Kapitel 59

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• J O N A H •

Es sind drei Wochen vergangen.

Drei Wochen seit Zachary in meinen Armen verstorben ist.

Es ist schwer gewesen, mir nicht dafür die Schuld zu geben. Ich habe in den letzten Wochen viel geweint, geschrien, da war viel Wut da, so viel Trauer ...

Denn ich spüre den Hass auf mich selber stärker denn je zuvor und das macht mich einfach fertig. Ich ertrage es einfach nicht.

Und ich weiß, dass Zach das nicht wollen würde. Er würde mir sagen, ich soll so etwas nicht über mich selbst denken.

Seufzend schaue ich auf seinen Grabstein, streiche über den eckigen Naturstein, als ich daran vorbeigehe.

Trotz dass es ein sonniger Tag ist, weht kühler Wind durch meine Haare, spielt mit einzelnen Strähnen, liebkost mein Gesicht. Es fühlt sich an, als wäre Zach hier. Bei mir, an meiner Seite.

"Du fehlst mir. Keine Worte beschreiben, wie sehr", flüstere ich, als mir die Tränen in die Augen steigen. Keiner der Anwesenden scheint es zu bemerken.

Ich lasse mich neben das offene Grab sinken und lege den Blumenstrauß neben den Stein, wo schon einige andere liegen, und richte mich dann wieder auf.

Hinter mir höre ich ein leises Stimmengewirr, das näher kommt.

Zacharys Familie kommt näher, die Köpfe gesenkt, die Gesichter sind von Taschentüchern verhüllt.

Elijah schmiegt sich gegen Bens Brust, während die beiden mit ihren Kindern auf die kleine Gruppe zukommt. Er hält nach jemanden Ausschau, und als er mich am Rande bemerkt, schenkt er mir ein trauriges Lächeln. Ich schaffe nicht, es zu erwidern, nicke ihm aber zu.

Hier bin ich als Zacharys Lehrer, nicht als sein Freund. Somit sollte ich mich eher im Hintergrund halten. Damit die Beziehung weiterhin geheim bleibt. Das haben seine Eltern einige Tage vor der Beerdigung mit mir besprochen.

Die Familie geht an allen Anwesenden vorbei, stellt sich nach vorne zum Sarg, der neben das Loch steht. Ich kann nicht dorthin schauen. Ich kann es einfach nicht. Mir fällt es schon schwer, auf den Grabstein zu schauen, aber der Sarg ... Das bringe ich nicht über mich.

Ein älterer Mann geht herum und verteilt an jeden eine Trauerkarte. Als ich das Foto von meinem Freund sehe, zieht sich mein Herz zusammen. Er strahlt, sieht unheimlich glücklich aus.

Es scheint im letzten Urlaub mit seiner Familie entstanden zu sein.

Auf der Trauerkarte steht: 'Erinnerungen sind kleine Sterne, die tröstend in das Dunkel unserer Trauer leuchten.'

Das Zitat habe ich gemeinsam mit ihnen ausgesucht, weil ich mir sicher war, es würde zu Zach passen.

Der Schmerz, der sich in mir breit macht, ist nicht in Worte zu fassen. Es haut mich um, macht meine Knie weich.

Als die Beerdigung offiziell beginnt, schalte ich ab. Jemand hält eine Rede, doch ich höre nicht zu. Die Worte dringen zwar bis zu mir durch, aber ich kann sie nicht verstehen.

Ich schließe die Augen und senke den Kopf, sehe dann augenblicklich Zach vor mir.

Wir sind wieder in den Bergen, sitzen nebeneinander auf einem Fels und beobachten, wie die Sonne untergeht.

Wir kuscheln uns aneinander, um uns gegenseitig zu wärmen. Und um uns einfach nahe zu sein. Und dann küssen wir uns. Genießen den Moment miteinander.

Solche Erinnerungen werde ich im Gedächtnis behalten müssen, um noch etwas von unserer gemeinsamen Zeit zu haben.

*

Broken Heart [boyxman] | ✔Where stories live. Discover now