Kapitel 24

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• Z A C H A R Y •

Nebel und Finsternis umgeben mich, auch nicht der schwächste Lichtschein dringt durch. In der Dunkelheit bin ich blind. Ungewiss versuche ich, etwas zu erkennen.

Es ist ruhig. Hier ist nichts, was das Auge beurteilen kann. Vielleicht ist die Umgebung furchterregend oder sie ist friedlich.

Mein Puls erhöht sich. Mir ist das hier nicht unbekannt. Schon öfter war ich in dieser Situation. Eigentlich jede verdammte Nacht. Und ich weiß, was mich erwartet. Angst erfasst mich.

Um mich herum ist es still. Nur mein eigener Atem ist zu hören. Ich rufe ins Leere, frage, ob jemand in der Nähe ist. Keiner antwortet.

Plötzlich spüre ich einen Druck in meiner Brust. Mein Herz schmerzt. Es fühlt sich an, als würde es zusammengedrückt werden.

Panisch fasse ich an meine Brust, als könne es irgendwie helfen. Lautlos schreie ich, obwohl mich sowieso keiner hören wird.

Und dann erkenne ich die mir bekannten Umrisse einer Hand. Sie umfasst durch meinen Körper mein Herz und versucht es zu zerdrücken.

Nach Atem ringend gehe ich zu Boden, kann mich aber kaum unter Kontrolle halten.

Der Druck der Hand wird stärker.

Was passiert hier? Ich verstehe nicht, warum dieser Fremde versucht, mich zu töten. Verdammt, ich will doch nicht sterben!

"Zachary!", höre ich meinen Vater nach mir rufen. Irgendwo muss er sein. Ich kann nur nicht zuordnen, woher seine Stimme kommt.

Mein Körper beginnt zu zucken. Der Boden ist kalt. Ich friere.

"Liebling, komm zu dir. Es ist nur ein Alptraum."

"Papa, ich will nicht schlafen. Wann wird es endlich hell? Wann ist die Nacht endlich vorbei? Papa, ich habe solche Angst!"

"Aber wovor hast du denn Angst?", fragt er mich einfühlsam. Sofort spüre ich Wärme um mich herum.

"Ich habe Angst vor der schwarzen Hand!", weine ich froh darüber, Benjamin bei mir zu haben.

"Welche schwarze Hand? Was macht denn diese Hand?"

"Sie kommt jede Nacht und packt mich, wenn ich die Augen zumache! Sie legt sich auf mein Herz und packt es!"

Seine Hand legt sich auf meinen Arm und streicht beruhigend darüber. "Zach, Liebling, du bist Zuhause. Es ist sicher, okay? Du liegst in deinem Bett, hier ist keine schwarze Hand."

Vorsichtig öffne ich die Augen und sehe mich um. Die kleine Lampe auf den Nachttisch ist an, wahrscheinlich hat Ben sie angeschaltet, als er in mein Zimmer gekommen ist.

Benommen streiche ich mir über das Gesicht und spüre dabei die Nässe unter meinen Augen. Tatsächlich habe ich nicht nur im Schlaf geweint.

"Möchtest du etwas trinken?", fragt er, ich schüttle aber den Kopf. "Hast du öfter diesen Traum?"

"Er verfolgt mich regelrecht", murmle ich und rutsche ein wenig, um ihm Platz zu machen.

Mein Vater setzt sich aufs Bett und legt seinen Arm um mich. Verängstigt schmiege ich mich an ihn.

"Warum hast du uns denn nichts von diesen Alpträumen erzählt? Wenn sie dich denn so sehr beschäftigen...Hast du denn mit Dr. Huxley darüber gesprochen?"

Ich schüttle den Kopf. "I-ich, es ist komplizierter. In letzter Zeit habe ich manchmal Schmerzen in der Brust. Und ich hatte Angst, dass vielleicht irgendwas nicht stimmt", gebe ich kleinlaut zu und spüre unter mir, wie er sich anspannt.

In seiner Stimme ist allerdings nichts davon zu bemerken, als er sagt: "Könnten die Träume davonkommen, dass wir morgen Nachmittag zur Untersuchung gehen? Beschäftigt es dich deshalb so sehr?"

Zögerlich nicke ich, woraufhin er tief seufzt. "Es tut mir leid, dass ich euch nichts davon erzählt habe. Aber ich wollte euch keine weiteren Sorgen bereiten. Ihr musstet doch schon so vieles wegen mir durchmachen..."

"Zach, egal wie schwer der Weg ist, wir gehen ihn gemeinsam. Das haben wir von Anfang an gesagt", erwidert er und küsst mich auf den Haaransatz. "Wir haben uns bewusst dafür entschieden, dich zu uns zu holen. Und wir würden dir mit allem helfen. Du gehörst zur Familie, auch wenn wir nicht dasselbe Blut haben. Und das weißt du, Liebling."

"Ich habe Angst davor, morgen zum Arzt zu gehen. Was ist, wenn das Herz nicht mehr..."

"Daran sollst du nicht denken. Bitte, Zach. Am Nachmittag würden wir doch im Herzzentrum Gewissheit bekommen. Wenn du das aber alles in dich hineinfrisst, all die Sorgen, führt es doch zu nichts."

Vielleicht habe ich doch mehr Angst davor zu sterben, als ich vorher immer angenommen habe. Mein Tod würde einfach so vieles bedeuten, vor allem meiner Familie würde es das Herz brechen!

Mich haben die plötzlichen Schmerzen so verängstigt, immerhin war davor alles in Ordnung gewesen. Ich nehme wie gewohnt meine Tabletten und setze mich keinen unnötigen Stress aus.

Nur dieser Arzttermin löst in mir Unbehagen aus.

"Papa?"

"Mhm?"

"Kannst du bei mir bleiben, bitte? Ich möchte nicht allein sein", gebe ich leise von mir und spüre daraufhin, wie er mich enger an sich drückt.

"Kein Problem, Liebling. Ich werde immer bei dir sein, hörst du? Und ich verspreche dir, egal, was auch geschehen mag, ich werde dich niemals loslassen."

Wir liegen eine Weile schweigend nebeneinander. Mit jeder Minute merke ich, wie meine Anspannung weicht. Doch eines beschäftigt mich noch.

"Könntest du Dad bitte nichts hiervon erzählen? Er macht sich doch immer so viele Sorgen."

"Wenn ich ihm das verschweige, werde ich die nächsten Wochen definitiv auf der Couch im Wohnzimmer schlafen müssen", entgegnet er seufzend. "Wir warten ab, was bei der Untersuchung rauskommt, abgemacht?"

Ein kleines Lächeln umspielt meine Lippen.

Benjamin ist einfach der Beste! Auf ihn ist wirklich immer Verlass. Für seine Kinder nimmt er sogar wochenlange Rückenschmerzen und Stress mit seinem Ehemann auf sich.

Und Dad kann sich oft wirklich aufspielen, wenn er angepisst ist.

"Wenn wir schon dabei sind. Bedrückt dich noch irgendwas?", möchte Benjamin wissen, was mich zusammenzucken lässt.

Niemals würde ich meinem Vater gestehen, was mir neben den Termin morgen die Nerven raubt.

Ich habe meinen verdammten Lehrer geküsst und da er erwidert hat, habe ich mir eingebildet, etwas könnte zwischen uns sein.

Jonah hat mir sogar noch mit seinen eigenen Worten gesagt, ich wäre ihm nicht egal.

Zusammen sein könnten wir aber trotzdem nicht, weil es das Gesetz verbietet. Was kann ein blödes Blatt Papier mir schon verbieten, für wen ich Gefühle hegen darf?

Das macht mich wahnsinnig!

Keiner kann sich ausmalen, was für eine Wut ich in mir trage deswegen. Und dann verlangt Jonah auch noch, dass ich aus der Theatergruppe austrete?

Ich denke gar nicht daran.

"Nein, nichts, Papa", murmle ich und fühle mich auf einmal schläfrig. Gähnend schließe ich die Augen und kuschle mich noch ein wenig mehr an ihn.

Der Dunkelhaarige lehnt sich ein wenig zur Seite, um das kleine Licht auszuschalten, und legt anschließend die Decke über uns.

"Schlaf gut, mein Sohn", höre ich ihn leise sagen, bevor er mir einen weiteren Kuss auf den Haaransatz drückt und sich dann ebenfalls zum Schlafen legt.








Zach wird von schlimmen Albträumen geplagt. Man möchte sich dieses Szenario nicht vorstellen...

Benjamin ist sofort zur Stelle, um seinem Sohn beizustehen. Ich kann es noch tausend Mal wiederholen, dass ich diese Eltern liebe 😍

Broken Heart [boyxman] | ✔Where stories live. Discover now