31. Keine Fortschritte

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Es waren drei Tage vergangen, seit wir Alfred verbannt hatten. Minho und ich waren die einzigen, die momentan ins Labyrinth gingen, weil wir entschieden hatten, dass die Gefahr zu groß war, dass Alfred einem von uns über den Weg lief, falls er noch lebte.
Doch an diesem Tag bestätigte sich unser Verdacht, dass er sowieso längst tot war, denn wir fanden seine Sachen, voll mit Grieverspeichel. Keiner von uns sagte ein Wort, wir nahmen sie einfach mit, um sie später in den Wald zu bringen, wo wir einen Stein neben Stans und Justins Grab aufgestellt und Alfreds Namen hinein geritzt hatten. Das erschien uns als das Mindeste, was wir tun konnten, um ihm seine letzte Ehre zu erweisen.
„Wir sollten heute mit Nick und Alby sprechen", sagte Minho, während wir uns auf den verfrühten Rückweg machten.
Ich nickte. Er hatte Recht, wir sollten ihnen heute endlich erzählen, zu was wir vor drei Tagen nicht gekommen waren.
Nachdem wir Alfred verbannt hatten, hatte ich unsere Hütte erst wieder verlassen, als Newt geklopft und gefragt hatte, ob er irgendetwas für mich tun könnte. Da war es schon dunkel gewesen und bestimmt nach 23 Uhr, aber ich war unendlich froh gewesen, dass ich bei ihm sein konnte, denn wenn mich etwas glücklich machte, dann er.
Und es hatte geholfen einfach in seinen Armen zu liegen und zu weinen. Mehr als es jemals hätte helfen können, mit Minho darüber zu reden. Newt hatte mir zugehört und gewusst, was er sagen sollte, um mir zu helfen. Am nächsten Morgen war es mir um einiges besser gegangen, als ich erwartet hatte und mit meinem frisch gewonnenen Mut hatte ich auch Minho schnell wieder aufgebaut.
Jetzt liefen wir also zu zweit durch das Labyrinth, auf dem Weg zurück zur Lichtung, um Alfreds Sachen zu seinem 'Grab' zu bringen und mit Nick und Alby zu sprechen.
„Was denkst du, werden sie machen?", fragte Minho.
„Ich habe keine Ahnung. Aber Ben hatte Recht, es ist an der Zeit, dass wir ihnen die Wahrheit sagen. Ob sie es dann den Anderen sagen oder nicht, liegt an ihnen. Wenn ich ganz ehrlich bin glaube ich nicht, dass es eine gute Idee wäre, aber die Entscheidung liegt nicht bei uns, richtig?"
Minho nickte und wir beschleunigten unser Tempo etwas, um schneller zurück zu sein. Als wir die Lichtung erreichten, erkannte ich, dass Ben, Alex und Jackson wie die letzten Tage in der Nähe des Tors saßen und auf uns warteten. Als wir früher als normal zurück kamen, sprangen sie auf und kamen uns entgegen.
„Alles okay? Habt ihr einen Griever gesehen?", fragte Alex mit großen Augen, aber dann fiel sein Blick auf die Sachen in unseren Händen.
„Oh shit", stieß Jackson hervor und ich konnte in all ihren Gesichtern tiefe Bestürzung erkennen, auch wenn sie natürlich gewusst hatten, dass wir eines Tages wieder kommen und Alfreds Tod verkünden würden.
„Kommt, Jungs. Lasst uns die Sachen zu Alfreds Denkmal bringen", sagte ich und sie folgten uns schweigend.
Als wir die Sachen abgelegt hatten, standen wir noch eine Weile schweigend da, bevor wir den Wald wieder verließen und uns verteilten. Ich konnte Tränen in den Augen von allen dreien sehen und musste selber aufpassen, dass ich nicht auch wieder weinte.
Alex und Jackson gingen zur Mauer, wo sie Alfreds Namen durchstreichen wollten, um sich endgültig von ihm zu verabschieden, Ben setzte sich alleine an den See, wie er sagte, und Minho und ich machten uns nun wirklich auf die Suche nach Nick und Alby.
Es dauerte nicht lange, bis wir sie fanden. Sie waren im Versammlungsraum und schienen über irgendetwas zu diskutieren, verstummten aber sofort, als wir hereinkamen.
„Entschuldigt die Störung, aber Anna und ich müssen mit euch über etwas sprechen", begann Minho.
„Ihr habt Alfreds Sachen gefunden, das haben wir gesehen. Gut, dann könnt ihr jetzt ja wieder alle Läufer einsetzen."
Nick glaubte, dass es das war, was wir wollten.
„Genau. Trotzdem müssen wir mit euch über etwas anderes reden." Ich ging auf die beiden zu.
„Um was geht es?", fragte Alby, der jetzt neugierig geworden zu sein schien.
