Na, ich wüsste wirklich gerne, wo du herkommst."
Und schon wieder fragte ich mich, ob es das Richtige gewesen war, ihm einfach die Wahrheit zu sagen. Ich kannte ihn nicht, genauso wenig wie die Anderen hier – zumindest erinnerte ich mich an niemanden außer Gally – und ich hatte keine Ahnung, wie sie waren. Sie könnten mich auch genauso gut einfach packen und einsperren oder mich in das Labyrinth vertreiben, so wie George.
Ich beschloss, erst einmal den Ball flach zu halten und beim nächsten Mal, wenn mir etwas einfiel – falls mir etwas einfiel – einfach meinen Mund zu halten.
„Eins noch. Wir haben hier auf der Lichtung zwei Regeln, an die ihr euch halten müsst. Erstens: Leistet euren Beitrag. Und zweitens: Fügt nie einem anderen Schaden zu - wir müssen uns hier alle vertrauen können. Das war es auch schon, mal sehen, wohin euer Weg euch führen wird. - Also schön, dann lasst uns zurückgehen. Ihr könnt euch heute erst einmal ausruhen und morgen sehen wir dann, für was ihr geeignet seid."
Wir liefen über die Lichtung und kamen an den Gärten vorbei, wo ich sofort wieder nach Newt Ausschau hielt. Ich fand mich selbst albern und biss mir auf die Lippe, um mich zusammen zu reißen. Ich musste endlich damit aufhören, mich für diesen Jungen zu interessieren.
Alby verließ uns, als wir bei den Hängematten angekommen waren und er uns jeweils eine zugeteilt hatte. Ich setzte mich in meine und der Junge tat es mir gleich. Unsere Schlafplätze waren am Rand und direkt nebeneinander, was mich freute, denn ihn kannte ich wenigstens etwas, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wie er hieß.
„Minho!", stieß er plötzlich hervor.
Ich sah ihn fragend an und war erstaunt über seinen aufgeregten Gesichtsausdruck. Was war jetzt denn los?
„Was -?", begann ich, aber er unterbrach mich.
„Minho - mein Name ist Minho!"
Ich brauchte einen kurzen Moment, bis ich begriff, aber dann sprang ich auf, was ein wenig wehtat, und umarmte ihn stürmisch.
„Das ist ja wunderbar!", rief ich und lachte ihn an.
Er strahlte zurück und nickte.
„Na los, wir gehen zurück zur Mauer und schreiben deinen Namen auch dran! Worauf wartest du noch?" Ich packte ihn an der Hand und zog ihn hinter mir her. Woher dieser Elan kam, wusste ich nicht, wahrscheinlich war ich einfach froh, etwas zu tun zu haben. Später, wenn es Nacht war, würde ich noch genug Zeit haben, um darüber nachzudenken, wie ich hier her gekommen war und was das alles zu bedeuten hatte. Jetzt wollte ich mich ablenken.
Wir liefen schnellen Schrittes über die Lichtung und einige Lichter sahen hoch und betrachteten uns komisch, als sie sahen, dass ich Minhos Hand hielt. Aber das war mir egal, sollten sie doch alle gucken. Ich war einfach nur glücklich, eine Aufgabe zu haben.
Als wir die Mauer erreichten, begann Minho seinen Namen in den Stein zu ritzen und ich setzte mich hin und sah ihm zu. Er arbeitete sorgfältig und schrieb seinen Namen rechts unter meinen.
Während ich so da saß, las ich die Namen der anderen Lichter. Nick, Alby, Gally, Newt, Winston, Clint und Fry Pan kannte ich bereits. Abgesehen von Georges Namen standen da noch Lee, Stan, Eric, Justin und Avan. Die hatte ich noch nicht kennengelernt, aber ich hatte gesehen, dass auf den Feldern noch drei Jungen außer Newt gearbeitet hatten und bei Winston war auch noch einer gewesen. Wo der fünfte gewesen war, wusste ich nicht, aber ich dachte auch nicht weiter darüber nach. Stattdessen glitt mein Blick über Minhos Namen, den er gerade fertig gestellt hatte.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWhere stories live. Discover now