Part 14

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Viktorias POV:

Verwirrt nickte ich. Harold bekam Besuch? Das konnte man sich gar nicht vorstellen. Als ich sein Gemach verließ, war er bereits nicht mehr zu sehen. Ich betrat den Wohnraum und sah Harold mit einem jungen Mann am Kamin sitzen. Er drehte sich zu mir und sagte: »Viktoria, bring uns Wein.« Hatte ich ihm eben nicht gesagt, dass ich das nicht möchte? Und schon wieder behandelte er mich wie eine Dienerin. Ich war das nicht! Und ich war auch nicht bereit dazu, ihm eine zu sein. Warum verstand er das denn nicht? Entschlossen schüttelte ich den Kopf. Keine Sekunde später saß ich auf seinen Beinen, sein Arm um meine Mitte geschlungen. Ich drückte seine Hand weg, doch er ließ mich nicht los. Sein Besuch beobachtete mich amüsiert. »Eine kleine Wilde hast du erwischt, was?«, lachte er und sah zu Harold. »Kannst du laut sagen.«

Harolds POV:

Genervt ging ich hinunter und öffnete die Tür, jedoch erhelle sich mein Gesicht, als ich sah, dass es Louis war. Er war ein alter Freund. Ich kannte ihn schon lange. Wir begrüßten uns und setzten uns dann vor den Kamin. Viktoria kam die Treppe hinunter und ich sah zu ihr. »Viktoria, bring uns Wein«, befahl ich ihr. Gerade wollte ich ihr noch erklären, wo der Weinkeller war, doch da schüttelte sie den Kopf. Langsam wurde ich wütend auf sie. Wie konnte sie mich vor meinen Freunden nur zu blamieren? Es war zwar nur Louis, aber es ging hier um meine Ehre. Wenn rauskommen würde, dass ich, der König, ein einfaches Menschenmädchen nicht zähmen konnte, würde es mir eventuell den Thron kosten. Keine Sekunde später hatte ich sie mir geschnappt und saß nun mit ihr auf den Beinen wieder in meinem Sessel. Sie wehrte sich und versuchte meine Hand um ihre Mitte zu lösen, doch ich ließ nicht locker. »Eine kleine Wilde hast du erwischt, was?«, fragte Louis. »Kannst du laut sagen«, erwiderte ich und sah zu ihm. »Darf ich vorstellen? Das ist Viktoria.« »Es freut mich, deinen Bekanntschaft zu machen«, sagte Louis. Sie allerdings schien ihn gar nicht zu hören, denn sie versuchte immer noch sich aus meinem Griff zu befreien. Ich betrachtete sie. Das nachtblaue Kleid stand ihr ausgezeichnet. Es betonte ihren zierlichen Körper und ihre schmale Hüfte. Sie sah einfach zauberhaft aus. »Ich bin Louis«, stellte er sich ihr vor, und endlich sah sie auf. Etwas irritiert sah sie zu ihm. »Ich denke, du hast noch viel Arbeit vor dir, Harold. Jacqueline war von Anfang an willenlos.« Da konnte ich ihm nur zustimmen. Sie hatte einfach große Angst vor mir und hatte sich erst im Laufe der Jahre mir widersetzt. Viktoria hingegen war ganz anders. Sie ließ es sich nicht gefallen. Sie hatte Temperament, und genau das gefiel mir so an ihr. Es war schwer an sie heranzukommen. Und manchmal musste ich mich wirklich beherrschen. Sie war eine Herausforderung, doch ich würde sie schon noch meistern.

Viktorias POV:

Was sollte das heißen, dass Jacqueline von Anfang an willenlos war? Hatte sie sich ihm unterworfen. Das konnte ich mir gar nicht vorstellen, denn sie war es, die ihm Paroli geboten hat. Sie hatte mich vor ihm beschützt. »Da war gerade von Jacqueline sprechen; wo ist sie eigentlich?«, fragte Louis. Ich blinzelte schnell die Tränen weg, die alleine schon bei ihrem Namen hochkamen. »Sie ist verstorben«, sagte Harold ebenfalls betrübt. Auch Louis senkte seinen Kopf. Ich wollte vor ihnen nicht weinen, also stand ich auf und lief hinauf in mein Gemach. Harold hatte ja jetzt Besuch, da brauchte er mich nicht. Ich setzte mich in eine Fensternische und schlug das Kräuterheilbuch auf. Da mich meine Großmutter nicht unterrichten konnte, versuchte ich in der Zeit, in der ich hier sein musste, mir so viel Wissen wie möglich anzueignen. Ich schaltete die Außenwelt komplett aus und gab mich nur noch dem Buch hin.

Ringelblume

Die Calendula officinalis wirkt hauptsächlich bei Hautentzündungen, jedoch wirkt sie auch abschwellend und antibakteriell. Auch zur Verheilung von Wunden ist sie zu gebrauchen. Um die heilende Wirkung zu erzielen, benötigt man die Blüte und die Blätter. Man findet sie-

»Du bist anders«, vernahm ich eine Stimme hinter mir. Vor Schreck schlug ich das Buch zu. Louis stand in der Tür und trat ein. Nicht wissend, worauf er hinauswollte, sah ich ihn an. »Er verhält dich bei dir anders. Er ist nicht so streng, oder erhebt die Hand gegen dich.« Da musste ich ihm Recht geben. Harold hatte noch nie die Hand gegen mich erhoben, gegen Jacqueline allerdings schon. Deswegen ist sie ja auch in die Scherben der Schale gefallen und ... Ich verdrängte den Gedanken mit einem Kopfschütteln. »Bei dir ist er geduldiger. Die Mädchen vor dir haben sich ihm sofort unterworfen oder er war viel schlimmer zu ihnen. Aber bei dir ... Er hat dir doch noch nichts angetan, oder?« Jetzt sah ich ihm erst ins Gesicht. »Er hat es versucht«, gab ich kleinlaut zu. Irgendwie war es mir peinlich, ihm das zu erzählen. »Aber er hat es nicht vollendet. Allein das zeigt schon, dass er mit dir anders umgeht. Er hat dir gestattet Jacqueline zu heilen.« Wieder nickte ich. Er trat näher an mich heran und deutete auf das Buch in meinen Händen. »Allein schon, dass Harold dir das Buch überlassen hat, zeigt, dass er für dich anders empfindet.« Ich runzelte die Stirn. Was meinte er damit. »Trotzdem solltest du ihn nicht reizen. Er ist es als König nicht gewohnt, dass man ihm einen Wunsch abschlägt oder man sich ihm verweigert.« König? Harold war ein König? Na gut, dass würde das Schloss erklären, aber ich habe hier weder Bedienstete noch Wachen gesehen. Außer Jacqueline. Hatte sie alles alleine aufrechterhalten? Allerdings würde es erklären, warum er ein Arbeitszimmer hat. Trotzdem schockte mich die Botschaft. Er war also ein König. Harold, war der König der Vampire.

Dark LoveWhere stories live. Discover now