59. Ein unbekannter Abschnitt

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Am nächsten Morgen fühlte ich mich viel besser. Auch wenn Minho noch bevor die Tore sich öffneten klopfte, um mich zu wecken, hatte ich wieder genug Kraft getankt, um in den neuen Tag zu starten.
Ich zog mich schnell an, wobei ich die Sachen, die Newt am Abend auf den Boden geworfen hatte, aufsammeln musste und machte mich dann auf den Weg zum See, wo ich sie und auch mich erst einmal wusch. Als ich in trockene Sachen schlüpfte und die nassen an einem Baum aufhängte, hatte das kalte Wasser die letzte Müdigkeit von mir gewaschen und ich fühlte mich hellwach.
Ich suchte nach Minho und fand ihn bei Fry Pan, wo er gerade frühstückte. Auch ich nahm mir ein Brot und packte etwas in meine Tasche für den Mittag. Wir bekamen noch unsere Flaschen und nahmen auch etwas für Thomas mit, bevor wir uns aufmachten, um ihn aus dem Bau zu holen und dann pünktlich mit dem Öffnen der Tore ins Labyrinth zu gehen.
„Meinst du, wir können es wirklich schaffen? Dass wir einen Ausgang finden?", fragte ich leise, als wir die Lichtung überquerten.
„Ich weiß es nicht. Ich glaube, dass wir zumindest das erste Mal wirklich eine Chance haben. Dieser Thomas ist verrückt, aber das ist es wahrscheinlich, was wir gebraucht haben."
Ich nickte. Er hatte Recht, Thomas war wirklich anders als alle, die bisher zu uns hoch gekommen waren. Ich fragte mich, was ihn so besonders machte.
Wir erreichten den Bau und gingen davor in die Hocke. Thomas war schon wach und schien bereits auf uns gewartet zu haben.
„Großer Tag, Frischling. Und, willst du die Sache wirklich durchziehen?", fragte Minho lachend.
„Oder willst du vielleicht doch da drin bleiben?", scherzte ich.
Thomas lachte ebenfalls. „Kommt schon, Mann, lasst mich hier raus."
„Na schön." Minho öffnete das Gitter und half ihm heraus.
„Die Tore dürften gleich aufgehen", sagte ich, als wir auf das noch immer geschlossene Tor zuliefen, das sich heute öffnen würde.
Wie auf ein Stichwort begann es sich zu öffnen und wir warteten, bis es weit genug offen war, dass wir hindurch passten.
„Dann los!", rief Minho und rannte los. Ich folgte ihm auf dem Fuß, mir im Klaren darüber, dass er Thomas ein bisschen ärgern wollte. Der rannte uns so schnell er konnte hinterher und konnte erstaunlich gut mithalten. Viele waren schnell, aber schnell auf langer Strecke zu sein, war schwierig.
„Hier lang!", rief Minho, als wir uns immer weiter in das Labyrinth begaben. „Nicht mehr weit bis zum inneren Ring, los geht's!"
Ich musste lachen, weil es auf Thomas so wirken musste, als würden wir jeden Tag wie die Bekloppten durch das Labyrinth sprinten, obwohl wir uns normalerweise die Zeit nahmen, zu joggen.
Wir bewegten uns immer tiefer hinein, bis wir den inneren Ring erreichten, wie wir ihn nannten. Von hier aus gingen die acht Abschnitte ab. Minho wurde nicht langsamer und wir folgten ihm brav, auch wenn Thomas ein wenig zurück fiel. Wir liefen an Abschnitt fünf und sechs vorbei und erreichten Abschnitt sieben schneller, als wir es je getan hatten. Vielleicht rannte Minho auch so, weil er keine Zeit verlieren wollte. Wenn dem so war, war ihm das auf jeden Fall geglückt.
Jetzt verlangsamten wir unsere Schritte. Minho und ich wechselten einen Blick. Abschnitt sieben war offen, obwohl er es nicht sein sollte.
„Das ist seltsam", murmelte er.
„Was?", fragte Thomas neugierig.
„Der siebte sollte erst in 'ner Woche wieder auf sein", erklärte Minho.
„Das ist in den ganzen letzten Jahren nicht einmal passiert. Die Abschnitte waren immer pünktlich geöffnet, immer in der gleichen Reihenfolge, ohne Ausnahme...", sagte ich.
Irgendetwas war anders.
Im Schritttempo liefen wir zwischen den Mauern entlang und suchten nach etwas, das darauf hindeutete, dass etwas anders war. Wir erreichten die Flügel und Thomas sah sich mit großen Augen um.
