Part 5

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Harolds POV:

Ich rannte ihr hinterher, hielt mich allerdings unentdeckt. Sollte sie sich doch Hoffnung machen, dass sie wieder nach Hause kommt, aber das wird nicht passieren. Sie gehört mir. Bis vor ihr Dorf folgte ich ihr. Ihre ganze Hoffnung würde ich mit einem Mal zerplatzen lassen. Also begann ich nun zu rennen, wie ein Mensch und jeder Schritt verursachte ein lautes Geräusch auf dem Boden. Ruckartig drehte sie sich um, doch da war ich schon vor ihr und sie lief direkt in mich hinein. Ängstlich sah sie nach oben. »Ihr hattet doch hoffentlich nicht vor zugehen, ohne Euch zu verabschieden?«, fragte ich gespielt theatralisch. Viktoria wich einige Schritte zurück, was mich ein wenig wütend machte. Sie sollte endlich akzeptieren, dass sie mir gehörte, und nicht ständig davon laufen. Ich legte meine Hände auf ihre Hüften und schmiss sie über meine Schulter. »Lass mich runter, du Monster«, schrie sie, was mir einen Stich ins Herz versetzte. Biologisch gesehen, hatte ich kein Herz. Ich war nur noch eine leere Hülle. Trotzdem dürstete es mich nach Blut, aber das hat noch etwas Zeit. In all den Jahren, hatte ich ebenfalls Gefallen an menschlichem Essen gefunden. Es machte mich zwar nicht stärker, aber ich mochte den Geschmack auf der Zunge. Nach wenigen Sekunden waren wir wieder an meinem Schloss angekommen. Langsam dämmerte es und verlieh dem Gebäude eine dunkle Aura. Für mich war das nichts neues, ich lebte schließlich schon an die 200 Jahre darin, doch für Viktoria war es dann wohl doch gruselig genug, um anfangen zu zittern. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie immer noch in ihrem Nachtgewand war. Wir betraten das Schloss und ich stellte sie in der Eingangshalle wieder auf ihre eigenen Füße. »Ihr sollte Euch schlafen legen. Es war ein ereignisreicher Tag für Euch. Morgen fangt Ihr an zu arbeiten.«

Viktorias POV:

Langsam entfernte ich mich von Harold, doch da fiel mir etwas ein. Wo sollte ich schlafen? »Emm...« Ich drehte mich wieder etwas zu ihm hin. »Wo soll ich schlafen?« Ein kleines Lächeln zierte Harolds Lippen. »Folgt mir. Und hofft, dass Jacqueline Euer Zimmer schon vorbereitet hat, sonst müsst Ihr nämlich bei mir schlafen.« Geschockt riss ich die Augen auf. Lieber würde ich auf dem Boden schlafen, als mit ihm in einem Bett! »Glaubt mir, My Lady, das wollt Ihr nicht!« Hatte ich das gerade laut gesagt? »Folgt mir«, bat der Vampir erneut und lief voraus, einen langen Gang entlang. Die Bilder an der Wand hatte ich doch schon einmal gesehen. »Auf diesem Gang ist Euer Gemach!« Ruckartig blieb ich stehen. »Aber natürlich« Harold grinste breit, »ich würde es nicht ertragen, so weit weg von meinem Neuzugang zu sein.« Ein schwärmerischer Gesichtsausdruck glitt auf sein Gesicht. »So weit weg von meiner neuen Rose«, säuselte er schwärmerisch. Mit glühenden Augen sah er an meinem Körper hinunter. Eine Gänsehaut zog sich über meinen Rücken. Er ging weiter, ich hingegen blieb wie eine Statur stehen, unfähig mich zu bewegen. Harold blieb an dem Zimmer neben seinem Gemach stehen und betrat es. »Ihr habt Glück«, sprach er, allerdings mit einer etwas Enttäuschung in der Stimme. Warum ist er enttäuscht? »Euer Gemach ist bereits fertig.« Innerlich fiel mir ein Stein vom Herzen. Ich ging zu ihm und sah in den Raum und ich sah erstaunt in sein Inneres. Er war riesig und in der Ecke stand ein gigantisches Himmelbett. Dazu noch ein Schrank und ein Schreibtisch. »Ich wünsche angenehme Nachtruhe«, verabschiedete Harold sich. Ich lief auf das Bett zu und schlug die Decke beiseite. Sie war genauso weich wie in Harolds Zimmer. Ich kuschelte mich unter die Decke und sah mich im Zimmer um. So schön es hier auch sein mag, ich wäre jetzt lieber zu Hause gewesen. Zu Hause... Wie wird es meiner Mutter gehen, meiner ganzen Familie? Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen und Jacqueline ihren Kopf in das Zimmer steckte. »Hier«, sagte sie und legte mir einen Apfel auf den Nachtisch, »du hast sicher Hunger.« Ich nickte und sah ihr in die Augen. Erst jetzt bemerkte ich, dass sie eine Platzwunde und ein blaues Auge hatte. Wie hatte Harold sie zugerichtet? »Danke, aber erst müssen wir uns um deine Wunde kümmern.« Ich stand aus dem Bett und lief mit ihr ins anliegende Bad. Ich befeuchtete ein Tuch und fing an damit die Wunde zu säubern. Bei der Berührung zuckte sie zusammen. »Verzeihung«, entschuldigte ich mich, doch sie hob nur beschwichtigend die Hände. »Es ist schon in Ordnung, mein Kind.« Ich verband ihren Kopf mit Mull. »Haben Sie sonst noch irgendwo Schmerzen?« Sie schien zu überlegen. Dann nickte sie zögerlich. »Ich habe eine Scherbe in den Rücken bekommen.« Scherbe? Welche Scherbe. »Durch meine Ungeschicktheit habe ich ein Schüssel fallen gelassen und Harold hat mich hineingeschupst«, erklärte sie. Ich lief einmal um sie herum und betrachtete ihren Rücken. Was ich sah, raubte mir den Atem. An ihrer Wirbelsäule klaffte ein mindestens sieben Zentimeter langer Schnitt. Ihr Hemd war blutgetränkt. »Könnten...« Ich stockte. Ich konnte die ältere Frau doch nicht bitten, ihre Kleidung vor mir abzulegen. Als hätte sie mein Zögern bemerkt, zog sie langsam das Kleidungsstück über den Kopf, wobei ein schmerzvolles Zischen zu hören war. Nun sah ich die Wunde genau. Es war grauenvoll. Ein Stück der Scherbe schien noch darin zu stecken und die Wunde begann bereits zu eitern. Die Galle schoss meinen Rachen hinauf. Ich konnte noch nie sehr gut Blut sehen. Auch wenn ich meinen Bruder immer verarzten musste, wenn er mit seinen Freunden aus dem Wald kam. »Das wird jetzt wahrscheinlich etwas wehtun«, warnte ich Jacqueline vor und zog an der Scherbe. Sie schrie auf, doch das Porzellan musste entfernt werden, damit sich die Wunde nicht weiter entzündete. Wieder wusch ich die Wunde aus. Und wieder entschuldigte ich bei Jacqueline. »Warum kannst du so gut die Wunden versorgen?« »Nun ja... Mein Bruder kam oft mit Verletzungen aus dem Wald. Und da ich die einzige war, die sich damit wenigstens etwas auskannte, musste ich ihn immer versorgen. Alles was ich weiß, hat mir meine Großmutter gelehrt«, erklärte ich und wickelte Mull im ihren Rücken. Sie bekleidete sich wieder und stand auf. Ich hoffe nur, dass sich die Wunde nicht infizieren wird. Daraufhin könnte eine Blutvergiftung folgen.

Dark LoveWhere stories live. Discover now