Kapitel 50

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Levi

Ein wenig später war Historia auch schon im Gebüsch, um sich zu erbrechen. Ich hatte eigentlich gehofft, dass die Erste dann doch Ymir gewesen wäre, damit sie für ein paar Augenblicke mal die Klappe hielt, aber sie verkraftete es mit am Besten. Erwin entspannte sich, sobald wir 50 km/h fuhren, aber ich wusste, dass sein Magen da nicht mitspielte. Auch wenn er es durch die Pferde ja gewöhnt war, jedoch hatte er da ja die Möglichkeit, sich zu bewegen. Immerhin musste er sich mit den Bewegungen der Pferde mitbewegen, damit das Pferd sich nicht die Rippen brach. Hier allerdings wurde er jeder Zeit in den Sitz gedrückt. Und somit auch seine Organe ein Stück nach hinten gepresst. Die Pause nutze er schließlich, um sich auf meiner Brust auszuruhen.
Er lag ruhig dort mit der Hand an meiner Taille und entspannte sich, während die anderen draußen waren und frische Luft schnappten.
"Vielleicht sollte ich mal das Fenster offen lassen." Murmelte ich, als ich sah, wie sich Historia übergab. Erwin brummte zustimmend und hatte die Augen geschlossen. So viel Emotion, wie ich in diesem Moment fühlen konnte, nutzte ich, um Erwins Nähe zu spüren. Ich hatte vermisst, so mit ihm zu kuscheln. Vorallem aber hatte ich es vermisst dabei etwas zu empfinden. Ich war immernoch depressiv wegen Kawiss, jedoch konnte Erwin mich aufheitern. Seine sanfte Art mit mir umzugehen war das, was mich jeden Tag aufs neue aufmunterte und was mich davon abhielt, noch weiter in mich zu sinken. Mit ihm war Liebe mehr als eine Emotion für mich. Er war ein Grund für mich zu kämpfen. Besser gesagt waren er und die Mädchen meine einzigen Gründe weiter zu machen. Würde ich aufgeben, würden Ragona und Historia ihren letzten Beschützer und großen Bruder verlieren und Erwin würde sich selbst dafür die Schuld geben und vielleicht selbst aufhören zu kämpfen. Das wollte ich um keinen Preis zulassen. Ob mit Gefühlen oder ohne, ich hatte mir selbst versprochen niemals aufzugeben. Für die drei.
"Levi?" Fragte Ragona, als sie wieder ins Auto stieg. Ich drehte meinen Kopf zu ihr und sah ihr in die Augen.
"Ja?"
Ragona sah ein Stück zu Boden, als würde sie es kaum wagen, mir in die Augen zu schauen.
"W- wirst du wieder normal...?" Fragte sie dann kleinlaut und sah mich schmollend an. Sie meinte meine Emotionen. Ob ich sie jemals wieder zeigen würde. Das merkte ich sofort daran, dass sie mich so vermissend ansah.
"Was meinst du?" Fragte ich dennoch, um Bestätigung zu bekommen.
"N- na... deine Gefühle... wirst du jemals wieder welche haben?"
Ich schmunzelte in mich hinein.
"Ich habe Gefühle. Es fällt mir im Moment nur sehr schwer, sie zu zeigen. Das mit Kawiss... ist auch für mich hart. Mein Körper will mich vor zu intensiven Emotionen beschützen und schaltet es ab, dass ich viel fühle. Ich kann zwar immernoch meine Emotionen merken, aber zeigen kann ich sie nicht." Erklärte ich geduldig.
"Dann sag deinem Körper, dass er die Emotionen zurück holen soll." Schluchzte sie. Ich streichelte sanft ihre Wange.
"Das geht nicht so einfach. Es wird vielleicht irgendwann anders wieder normal. Jetzt noch nicht."
"A- aber ich will dein Lächeln sehen... und jetzt setz keins auf, damit ich mich besser fühle! Ich will ein richtiges, echtes Lächeln."
