52. Wie ein Wunder

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Als wir uns wieder auf den Weg zum Tor machten, konnte ich von weitem hören, wie es sich öffnete. Ich fragte mich, ob die Lichter gerade davor standen und auf uns warteten, ob sie noch daran glaubten, dass wir es geschafft haben konnten. Aber ich war mir sicher, dass sie davon ausgingen, dass wir tot waren. Ich konnte mir vorstellen, wie Newt gerade gucken musste, als wir nicht hinter dem sich öffnenden Tor standen und heraus gestürzt kamen.
Bei dem Gedanken an Newt beschleunigte ich meine Schritte und vergaß das Gewicht von Albys Beinen, das auf meinen Armen lastete. Ich wollte nur noch um die nächste Ecke biegen und ihn sehen, nachdem ich vor zwölf Stunden noch gedacht hatte, dass ich ihm nie wieder in die Augen gucken würde.
Endlich bogen wir um die letzte Ecke und ich sah Chuck, der als letzter vor dem Tor stand, mit hängenden Schultern, und den anderen Lichtern hinterher sah, die anscheinend alle gewartet hatten, bis sie sahen, dass wir nicht da waren. Ich sah Newt, der ebenfalls wegging, die Hände vorm Gesicht, als wolle er Tränen verstecken. Gally schien nicht dabei zu sein. Ich konnte mir ganz genau vorstellen, wie er gestern Abend in seine Hütte gerannt war, die Tür hinter sich zugeknallt und sich auf sein Bett geworfen hatte, von dem er sich wahrscheinlich seitdem nicht mehr wegbewegt hatte.
Zart, der Chuck noch am nächsten war, drehte sich noch einmal mit hängenden Schultern um und erstarrte, als er uns sah. Er sagte irgendetwas und auch Chuck drehte sich zu uns um, wobei ihm der Mund offen stehen blieb.
Jetzt drehten sich alle um und erblickten uns und ich konnte sehen, wie in Newts Gesicht die Trauer einer neuen Emotion wich – Freude, Erstaunen und Erleichterung.
„JA!", rief Chuck. Und dann immer wieder: „Ja! Ja! Ja!" Er hüpfte vor Freude auf und ab.
Als wir die Lichtung erreichten rief Thomas: „Helft mal!", und wir brachen genau in dem Moment unter Albys Gewicht zusammen, als Fry Pan rief: „Ich hab ihn, ich hab ihn, ich hab ihn!"
Gemeinsam mit anderen, darunter auch Newt, legten sie ihn vorsichtig auf dem Gras ab und versammelten sich um ihn herum.
Minho, Thomas und ich ließen uns ebenfalls ins Gras fallen und rangen nach Luft. Die Lichter um uns herum bombardierten uns mit Fragen wie „Wie habt ihr es da raus geschafft?" und „Was ist da draußen passiert?", aber ich hörte sie kaum. Alles was ich wahrnahm, waren die dunkelbraunen Augen, die jetzt über mir auftauchten und die warmen Hände, die mich im Gesicht berührten und mir durch die Haare strichen.
Newt kniete vor mir und ich konnte in seinen Augen nichts als Erleichterung sehen. Er fuhr mir durch die Haare und über das Gesicht, als berührte er mich zum ersten Mal und müsse es auskosten. Ich sah, wie ihm eine Träne die Wange herunter rollte und strich sie mit zitternden Händen weg. Dann richtete ich mich mit letzter Kraft auf und schlang meine Arme um seinen Hals. Leise schluchzend vor Freude umklammerte ich ihn.
„Ich dachte, ich hätte dich verloren...", flüsterte er in mein Ohr und küsste mich dann.
Ich schloss die Augen und öffnete sie erst wieder, als Chuck direkt neben mir fragte: „Habt ihr Griever gesehen?"
Minho und ich wechselten einen Blick.
„Ja, ich hab einen gesehen", antwortete Thomas, immer noch außer Atem.
„Er hat ihn nicht nur gesehen – er hat ihn gekillt", sagte Minho und sah die Anderen bedeutungsvoll an. Jetzt waren aller Augen auf Thomas gerichtet und Chuck sah fasziniert vom einen zum anderen.
„Kommt schon, bringen wir Alby hier weg", sagte Clint und gemeinsam mit Jeff, Fry Pan und Winston trugen sie ihn in die Sanihütte, wo sie ihn an der Liege festbanden.
Die beiden Sanis untersuchten uns und Jeff stellte fest, dass mir abgesehen von Kratzern und Schürfwunden nichts fehlte, genauso wie Minho und Thomas. Als ich darauf wartete, dass Clint mir erlaubte, in meine eigene Hütte zu gehen, wo ich mich nur noch hinlegen wollte, riss jemand die Tür auf und ich schreckte hoch.
Da stand Gally und starrte mich an, bevor er mit drei Sätzen vor mir stand und mich zu sich hochzog. Er drückte mich fest an sich und ich konnte seinen Herzschlag spüren, der schneller ging als normal. Er musste gerannt sein.
„Verdammt, ich dachte, ich seh' dich nie wieder", stieß er hervor, während er mich immer noch festhielt.
„Ich dachte auch, wir schaffen es nicht lebend da raus. Aber Thomas hat uns geholfen...", setzte ich an, aber er unterbrach mich.
„Das ist das Stichwort. Wir treffen uns alle in der Versammlungshütte, in zehn Minuten. Schafft ihr das?", fragte er, löste sich ein wenig von mir und sah fragend zu Clint herüber.
Der nickte. „Was gibt es zu besprechen?"
„Das dürfte ja wohl klar sein", sagte Gally, ließ mich nun endgültig los und verschwand wieder, bevor Clint noch etwas fragen konnte.
Minho und ich wechselten einen vielsagenden Blick. Das konnte nichts Gutes Bedeuten, so wie er Thomas angesehen hatte.
Auf einen Schlag war ich wieder hellwach.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWhere stories live. Discover now