„Was zum Teufel ist das hier?", fragte er.
„Wir nennen sie Flügel." Mehr erklärte Minho nicht. Was sollte man da auch noch sagen? Wir wussten schließlich auch nicht, wofür die gut waren.
Wir durchquerten das Feld und waren fast durch, als Thomas plötzlich auf etwas zeigte, das auf dem Boden lag. Wir joggten darauf zu und ich erkannte Bens Sachen.
Minho hob ein blutdurchtränktes Oberteil hoch und ich musste schlucken, um den Kloß in meinem Hals los zu werden, der sich gebildet hatte.
„Das ist von Ben, oder?"
„Ja." Minhos Stimme drohte zu brechen und er stand wieder auf. „Ein Griever muss ihn hier angegriffen haben."
„Lasst uns weiter gehen und...", begann ich, als ein Geräusch aufkam, das wir zuerst nicht zuordnen konnten. Es schien von uns auszugehen, aber woher es kam, wusste ich nicht.
Verwirrt sahen Minho und ich uns an, als Thomas ihn plötzlich packte und so schnell umdrehte, dass er ein „Woah, hey!" ausstieß. Jetzt wühlte Thomas in Minhos Tasche und zog im nächsten Moment das Ding heraus, das wir aus dem Griever geholt hatten. Jetzt war auch klar, woher das Geräusch gekommen war.
„Was macht es?", fragte ich verwundert, aber Thomas antwortete mir nicht, sondern drehte sich im Kreis und suchte nach der Richtung, aus der das Signal zu kommen schien, das das Ding zum Piepen brachte. Es wurde immer lauter und deutlicher.
„Ich glaub, das Ding zeigt uns den Weg", stellte Thomas fest und sah ungläubig in die Richtung, aus der das Signal zu kommen schien. Ich folgte seinem Blick, aber konnte beim besten Willen nichts erkennen, was es auslösen könnte.
Jetzt lief er los und folgte dem Signal. Wir liefen ihm hinterher und wechselten immer wieder die genaue Richtung, weil das Geräusch plötzlich schwächer wurde. Er führte uns in einen Gang, den ich vorher noch nie gesehen hatte. Rechts und links von uns ging es tief runter und vor uns schien eine Art Tor zu sein, das allerdings verschlossen war.
„Minho, Anna, wart ihr hier schon mal?", fragte Thomas und seine Stimme hallte von den Wänden wieder.
„Nein", antworteten wir wie aus einem Munde. Das hier war neu.
Das Geräusch, das das Ding machte, wurde immer lauter und lauter und als ich an der Wand mit dem Tor empor sah, erkannte ich, dass dort ebenfalls die Buchstaben „W.C.K.D." geschrieben standen.
„Ahh, wieder nur 'ne Sackgasse", fluchte Minho, als wir das verschlossene Tor erreichten.
Doch plötzlich, als Thomas dem Tor noch ein wenig näher kam, ertönte ein lautes Geräusch, das rote Blinken wurde grün und das Ding gab einen hohen Ton von sich, als würde etwas bestätigt werden. Das Tor begann, sich zu öffnen, indem es hoch ging und wir fuhren alle herum.
„Ach du Scheiße", flüsterte ich.
Das Tor gab den Blick auf weitere frei, die ebenfalls dabei waren, hoch zu fahren und uns somit den Weg frei machten. Wir konnten eine Art Tor in der letzten Wand sehen, das allerdings rund und aus Metall war und sich jetzt auch öffnete.
„Bist du dir sicher?", fragte Minho Thomas, bevor wir es wagten, unter den Toren durchzulaufen.
„Nein", entgegnete dieser und ging los. Ich fühlte mich ziemlich unwohl, weil die Tore, die jetzt über uns hingen, mir nicht geheuer waren und ich nicht darauf vertraute, dass sie nicht einfach wieder zugehen würden.
Wir blieben vor der runden Öffnung stehen und Minho, an dessen Arm ich mich mittlerweile festhielt, weil ich doch ziemlich Angst hatte, fasste die Wand an und stellte fest, dass sie voll mit Griever-Schleim war.
„Griever." Seine Stimme hallte von den Wänden wieder. Wir sahen seine Hand angeekelt an.
Dann ging alles ganz schnell. Ein Geräusch ertönte, dieses Mal aus der Röhre vor uns und eine rote Lampe begann darin aufgeregt zu blinken. Ein Laser, der uns abscannte, erschien und das Ding schien zu erkennen, dass wir keine Griever waren, denn ein weiteres, merkwürdiges Geräusch ertönte.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWhere stories live. Discover now