Kapitel 27

3K 113 6
                                    

Die beiden Jungs starren mich nur an.

"Ich war neun oder so, schon bei den Werwölfe also, sollte mit einem der Kinder Schwertkampf spielen.

Er hat mir nur nie erzählt, dass die Schwerter echt und aus Silber sind.

Naja, wir haben gekämpft und ich habe gewonnen.

Mein Schwert rutschte ab in seinen Bauch.

Er hat nicht mehr lang überlebt."

Muss ja keiner wissen, dass ich auch an dem Schwert hätte sterben können.

Oder mein ganzes Leben bei Werwölfen war.

Oder selbst einer bin.

Unwichtige Details.

"Und du wurdest nicht getötet?"

"Ich wurde von meinem alten Rudel an Kai verkauft."

Sie sehen mich nur an.

"Außerdem bekommt man einiges mit, wenn man unter Werwölfe lebt.", füge ich schulterzuckend hinzu.

"Was haben sie dir angetan Lara?"

Damian sieht mich fragend an.

"Nichts, über das ich sprechen möchte.", ich sehe ihm in die Augen.

Plötzlich bricht er den Augenkontakt ab und zieht mich mit sich.

"Komm mir."

Auf eine Antwort meinerseits wartet er nicht.

Wir gehen zu einer kleinen Lichtung, nahe dem Dorf, aber weit genug weg, um Ruhe zu haben.

Dort setzen wir uns auf einen Felsen.

"Wieso hast du mich hergebracht Damian?"

"Ich wollte dir etwas zeigen."

In dem Moment zieht er sein Shirt aus und ich wende sofort meinen Blick ab.

"Es tut mir leid Lara, ich habe nicht... drüber nachgedacht.

Ich möchte dir nichts tun.

Nur etwas zeigen."

Langsam schaue ich wieder zu ihm.

Damian steht oberkörperfrei vor mir, seinen Rücken zu mir gedreht.

Ich erkenne Narben, etwas verblasst, aber deutlich vorhanden.

Abzeichen sehr tiefer Wunden.

Unbewusst gehe ich auf ihn zu, fahre mit meiner Hand über seinen Rücken.

Kurz zuckt er zusammen, lässt mich aber gewähren.

Ich fahre mit meiner Hand über die Narben, bevor ich leise frage: "Woher sind die?"

Vorsichtig dreht er sich zu mir um, steht mir nun so nahe, dass ich seinen Atem spüre.

"Ich weiß nicht was du durchmachen musstest Lara.

Kann es nicht ansatzweise nachvollziehen, weil ich nicht an deiner Stelle war.

Meine Eltern wurden getötet, als ich klein war.

Die Werwölfe haben mich mitgenommen, mich zu ihrem Sklaven gemacht.

Hat es ihnen nicht gefallen, wurde ich ausgepeitscht.

Ich musste so gut wie alles machen, aber glücklicherweise nichts sexuelles.

Wäre ich von ihnen vergewaltigt oder zu anderen Sachen gezwungen wurden, ich hätte mich umgebracht."

"Wie bist du rausbekommen?"

"Der ehemalige Anführer unserer Jägergruppe hat mich befreit und aufgezogen wie sein eigenes Kind.

Von ihm habe ich alles gelernt.

Er ist vor ungefähr einem Jahr gestorben, seitdem führe ich sie an.

Ich kann mir nicht vorstellen, wie schrecklich es für dich war Lara.

Aber du bist nicht die einzige, die unter ihnen gelitten hat."

Mit diesen Worten sieht er mir in die Augen.

Ich muss meinen Kopf leicht anheben, um den Blick zu erwidern.

Der Blickkontakt wird immer intensiver, etwas wie Spannung liegt in der Luft.

Schnell überbrücke ich den letzten Abstand zwischen uns und hauche ihm einen Kuss auf die Lippen.

"Danke, dass du dein Leben mit mir geteilt hast.", flüstere ich leise, bevor ich zurückweiche und gehe.

Ich bemerke, dass er mir nachsieht, bemerke sein Starren, laufe aber unbeirrt weiter ins Dorf.

Neumond Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt