Kapitel 48

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• Z A C H A R Y •

Abwartend halte ich den durchdringenden Blick meines Therapeuten stand, der mich seit einigen Minuten nicht aus dem Auge lässt. Er wartet darauf, dass ich etwas sage, meine Sorgen von der Seele rede. Doch das werde ich nicht tun.

Ich weiß nicht, inwieweit ich ihm vertrauen kann. Zwar bin ich schon volljährig, allerdings haben er und meine Väter über die Jahre ein vertrautes Verhältnis aufgebaut, dass ich mich nicht wundern würde, wenn er ihnen von einigen Unterhaltungen erzählen würde.

Und wenn die beiden durch ihn erfahren sollten, wie es um meine Gesundheit in Wirklichkeit steht, würden sie mir Steine in den Weg legen. So wäre es beinahe unmöglich, mit Jonah morgen Abend zu fahren.

Das kann ich nicht zulassen.

"Wollen wir nicht darüber sprechen, wie es dir heute geht, Zachary?", schlägt Dr. Huxley vor und legt sein Notizbuch beiseite. "Du scheinst verändert."

"Inwiefern?"

Er zuckt mit den Achseln, was äußerst ungewöhnlich für den grauhaarigen Mann ist. Normalerweise kann er sich präzise ausdrücken.

"Dr. Huxley, ich denke, ich kann mich zurzeit nicht sonderlich beschweren. Es läuft..." Die Lüge über mich zu bringen, kratzt ehrlich gesagt an meinen Nerven. Dennoch versuche ich, mir nichts anmerken zu lassen.

"Ich möchte ehrlich zu dir sein", meint er auf einmal und schlägt das eine Bein über das andere. "Ein gewisser Jonah Campbell ist sicherlich kein Fremder für dich, nehme ich an."

"Woher kennen Sie ihn? Nein, lassen Sie mich raten, meine Väter haben mit Ihnen über uns gesprochen", ahne ich und schüttle fassungslos den Kopf. "Sie können es wohl echt nicht lassen."

"Jonah war bei mir, Zach."

"Was? Wann denn das? Und warum überhaupt?"

Davon hätte er mir doch erzählen können.

"Das ist nebensächlich. Ich hätte seinen Besuch schon für mich behalten müssen. Durch ihn weiß ich von eurem Verhältnis..."

"Beziehung. Wir sind zusammen, Dr. Huxley. Und bevor Sie irgendwelche Reden schwingen wollen, meine Eltern haben Kenntnis darüber und haben uns ihren Segen gegeben", informiere ich ihn und fühle mich mit einem Mal wie ein bockiges Kind, das sich dafür rechtfertigen versucht, nichts angestellt zu haben.

Ohne auf meine Worte weiter einzugehen, nickt er nur. "Und ihr wollt wohl wegfahren?"

"Morgen bis Sonntag. Wir wollen ein wenig Zeit für uns haben."

"Und dafür müsst ihr verreisen?"

Seufzend lehne ich mich im Sitz zurück und verschränke die Arme vor der Brust. "Spricht denn etwas dagegen? Ist es so verwerflich, dass ich mit meinem Freund ein wenig Zweisamkeit genießen möchte? Andere Paare verreisen auch gemeinsam. Und es ist doch auch nur ein Wochenende."

Daraufhin sagt er nichts. Stattdessen bedenkt er mich mit einem nachdenklichen Blick und greift neben sich. Als er seinen Schreibblock wieder in der Hand hält, schlucke ich hart.

Anscheinend hat er etwas an mir gesehen, das von Wichtigkeit ist. Was denkt er? So wie er würde auch ich gern in den Kopf meines Gegenübers sehen können.

Ich beobachte ihn, wie er sich einige Notizen macht, und fahre mir nervös durch die Haare. Leider entgeht ihm auch das nicht. "Alles in Ordnung, Zachary?", fragt er.

"Mich macht es einfach wahnsinnig, mich in letzter Zeit ständig rechtfertigen zu müssen..." Ich halte inne, als mein Handy klingelt. Entschuldigend krame ich es heraus. Sonst habe ich es eigentlich immer auf lautlos gestellt, heute muss ich es aber vergessen haben.

Broken Heart [boyxman] | ✔Where stories live. Discover now