Kapitel 5

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• J O N A H •

"Entschuldige im Übrigen, dass ich gestern so spät nach Hause kam. Meine neuen Kollegen haben mich in eine Bar eingeladen."

Simon hält mir zwei Kaffeebecher hin, die ich ihm abnehme, damit er sich den Gurt umschnallen kann. Ich nippe an der heißen Brühe, während er sein Auto startet und sich in den Verkehr eingliedert.

Mein bester Freund und Mitbewohner hat kein Problem damit, auf andere Menschen zuzugehen. Er ist das komplette Gegenteil von mir - gesellig, offen, wird von allen vergöttert. Ich falle oft gar nicht auf, weil ich so ruhig und unscheinbar bin.

"Wie war eigentlich dein erster Schultag?", fragt er mich, als er seinen Kaffee nimmt und nun ebenfalls etwas trinkt.

Seufzend lehne ich mich zurück. "Du kennst mich, ich war wahnsinnig nervös." "Ist etwas passiert?", fragt er schmunzelnd und deutet mit seinen Kopf auf die Tüte vom Bäcker. Ich krame daraus ein belegtes Brötchen und halte es vor seinen Mund, damit er davon abbeißen kann.

"Nicht wirklich. Es war etwas...unangenehm. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll." "Jonah, es ist dein erster Tag gewesen, dass du nervös warst, ist vollkommen normal", meint er kauend und wirft mir einen ermutigenden Seitenblick zu.

"Und lass mich raten, die Schüler in deiner Schule haben dich mit offenen Armen begrüßt?", entgegne ich, obwohl ich mir die Antwort bereits denken kann.

Simon und ich haben an derselben Universität studiert, wohnen auch von Anfang an zusammen. Nur haben wir verschiedene Fächer gewählt und auch unterschiedliche Arbeitsplätze. Der Rothaarige unterrichtet Sport und Mathematik. Zwei Fächer, mit denen ich mich auch nie gut anfreunden konnte.

"Wie gesagt, die Kollegen sind wahnsinnig freundlich und die Kinder sind auch cool drauf. Und obwohl ich Mathe unterrichte, haben sie mich nicht mit Stiften abgeworfen", scherzt er.

Wir biegen nach rechts ab. Mein Blick fällt auf meine Armbanduhr. Mein Auto ist gerade in der Werkstatt, weshalb Simon angeboten hat, mich zur Schule zu fahren. Da er selbst zur Arbeit fahren muss, sind wir früh losgefahren. Deshalb liegen wir gut in der Zeit.

"Machst du dir etwa darüber Gedanken, wie es heute sein wird?"

Ich schaue meinen besten Freund an, der konzentriert auf den Verkehr achtet. "Es ist nicht so, dass ich, also ähm, ich habe noch ein paar Berührungsängste-" "Jonah, du bist ein toller Lehrer. Das weiß ich ganz genau! Und was wirst du den allen auch beweisen." "Also sonderlich autoritär bin ich aber nicht." Er lacht. "Das wusstest du von Anfang an und trotzdem wolltest du nichts lieber als zu unterrichten. Komm schon, du hast dich gegen den Willen deines Vaters durchgesetzt!"

Lächelnd nicke ich und wende meinen Blick zum Fenster. Die letzten Minuten bis zur River Heights verbringen wir damit, stumm für uns zu denken. Auf dem Parkplatz angekommen, klopft mein Herz schneller.

"Ich kann dich später leider nicht abholen", sagt Simon zähneknirschend, als ich gerade dabei bin, mich abzuschnallen. Schnell winke ich ab. "Kein Problem. Gestern bin ich auch nach Hause gekommen. Wir sehen uns dann zuhause", verabschiede ich mich und steige schließlich aus. In der einen Hand mein fast leerer Kaffeebecher, in der anderen Hand meine Ledertasche.

Als ich über den Parkplatz Richtung Schulgebäude laufe, begegne ich ein paar Schülern, die mich freundlich begrüßen. Das ermutigt mich ein wenig.

Vielleicht wird es ja doch nicht so schlimm. Simon hat Recht, ich sollte mich nicht immer von meiner Nervosität steuern lassen.

Gestern verlief es zwar ein wenig holprig, aber es hätte durchaus auch schlimmer kommen können. Und heute ist ein neuer Tag! Es kann also...

"Argh, Mist!", rufe ich erschrocken aus, als mir der Kaffee über mein Hemd geschüttet wird.

Broken Heart [boyxman] | ✔Where stories live. Discover now