40. Verräter müssen bestraft werden

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Steif drehte ich mich um und bemerkte, wie Gally sich kaum merklich zwischen unseren Anführer und mich stellte, als wollte er mich vor ihm beschützen.
„So einfach lassen wir zwei Verräter nicht davon kommen, das solltet ihr doch selber wissen. Ich würde euch ja euren Posten als Hüter entledigen, aber da wir morgen wahrscheinlich eh nicht mehr hier sein werden, denke ich, eine Nacht im Bau tut es auch."
„Nick, nein, das kannst du nicht machen!" Newt schob sich an Alby vorbei und wollte auf Nick zu gehen, aber Alby hielt ihn fest. Besser so, schließlich sollte Newt nicht auch noch in Schwierigkeiten geraten.
„Minho, Winston, bringt sie weg. Und Pan, kein Essen für die beiden, solange sie da drinnen sind, verstanden?"
Fry Pan nickte und sah mich entschuldigend an, bevor er gemeinsam mit einem blassen Clint und einem entsetzten Zart aus dem Versammlungsraum verschwand.
„Ich will nicht sehen, dass ihr vorsichtig mit ihnen umgeht, verstanden? Wenn einer von den beiden sich wehrt, dürft ihr ihm ruhig eine verpassen."
Bei diesen Worten sah er Gally herausfordernd an. Dieser wollte einen Schritt auf ihn zu machen, aber ich hielt einen Arm vor ihn und drückte gegen seine Bauchmuskeln, die auf Vollspannung waren. Wenn er wollte, könnte er Nick klein machen, das wussten alle in diesem Raum und ich hatte das Gefühl, dass ich die Einzige war, die ihn vor einer Verbannung ins Labyrinth bewahren konnte. Also hielt ich mit meinem Arm gegen seinen Druck stand und sah ihn eindringlich an, als er zu mir herunter sah.
„Gally, beruhig dich jetzt. Bitte", zischte ich und sah nun viel mehr flehend zu ihm hoch. Zu meiner Erleichterung entspannte er sich wieder und drehte sich um. Winston, der nicht so recht zu wissen schien, wie er ihn zum Bau bucksieren sollte, ohne ihn oder Nick zu verärgern, hielt ihm einfach eine Hand auf den Rücken und tat so, als müsse er ihn schieben. Minho tat es ihm ähnlich, er griff mir in mein Shirt und schob mich Richtung Tür.
Als wir die Versammlungshütte verlassen hatten lockerte Minho seinen Griff und legte nur noch seine Hand auf meine Schulter. Ich konnte hören, wie Newt irgendetwas ziemlich laut sagte und dann aus der Hütte rauschte, dicht gefolgt von Nick der ihm hinterher rief, dass er es ja nicht wagen sollte, uns nach zu laufen, wenn er nicht auch im Bau landen wollte.
Also bog Newt ab, und verschwand in Richtung Wald, wobei er wütend kleine Steine von sich wegtrat. Ich sah ihm betreten nach, bis er zwischen den Bäumen verschwunden war, dann sah ich wieder nach vorne und folgte Gally und Winston nun schneller. Jetzt wollte ich es einfach hinter mich bringen.
Einige Lichter hatten Newt gehört, denn sie kamen neugierig angelaufen und sahen uns mit großen Augen an. Die Baumeister waren völlig entsetzt darüber, dass ihr Hüter da gerade abgeführt wurde und ich konnte meine Läufer sehen, die ein Stück abseits standen und uns betreten zusahen, wie Minho mich zum Bau brachte. Ich wich ihren Blicken aus, denn ich fühlte mich schrecklich als ich sah, wie verständnislos sie mich ansahen. Ich hoffte, dass Minho die richtigen Worte finden würde, um es ihnen zu erklären.
Die Zellen kamen in Sicht und als wir schon fast da waren, wobei wir an noch mehr neugierigen Lichtern vorbei liefen, hörte ich, wie jemand meinen Namen rief. Chuck kam aus Richtung der Küche angelaufen und war völlig außer Atem, als er uns mit hochrotem Kopf erreichte.
„Anna, was ist los, was ist passiert? Was macht Minho mit dir? Warum bringen sie euch weg?" Er sah mich mit seinen großen, braunen Augen an und ich konnte nichts als Entsetzen und Unverständnis darin lesen.
„Alles in Ordnung, Chuck, wir hatten nur eine kleine Auseinandersetzung mit Nick. Morgen früh dürfen wir wieder raus. Halb so wild, verstehst du?" Ich versuchte ruhig zu klingen und ihn anzulächeln, aber das ging gehörig in die Hose.
Er blieb stehen und sah uns nach, Tränen in den Augen. Ich drehte mich noch einmal zu ihm um. „Such Newt, Chuck. Pass auf ihn auf für mich, okay?" Er nickte und wischte sich mit dem Arm über sein Gesicht. Sein Anblick versetzte mir einen Stich, aber ich konnte nichts weiter tun. Also folgte ich Winston und Gally, bis wir den Bau erreicht hatten.