Ich sah zu Boden und dann in ihre Augen, die mit Tränen gefüllt waren. Langsam wischte ich diese weg und streichelte ihre Wange.
"Alles wird mit der Zeit besser. Versprochen..." Sagte ich. Jedoch glaubte ich mir ja selber nicht und sah ihr in die Augen.
"Lügner..." Schluchzte sie und lehnte sich in den Sitz- weg von meiner Hand. Ich seufzte nur und legte meine Hand um Erwin. Innerlich ein wenig traurig- äußerlich eiskalt. Erwin sah zu mir auf.
"Wird es wirklich niemals besser?" Fragte er besorgt. Ich striff ihm durchs Haar und sah in seine Augen.
"Ich weiß es nicht. Vielleicht bleibe ich einfach so... wäre das ein Problem?" Fragte ich.
"Wenn es für dich ein Problem ist- dann ja."
Wieder schmunzelte ich innerlich und striff Erwin durchs Haar. Ich war momentan außerhalb meiner menschlichen Gestalt- die von Natur aus kalt und unemotional war. In meiner Tigerform, die von Natur aus ein sensibles Crackhead war, konnte ich ohne meine nötigen, intensiven Gefühle vielleicht fünf Jahre überleben. Hätte ich ihm das so sagen sollen? Wohl eher nicht. Ich wollte nicht, dass er sich noch mehr Sorgen um mich machte- da ich soetwas schon irgendwie hasste.
"Das ist natürlich kein Problem für mich." Sagte ich einfach und küsste seine Stirn. Erwin lächelte zufriedengestellt durch seine blauen Augen zu mir hinauf.
"Dann ist es auch keins für mich." Lächelte er und legte seine vollen Lippen auf meine. Genüsslich nahm ich diese mit meinem Mund auf und saugte sie erotisch an. Ich spürte sein Lächeln in unserem Kuss und musste ebenfalls schmunzeln. Ich legte eine Hand auf seinen Hinterkopf und drückte sanft dagegen.
"Argh! Die sind schon wieder am rumknutschen." Knurrte Ymir, die nach Historia hineinkam.
Murrend lößte ich mich von Erwin und sah zu ihr hinter.
"Heul leise und mach die Tür zu." Knurrte ich genervt und setzte mich normal hin, was Erwin genauso tat.
"Geht das auch freundlicher?!" Knurrte Ymir.
"Mach die Tür zu, oder es knallt!" Rief ich bedrohlich und funkelte sie an.
"Was ist dein Problem Junge?!" Rief Ymir und schloss mürrisch die Tür.
"Geht doch." Sagte ich befriedigt und sah nach vorne.
"Vertragt euch..." Murmelte Historia hinter mir. Ich überhörte dies jedoch absichtlich, da dies sowieso nicht passieren würde und sagte Monster, er solle weiterfahren. In langsamen Tempo tat Monster dies dann auch und ich lehnte mich gelangweilt zurück.
"Kommandier mich das nächste Mal nicht rum, kapiert?!" Knurrte Ymir wütend erneut und zog das alte Gespräch wieder von neuem auf.
"Vielleicht machst du das nächste Mal ja auch, was man dir sagt?!" Knurrte ich zurück und wurde auch langsam wütend. Ymir boxte an meinen Sitz.
"Du hast mir gar nichts zu sagen, Matschauge!!" Rief sie.
"Ymir!! Hör auf!" Rief Historia, doch da lehnte ich mich auch schon hinter und gab ihr eine Ohrfeige.
"Levi!!! Schluss jetzt!!!" Rief Erwin und zog mich zurück.
"Ey sag mal spinnst du?!" Rief Ymir und lehnte sich wieder vor, um mir anscheinend auch eine reinzuziehen. Historia und Ragona hielten sie mit aller Muskelkraft zurück.
"Komm doch her, wenn du dich traust!!" Rief ich und lehnte mich hinter. Erwin warf mich dominant zurück in meinen Sitz.
