Kapital 30

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Die nächsten Wochen schläft Damian bei mir, auf der Matratze.

Es hilft gegen die Albträume.

Tagsüber gehe ich mit einigen anderen bei Blondie trainieren, abends sitze ich oft auf dem Kirchturm, manchmal mit, manchmal ohne Damian.

Schon ein paar Mal habe ich mich in den Wald geschlichen, um mich zu verwandeln.

Auch heute, es ist später Nachmittag, laufe ich in meiner Wolfsgestalt durch den Wald.

Alle anderen denken, dass ich es in den Mauern auf Dauer nicht aushalte und auch mal Zeit für mich brauche, was ja eigentlich auch keine Lüge ist.

In einem normalen Tempo laufe ich also durch den Wald, spüre den Boden unter meinen Pfoten und fühle mich frei.

Der Fluss kommt in Sicht und sofort werfe ich mich in das kalte Wasser.

Ich spiele mit dem Wasser, schwimme in den Fluten.

Jedenfalls bevor ich mich beobachtet fühle.

Kaum tauche ich auf, knurre ich.

Direkt mir gegenüber steht ein Wolf, außerhalb des Wassers.

Ein Werwolf, das spüre ich.

Schnell schwimme ich aus dem Wasser heraus auf die Seite des Flusses, auf der er sich nicht befindet.

Mein Fell ausschüttelnd sehe ich ihn an, behalte ihn genau im Auge.

Sein Fell ist grau, dunkelgrau, und seine Augen leuchten in einem wunderschönen Grünton.

Er macht einen Schritt in meine Richtung, in den Fluss hinein.

Meine Antwort ist ein Knurren, meine Ohren spitze ich, höre auf jedes Geräusch.

Ich weiß, dass er versucht, über die telepathische Verbindung mit mir zu sprechen.

Es funktioniert nicht.

Für soetwas bin ich momentan zu sehr Mensch.

Erst dann fällt mir etwas entscheidendes auf.

Seine Aura.

Sie ist mächtig, zu mächtig.

Er ist ein Alpha.

Das alte Rudel.

Er muss es übernommen habe, nachdem ich verschwunden bin.

Nachdem Elias mich hatte.

Plötzlich bewegt er sich auf mich zu.

Reflexartig drehe ich mich um und renne weg.

Ich kann keinem Werwolf gegenüberstehen.

Nicht jetzt.

Und vor allem keinem Alpha.

Er rennt mir hinterher.

Bis zur Höhle renne ich durch, verwandle mich dort zurück in meine Menschengestalt und verschwinde in der Höhle, lege meine Kette an und ziehe mich in die dunkelste Ecke zurück.

Ich höre ihn an der Höhle vorbeirennen, mehrmals, bevor er die Suche aufgibt, denn glücklicherweise kennt er meinen menschlichen Geruch nicht.

Irgendwann, spät in der Nacht, verschwindet er dann schließlich.

Nur langsam gehe ich aus meinem Versteck heraus, ich habe Hunger und möchte dringend zurück ins Lager, bevor sie das Tor schließen.

Schleichend bewege ich mich durch den Wald, darauf bedacht, keine Geräusche zu machen.

Im Lager angekommen atme ich auf.

Das war viel zu knapp.

In der nächsten Sekunde werde ich in eine Ecke gezogen.

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