Part 1

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Die Vampire kommen«, schrie jemand über den ganzen Marktplatz, und jeder wusste, was dies zu bedeuten hatte. Nämlich nichts Gutes. »Schnell in die Kirche.« Mein älterer Bruder Ryan zog mich an der Hand immer weiter auf das heilige Gebäude zu. Ein lauter Schrei erreichte mein Gehör. Blitzschnell drehte ich mich um und sah die Wirtin unseres Stammlokals. Ihr Kleid hatte sich an den herausstehenden Nägeln des Vordaches verhangen und sie somit zu Fall gebracht. Ich entriss mich Ryans Griff und lief auf die ältere Dame zu, um ihr zu helfen. Sie war immer so nett zu uns. »Kommen Sie«, hetzte ich und zerrte sie zur Kirche. Es waren vielleicht nur noch 20 Meter, da wurde ich gegen die Wand geschleudert. Erschrocken riss ich die Augen auf, direkt in die roten Augen des Vampirs, welcher vor mir stand. Seine weißen Fangzähne konnte man deutlich erkennen und an seinen Mundwinkeln lief etwas Blut herunter. Vor mir stand also ein Mörder. Ein verschmitzt dreinblickender Mörder. Wer würde nach dem Angriff auf unser Dorf alles fehlen? Mein Familie? Panik breitete sich in mir aus, als ich mich fragte, ob sie es alle rechtzeitig zur Kirche geschafft haben. Jedes Jahr schafften wir es rechtzeitig, nur dieses Mal war ich zu spät. Und ausgerechnet jetzt hatte es mich erwischt. »Ihr scheint mir die Richtige zu sein«, raunte der Vampir vor mir und zerrte mich am Arm Richtung Stadttor. Nein! Nein, nein ich will zu meiner Familie. »Lass mich los, du Monster«, schrie ich und versuchte mich aus dem Griff zu winden, schaffte es aber nicht. Er war einfach zu stark. Wo bringt er mich hin? Was wird er mit mir anstellen? Und dann die wichtigste Frage: Wie geht es meiner Familie? War Ryan so schlau und ist weiter zum Gotteshaus gerannt? Mittlerweile hatten wir das Stadttor erreicht und liefen in den Wald. In genau »diesen« Wald. Die Kinder aus unserem Dorf wurden so erzogen, nicht in diesen Wald zu gehen. Unter keinen Umständen. Es war der Wald der Vampire. Hier hausten sie. Hier mordeten sie. »Hört auf Euch zu wehren! Ihr habt doch eh keine Chance«, zischte dieser Blutsauger neben mir und warf mich kurzerhand über seine Schulter und rannte los. Und das in einer übermenschlichen Geschwindigkeit und genau das machte mir solche Angst, dass ich zu schreien begann. Ich weiß nicht wie lange das so ging, aber als er anhielt, standen wir vor einem riesigem Schloss. Efeu kletterte die Wände hinauf und das eiserne Tor öffnete sich wie von Geisterhand. »Na los, kommt schon«, sagte die Kreatur genervt und zog mich in die Eingangshalle des prächtigen Gebäudes. »Jacqueline.« Seine Stimme hallte durch das ganze Gebäude und nur wenige Augenblicke später war hektisches Fußgetrappel zu hören. Eine etwas kräftigere Frau kam die große Marmortreppe hinunter geeilt und verbeugte sich. »Zu Diensten, Meister«, keuchte sie. »Lass ein Bad einlaufen.« Seine Stimme war harsch, kein Funken Mitgefühl oder Reue. Jacqueline knickste noch einmal und verschwand dann wieder. »Und nun zu Euch«, sprach er nach kurzer Zeit, führte mich in einen Raum, ich vermute das Wohnzimmer, und drückte mich in einen Sessel vor dem Kamin, welcher allerdings nicht an war. Dann baute er sich in voller Größe vor mir auf. »Wie ist Euer Name?« Mit seinen grünen Augen durchbohrte er mich fast. Er machte mir Angst. Was wird er wohl mit mir anstellen? Was ist mit meiner Familie, dem ganzen Dorf? »Ich habe Euch etwas gefragt«, zischte der Vampir wütend und stützte seine Hände an den Armlehnen neben mir ab. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter entfernt. Meine Hände begannen zu zittern. Sein Blick jagte mir einen Schauer über den Rücken. »V-vikto-oria«, stotterte ich. »Viktoria also«, wisperte er in mein Ohr, was mir eine unangenehme Gänsehaut über den Rücken jagte. Zögernd nickte ich, doch zum Glück kam in diesem Moment Jacqueline angerannt. »Das Bad ist eingelassen.« Langsam zog er seine Hände zurück und machte eine Kopfbewegung, die mir signalisieren sollte, dass ich mit der etwas älteren Dame gehen sollte. Ohne auch nur eine Sekunde zu warten lief ich los und ließ mich ins Bad führen. Endlich weg von diesem Monster. Aber auch weg von meiner Familie. Die ganzen Emotionen kamen wieder hoch und Tränen stiegen mir in die Augen. »Ssssch«, flüsterte Jacqueline. »Alles wird gut. Beruhig dich.« Empört schnaubte ich auf. »Wie soll ich mich denn beruhigen? Ich wurde von einem Mörder hierher verschleppt.« Sie strich mir mütterlich über den Rücken und zog mich weiter zu der riesigen Badewanne. »So«, sie machte eine kleine Pause, »hier liegt ein Handtuch und die Seife liegt hier.« Sie deutete auf die jeweiligen Objekte und lief dann zur Tür. »Jacqueline.« »Ja?« Ich lächelte. »Danke, für alles.« Sie erwiderte mein Lächeln und verließ dann das Badezimmer. Ich entledigte mich meiner Kleidung und stieg in die dampfende Wanne. Langsam ließ ich mich in das warme Wasser gleiten, welches meine verkrampften Muskeln entspannte. Was hat dieser Blutsauger mit mir vor? Diese Frage spukte in meinem Kopf herum, und ich wurde sie einfach nicht los. Wie kann Jacqueline für ihn arbeiten? Zwang er sie dazu? Gehört sie zu seiner Familie? Obwohl, wer würde sich von einem Familienmitglied so hetzen lassen und sogar Angst vor ihm haben? Also scheidet diese Möglichkeit schon mal aus. Hatte sie das gleiche Schicksal wie ich, nur vor vielen Jahren? Was hat er ihr alles schon angetan? Immer weiter kreisten meine Gedanken über das Schicksal von Jacqueline, bis meine Fingerkuppen schon schrumpelig geworden waren. Also seifte ich mir meine Haut und Haare ein und wickelte mich in das Handtuch von Jacqueline ein, nachdem ich meinen Körper abgespült hatte. Ich lief zu einem Spiegel, welcher an der Wand hing und kämmte mir die Haare; die Bürste hatte ich in der Schublade eines Schrankes gefunden. Meine langen Haare fielen mir in Wellen über den Rücken, fast bis zu meinem Gesäß. Das Quietschen der alten Holztür erregte meine Aufmerksamkeit. Zuerst sah ich die braunen Locken, dann die grünen Augen, welche meine Hände zum Zittern brachten. Instinktiv zog ich das Handtuch fester um mich und klammerte mich mit meinen Händen daran fest. Mit langsamen Schritten kam er auf mich zu, weshalb ich mit jedem seiner Schritte mich rückwärts bewegte. »Ich habe hier Euer Nachtgewand«, sagte er gelassen und hielt es mir entgegen. Mit zitternder Hand nahm ich das Kleid entgegen, machte allerdings keinen Anstalten es anzuziehen. »Worauf wartet Ihr?« »Ich-ich mö-möchte gerne allein sein«, stotterte ich in der Hoffnung ihn jetzt nicht verärgert zu haben. Seine Augen blitzten etwas auf, doch nach einem Blinzeln war es verschwunden. »Ich warte vor der Tür auf Euch.« Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog ich mir schnell das Kleid über den Kopf. Ich wollte nicht zu dem Blutsauger hinaus. Ich wollte nicht sterben, falls er überhaupt vorhatte mich zu essen, oder wie auch immer man das nennen sollte. Zuerst wollte ich mit Jacqueline sprechen. Vielleicht weiß sie etwas mehr über ihn.
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Hey, dies ist meine neuste Geschichte. Lasst ein Sternchen und ein Kommi da, wenn sie Euch gefallen hat ;D

LG Celi ❤️

Dark LoveWhere stories live. Discover now