"LEVI!!! ES IST GUT JETZT!!!" Schrie er mich von oben an. Leicht erschrocken sah ich ihn an, während er mich festhielt. Natürlich blieb dabei einer meiner Arme frei, mit dem ich mich hätte wehren können, aber ich wollte ihm nicht wehtun oder respektlos meinem Schatz gegenüber sein und unterstand mich. Also entspannte ich mich stattdessen gehörig und ließ meine Wut schwinden. Erwin ließ mich auch los.
"Was hast du denn nur!?" Rief er sauer, setzte sich ordentlich hin und musterte mich.
"Muss der kleine Levi sich von Daddy kontrollieren lassen? Ha!! Soll ich dir Klopapier geben, damit er dir den Arsch abwischen kann??!" Lachte Ymir provokant, doch ich ließ mich nicht darauf ein und setzte mich normal hin, während Historia sie plötzlich am Hals packte und sie in den Sitz drückte.
"Hör jetzt auf, Ymir!!!! Wenn du ihn so provozierst, brauchst du dich gar nicht wundern, wenn er mal zuschlägt!!! Reiß dich gefälligst zusammen!!!" Schrie sie. Ich sah amüsiert hinter und erfreute mich an Ymirs erschrockenem, aber auch änglichem Gesicht.
"T- tut mir leid." Stotterte sie kleinlaut und schaute zu Boden. Stolz schaute ich zu Historia und schmunzelte leicht. Dann auf einmal bekam ich eine Kopfnuss von Erwin.
"Guck nicht so! Für dich gilt dasselbe!" Knurrte er. Ich sah von Ymir weg und zu ihm und murrte.
"Ist Ok, Babe... ich sag ja nichts." Knurrte ich und sah aus dem Fenster. Sofort bekam ich wieder Fernweh, als ich sah, wie die Bäume an uns vorbei zogen.

Plötzlich wackelte das Auto wie verrückt herum, als hätte uns etwas schweres getroffen. Wir selbst wackelten so stark, dass wir beinahe das Gleichgewicht verloren hätten. Damit dies nicht geschah, hielt ich mich an Erwin fest und dieser an mir. Hinten kreischten Historia und Ragona. Ymir gab ein erschrockenes Geräusch von sich. Monster blieb stehen und Engel erschien aus der Tür.
"Geht es allen gut??" Fragte er. Aus der Motorhaube kam Monster hervor.
"Junge!!! Was soll das?!!!" Schrie er. Ich antwortete Engel nicht und stieg aus.
"Was war das, Monster??" Fragte ich.
"So n Windzug! Das war eine der Fallen von Kawiss. Weißt du doch!!"
Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Wie konnte ich die Fallen vergessen?! Das war doch immer das erste aus der Hardcliff, was mich begrüßte. Und vielleicht das letzte, was von Kawiss über geblieben war. Ich hätte nie gedacht, dass seine Macht selbst dann noch aktiv sein konnte, wenn er tot war. Ich schaute sehnsüchtig in die Ferne und seufzte. Ich vermisste sein Lachen und seine Ausreden, wenn ich mich über die Fallen beschwerte. Ohne ihn war alles anders.
"Wir fahren weiter. Los, Monster." Sagte ich und setzte mich wieder hinein.
"Alles klar, Mister." Sagte er und fuhr wieder los.
Ich saß da und schaute auf meinen Schoß, anstatt aus dem Fenster. Erwin merkte, dass mit mir etwas nicht stimmte.
"Levi? Was hast du?" Fragte er und legte die Hand in meine.
"Nichts..." Murmelte ich und überkreuzte unsere Finger. Zwar war ich einfach traurig, dass ich mich so wenig an ihn erinnerte, doch ich wollte es mir nicht anmerken lassen.
"Baby... ich sehe, dass du traurig bist. Was hast du?" Fragte er wieder hartnäckig. Ich schaute zu ihm auf.
"Ich... ich erinnere mich nur wieder an Kawiss' Tod. Diese Fallen waren für Löwen gedacht... ich kann kaum glauben, wie schnell sich die Dinge verändert haben. Wir haben jetzt keine Feinde mehr... außer den Tod."
"Ist das nicht gut so?" Fragte er.
"Schon. Aber ein Tiger langweilt sich schnell." Murrte ich darauf.
Erwin kicherte mich von der Seite an und kraulte meinen Hinterkopf.
"Das kann ich ändern. Keine Panik." Lächelte er schelmisch. Mit einem Blick nach hinten deutete ich darauf, dass wir nicht alleine waren und dass er sich beherrschen sollte. Doch er hatte wirklich Recht. Er konnte dies ändern. Ich nahm mir ein Blatt und einen Stift und tat so, als würde ich etwas aufschreiben. Respektvoll wie Erwin war, sah er weg von meinem Blatt und schaute nach vorne. Sein stattliches Profil zeigte mir nun entgegen. Leicht bespaßt fing ich an, ihn zu zeichnen. Ich sah immer wieder zu ihm auf, um mir seine einzelnen Züge und seine Hautdetails zu erkennen und sie hinein zu bauen. Erst die Outlines seines Kopfes und seiner Kleidung. Die Linien, die ihn umrundeten zeichnete ich fein säuberlich mit meinem dünnen Stift ab. Dann begann ich langsam seine Frisur zu formen. Das kleine Viereck seines Undercuts, was aus meiner Perspektive ein Dreieck war, welches nach dem Ohr scharf eingeschnitten wurde. Dann langsam die Haare, die ihm auf dem Undercut lagen und zu einer komplizierten Frisur mit Haargel und einem Kamm gestylt wurden. Nun begann ich mit den Umrandungen seines Gesichtes. Erst die Einzelheiten des Kiefers, dann die Outlines des Ohres und dann begann ich langsam Nase und Mund Details hinzuzufügen. Daraufhin ein paar Outlines der Augen, denen ich kurz danach Wimpern, Iris und Pupille hinzufügte und darüber die buschigen Augenbrauen. Die einzelnen Erhebungen und Einkehrbungen der Ohren, ein paar Stränchen und tada! Nun musste ich nur noch die Schattierungen hinzufügen und fertig war er. Ich war zwar nicht ganz zufrieden mit einigen Punkten, die ich zu hoch oder zu tief plaziert hatte, aber das Endergebnis sah akzeptabel aus.
Leicht aufgeregt hielt ich es ihm unter die Nase.
"Und? Hab ich dich gut getroffen?" Fragte ich. Erstaunt weiteten sich seine Augen und sein Gesicht wurde weich.
"Wow! Hast du das in der kurzen Zeit gemalt??" Fragte er erstaunt. Ich nickte ihn an und sah auf mein fertiges Bild.
"Du kannst es gern behalten, wenn du magst." Sagte ich und gab es ihm in die Hand. Erwin lächelte darauf und sah dann berührt zu mir.
"Es sieht wunderbar aus. Danke, Schatz." Lächelte er und gab mir einen Kuss.
"Gerne." Sagte ich und schaute wieder aus dem Fenster. Wieder zogen die Bäume und Büsche an mir vorbei und ich wollte am liebsten aus dem Auto springen und dort hinaus gehen.

Mit einer Vollbremse blieb das Auto stehen und ich wurde mit Druck voraus in den Gurt gepresst, der sich wie ein stumpfes Messer in meinen Hals schnitt.
Verwirrte Blicke erhielt er- als Monster hinaus trat und auf die Wiese sprang.
"Was tut das Rauchgollum da?!" Knurrte Ymir, als sie ihn sah. Genau dasselbe fragte auch ich mich, weswegen ich mich aus dem Fenster lehnte.
"Monster!!! Was soll das?!" Rief ich knurrend und sah ihn an.

"Kawiss! Da war Kawiss!" Rief dieser zurück

Lost in the eyes of the devil- Eruri Fanfiction by RockosticWhere stories live. Discover now