„Um das Labyrinth."
Bei Minhos Worten wurde jetzt auch Nick aufmerksam.
„Also gut, schießt los."
Minho und ich wechselten einen Blick und ich begann zu reden. „Wir suchen jetzt seit über zwei Jahren nach einem Ausgang und wir haben wirklich jeden Quadratmeter abgesucht..." Ich war mir nicht sicher, wie ich es ihnen sagen sollte.
„Es gibt keinen."
Minho verschränkte die Arme vor der Brust und sah zu unseren Anführern herunter.
Deren Gesichtsausdrücke veränderten sich innerhalb von Sekunden zu verwirrt, über entsetzt, bis zu sprachlos und es dauerte etwas, bis Nick wieder etwas sagte.
„Was soll das heißen 'Es gibt keinen'?", fragte er und stand auf.
Ich sah zu ihm hoch und versuchte möglichst fest zu antworten. „Das soll heißen, wir haben ein komplettes Modell des Labyrinths in der Hütte im Wald und wir haben jede Ecke, jede Nische zwanzig, dreißig Mal untersucht, aber da ist kein Ausgang. Da sind nur Mauern und Gänge und sonst nichts."
„Wenn ihr wollt, könnt ihr euch das Modell gerne anschauen", schlug Minho vor und die beiden willigten ein.
Also machten wir uns gemeinsam auf den Weg in den Wald. Ich sah, wie Ben uns durch die Bäume beobachtete und als unsere Blicke sich trafen, nickte er mir zu. Er schien glücklich damit zu sein, dass wir es den beiden endlich sagten.
Minho öffnete das selbstgebaute Schloss und hielt uns die Tür auf. Ich trat als erste ein, gefolgt von Nick, Alby und Minho, der die Tür wieder verschloss, damit niemand uns folgte.
Sofort stellten wir uns um den Tisch mit dem Modell herum und die beiden Anführer betrachteten es eine Zeit lang schweigend, bis Minho die Stille durchbrach.
„Das ist alles, bis ins kleinste Detail. Wir haben alles untersucht, wir beiden waren an jedem Ort, in jedem Abschnitt unzählige Male, aber es gibt keinen Ausgang da draußen."
„Bis jetzt", warf Nick ein und sah uns mit gerunzelter Stirn an.
„Was meinst du?", fragte ich und sah ihn verständnislos an.
„Es ist doch durchaus möglich, dass sich das noch ändert, oder? Ihr habt selbst gesagt, dass das Labyrinth sich verändert. Vielleicht öffnet sich irgendwann ein Ausgang."
„Nick..." Ich schluckte, bevor ich weiter sprach. „Ja, es verändert sich, aber nur insofern, dass sich die verschiedenen Abschnitte öffnen und schließen. Jeden Tag ist ein anderer geöffnet und jedes Mal nur einer. Das ist es, was wir nachts hören können. Ich glaube nicht, dass –"
Aber er unterbrach mich. „Nein, hör auf. Ihr habt wahrscheinlich noch nicht gut genug gesucht oder ich habe Recht und es wird sich noch ein Ausgang öffnen. Damit ist das Thema für mich erledigt. Es dürfte euch klar sein, dass ihr weiter machen werdet wie bisher, bis wir hier herauskommen. Und ihr werdet niemandem erzählen, was ihr – fälschlicher Weise – glaubt. Ist das klar?" Er hatte sich vor uns aufgebaut und sah uns drohend an. „Andernfalls muss ich euch verbannen."
Ich sah ihn mit großen Augen an und spürte, dass auch Minho vollkommen angespannt und sprachlos war. Mein Blick wanderte zu Alby, der ein paar Meter hinter Nick stand und warnend den Kopf schüttelte, als unsere Blicke sich trafen.
Jetzt wandte Nick seinen Blick ab, stieß mich zur Seite, sodass Minho mich festhalten musste, damit ich nicht umfiel, und rauschte aus der Hütte. Wir blieben sprachlos zurück und sahen ihm nach.
Da räusperte Alby sich. „Nick ist in letzter Zeit ein wenig durcheinander. Nehmt es ihm nicht übel. Wir sind fast ein ganzes Jahr länger hier als ihr und die Angst, dass wir womöglich niemals hier herauskommen werden, macht uns alle krank, habe ich Recht? Ihr beide solltet das mitunter am besten wissen.  - Aber auch wenn Nick verwirrt ist, trotzdem hat er Recht damit, dass wir den Anderen nichts davon erzählen sollten, das würde nur zu Tumulten führen und ich möchte nicht noch jemanden verlieren, das versteht ihr doch, oder?"
Wir nickten stumm. Das schien ihm zu genügen, denn er nickte uns noch einmal zu und folgte Nick dann, wohl um ihn zu beruhigen.
Sprachlos und völlig perplex blieben wir zurück.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt