Part 60

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Harolds POV:

»Majestät, wie schön, dass Ihr meiner Bitte gefolgt seid«, grüßte Fürst Ralon und verneigte sich. »Es ist mir eine Ehre.« Er führte mich in einen Raum und bot mir einen Platz auf einem roten Samtsessel an. »Ihr habt mich zu Euch gerufen«, nahm ich das Gespräch auf und nahm dankend den Kelch mit Wein an, welcher mir von einem Diener gereicht wurde. »In der Tat, mein König, ich wollte mit Euch über Eure Gemahlin sprechen.« Ich spitzelte die Ohren. Meine Miene wurde hart. »Und was ist mit meiner Gemahlin, dass ihr meine Zeit beansprucht?« »Mir ist zu Ohren gekommen, dass sie gewisse Liebschaften teilt.« »Liebschaften?«, hinterfragte ich und spürte die Wut, welche meinen Körper in Besitz nahm. »Ja, Majestät, Eure Gemahlin soll einige Male mit einem jungen Mann aus dem Dorf gesehen worden sein. Sie schienen sehr vertraut.« »Und auf welche Zeugen beruhen Eure Beschuldigungen?« Die Tatsache, dass Viktoria der Untreue bezichtigt wurde, brachte mein Blut in Wallung. Wie konnte der Fürst es wagen, ihr so etwas zu unterstellen? »Zwei junge Herren berichteten mir von den Vorkommnissen. Ich empfand es als meine Pflicht, Euch darüber zu unterrichten.« Ich nickte und erhob mich. »Ich werde mich mit meiner Gemahlin darüber unterhalten.« Er verbeugte sich. Ein Diener geleitete mich zur Eingangstür und öffnete sie. »Beehren Sie uns bald wieder, Eure Majestät«, verabschiedete er sich und verbeugte sich, bevor er die Tür hinter mir ins Schloss fallen ließ. Auf direktem Weg begab ich mich zu Viktoria, welche mich erschrocken ansah, als ich direkt vor ihr stand.

Vitorias POV:

Ich stand mit Felia auf der großen Wiese des Marktplatzes. Ihre kleinen Finger hielten meinen Rock fest im Griff, während ich vor dem Metzgerjungen stand. »Ein Pfund Rindfleisch, bitte«, sagte ich und schenkte ihm ein Lächeln, bevor ich mich hinunter zu Felia beugte. Sie zog an meinen Röcken, sah auf einen Punkt neben mir. Ich tat es ihr gleich und riss erschrocken die Augen auf, als Harold nur wenige Zentimeter vor mir stand. »Wir müssen reden«, knurrte er und nahm Felia auf den Arm, bevor er meinen Arm packte und mich von dem kleinen Stand wegzog. »Harold, was ist denn los?«, fragte ich verwirrt und entriss ihm meinen Arm. Er jedoch schlang einen Arm um meine Taille. Keine Sekunde später waren wir auf seinem Schloss. »Harold, sag mir jetzt endlich was los ist«, flehte ich und setzte mich in einen der Sessel in der Eingangshalle. Harold verschwand kurz, kam jedoch ohne Felia wieder. Er baute sich vor mir auf, legte seine Hände auf die Lehnen meines Sessels. Genau wie damals, als er mich zu sich geholt hatte und mich nach meinem Namen gefragt hatte. »Mir ist zu Ohren gekommen, dass du mit einem jungen Mann Liebschaften teilst«, knurrte er. Entsetzt riss ich die Augen auf. »Bitte?«, keuchte ich und sah zu ihm auf. »Wer ist es?«, fragte mein Mann. Es schmerzte, dass er dachte ich würde ihm untreu sein. Tränen sammelten sich in meinen Augen. »Wer hat das behauptet?«, schluchzte ich und schlug die Hände vor mein Gesicht. »Fürst Ralon«, erwiderte er. »Und du glaubst ihm?«, kreischte ich und wollte mich erheben, doch Harold drückte mich zurück in den Sessel. »Du glaubst ihm mehr als deiner eigenen Frau?« Ich konnte nicht fassen, was ich mir von meinem Mann anhören musste. Er schüttelte den Kopf. »Ich glaube ihm nicht, doch ich habe gesehen, wie du den Metzgerjungen angesehen hast.« Immer mehr Tränen liefen über meine Wangen. »Harold, ich-« Ich unterbrach mich, schluchzte auf und wischte mir die Tränen ab. Seine Hand vergrub sich in meinen Haaren, zog sanft daran, sodass ich ihn ansehen musste. »Bist du mir untreu gewesen?« Ich schüttelte den Kopf, sprang auf und rannte die Treppe hinauf in meine Kräuterküche. Hinter mir verriegelte ich die Tür und ließ mich an ihr herabsinken. »Viktoria, es tut mir leid«, hörte ich Harold hinter der dicken Holztür sagen. »Verschwinde«, schrie ich. Ich hatte das Gefühl, als würde mein Herz aus meiner Brust springen wollen. Es schmerzte, wie wenig Vertrauen Harold zu mir hatte. Er glaubte wirklich einem Fürsten, dass ich ihm untreu gewesen wäre? Wie kam der Fürst dazu, mir etwas wie dies zu unterstellen. Ich liebte Harold, und das würde ich immer tun, daran gab es keinen Zweifel. »Viktoria, bitte, öffne die Tür«, bat Harold und klopfte gegen das Holz. »Nein, lass mich in Frieden«, schrie ich. »Ich wollte nicht an dir zweifeln. Ich war nur so wütend wegen der Anschuldigungen gegen dich.« Ich schluchzte noch einmal auf, richtete mich auf und setzte mich in einen Stuhl. Meine Hände strichen über die fein gearbeiteten Ranken und Blätter, welche in das feine Holz geschnitzt wurden. Noch einmal wischte ich mir über die Wangen, bevor ich die Augen schloss und versuchte das Erlebte zu verarbeiten. Harold hatte nach einiger Zeit die Schläge gegen die Tür eingestellt.

Die Dämmerung war über den Tag eingebrochen. Ich hatte die ganze Zeit über aus dem Fenster gestarrt, darüber nachgedacht, was ich tun sollte, um Harold zu zeigen, dass ich ihm nicht untreu gewesen war. Ich hatte daran zurückgedacht, wie meine Mutter auf die Nachricht reagiert hatte, als ich ihr gesagt hatte, dass ich keine Kinder mit Harold bekommen könnte. Ich hatte ihr erschrockenes Gesichtb vor Augen. Wie sie Tränen in den Augen gehabt hatte. Ich hatte sie in den Arm genommen und sie getröstet. Sie war enttäuscht gewesen, dass sie keine Enkel bekommen würde, doch ich hatte sie damit beruhigt, dass Harold und ich uns um Felia kümmerten. Sie hatte nur genickt und ich war mit Felia auf den Marktplatz gegangen. Und nun saß ich hier, in meiner kleinen Kräuterküche und wischte mir die Tränen von den Augen. Ich richtete mich auf, lief zur Tür und sperrte sie auf. Harold saß auf dem Boden, Felia auf seinem Schoss und schlief. Felia streckte ihre kleinen Hände nach mir aus. Ich nahm sie hoch, lief die Treppe hinunter, achtete nicht auf Harold. Es schmerzte immer noch. Die Kleine gähnte in meinen Armen und ich legte sie in ihr Bettchen, bevor ich mich meines Kleides entledigte und in mein Nachtgewand schlüpfte. Meine Haare öffnete ich und legte mich unter die Decke. Meine Wangen waren durch meine vielen Tränen verklebt.

Ich hörte wie die Tür geöffnet wurde. Stiefelschritte waren zu hören und die Decke neben mir wurde angehoben, bevor sich Harolds schwerer Körper auf die Laken legte. Seine Hand tastete nach mir, doch ich wich ihm aus, drehte mich bis an den Rand des Bettes.

Dark LoveWhere stories live. Discover now