Minho und Winston öffneten jeder ein Gitter und wir stiegen ohne ein Wort hinein. Durch ein Loch in der Wand konnte ich Gally sehen, wie er sich sofort resigniert auf den Hintern fallen ließ und die Beine anzog. Ich hingegen blieb stehen und sah zu Minho hoch, der dabei war, das Gitter zu schließen. Er sah mit verzerrtem Gesicht zu mir herunter und hockte sich kurz vor das Tor, bevor er wieder gehen musste.
„Es tut mir leid. Ich versuche, euch etwas zu Essen zu besorgen, wenn Nick und Alby schlafen. Macht's gut..." Mit diesen Worten sah er mir noch einmal entschuldigend in die Augen, bevor er aufstand und davon lief, wie es aussah Richtung Küche, wo alle anderen jetzt wahrscheinlich auch waren.
Ich sah zu Gally herüber, der sich nicht bewegt hatte, seit er sich hingesetzt hatte und ließ mich neben dem Loch in der Wand nieder.
„Hey, würd' es dir was ausmachen, her zu kommen?", fragte ich und konnte nach ein paar Sekunden Stille hören, dass er zu mir herüber kam. Er ließ sich auf der anderen Seite der Wand ein weiteres Mal auf den Hintern fallen.
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, also streckte ich meine Hand durch das Loch. Zuerst kam keine Reaktion, aber dann schloss sich Gallys Hand um meine. Erst jetzt merkte ich, wie eiskalt meine Hände sein mussten, denn seine Haut brannte förmlich auf meiner.
„Heiliger Klonk, du bist ja eiskalt!" Jetzt tauchte Gallys Gesicht vor dem Loch auf. Er sah mich entsetzt an. „Alles okay?"
Ich nickte, begann allerdings zu zittern, was mich nicht gerade authentisch wirken ließ. „Ich meine, hier unten ist es nun mal ziemlich kalt, oder? Wir sind schließlich unter der Erde, das müsstest du doch am besten wissen."
„Gib mir beide Hände", forderte er mich auf und ich gehorchte, immer noch zitternd.
So saßen wir eine Weile da und langsam wurden meine Hände wieder wärmer, der Rest meines Körpers allerdings gefühlt immer kälter. Meine Füße fühlten sich eisig an und ich hörte nicht auf zu zittern. Niemals hätte ich gedacht, dass es so einen Unterschied machte, ein paar Meter unter der Erde zu sitzen und ich fragte mich, warum vorher niemand etwas gesagt hatte, nachdem er hier unten gewesen war.
Oder lag es an mir und niemandem sonst war es hier so kalt? Schließlich war Gally auch viel wärmer als ich.
Ich wusste die Antwort nicht, und es fiel mir auch ziemlich schwer, jetzt darüber nachzudenken, dafür war mir einfach zu kalt. So kalt, dass ich mich selber dafür verfluchte, meinen Mund aufgemacht und nicht einfach geschwiegen zu haben, egal wie wichtig es Newt gewesen zu sein schien.
Irgendwann, als meine Arme beide fast bis zur Schulter durch das Loch lugten und Gally wirklich alles tat, was er konnte um mich zu wärmen, und es draußen bereits dunkel war, hörten wir Schritte vor unseren Zellen. Kurz darauf sah ich Minho, der durch mein Gitter lugte und zwei Stücke Brot und eine Flasche hochhielt. Ich lächelte ihn dankbar an, aber als er sah, wie Gally und ich dasaßen, runzelte er die Stirn.
„Was ist los?", fragte er.
„Nichts, alles in Ordnung." Ich zog meine Arme aus dem Loch, stand auf und ging zum Gitter, dem einzigen Teil des Baus, wo man aufrecht stehen konnte.
Als ich Minho eines der Brote abnahm berührten sich unsere Hände kurz und er packte mein Handgelenk. „Du bist eiskalt. Ist alles in Ordnung?" Noch immer war seine Stirn gerunzelt und er sah von mir zu Gally, der auf der anderen Seite am Gitter stehen musste.
„Ja, alles gut, mir ist nur etwas kalt...", begann ich, aber Gally unterbrach mich.
„Nichts ist gut, hör auf ihn anzulügen. Sie erfriert hier unten halb. Überleg mal, Mann, hier unten ist es sowieso viel kälter als da oben und ohne die Sonne, die hier drauf scheint, noch einmal mehr. Und dann guck sie dir an, kurze Hose und T-Shirt, wer soll denn da bei ihrer Körpergröße und ihrem Gewicht nicht frieren? Du kannst Nick sagen, dass seine beste Läuferin hier am Erfrieren ist, wenn sie nicht bald jemand aufwärmt."
Minho sah mit großen Augen von Gally zu mir und auch wenn ich Gallys Gesicht nicht sah, ich konnte mir vorstellen, wie er ihn gerade ansah.
„Jetzt geh schon, sag irgendwem Bescheid!" Gally schlug gegen das Gitter auf seiner Seite und ich konnte die Vibration spüren. Minho ließ mein Handgelenk los, sprang auf, drehte sich um und verschwand im Laufschritt in der Dunkelheit.
Hoffentlich sagt er Newt nichts..., schoss es mir durch den Kopf. Nick würde ihn auch hier hineinstecken, wenn Newt mit ihm fertig wäre.

Into The WICKED Maze | A Maze Runner StoryWhere stories live. Discover now