Wind

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Ich habe dieses Bild gesehen und musste einfach sofort an Nemesis denken. Das Gesicht und die lockere Kleidung passt einfach perfekt XD


Es war seltsam warm und weich. In der Luft lag der Geruch von verbranntem Holz. Nemesis schlug langsam die Augen auf. Es brauchte eine Weile, bis er erkannte, dass er in einem Bett lag. Durch die Fenster drang bereits schwaches Licht hindurch. Er erinnerte sich wage daran, was passiert war. Es war sowieso nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es seinem Vater gelang ihn loszuwerden. 

Glücklicherweise trug er seine eigene Kleidung, den dicken Umhang, den Mantel, das zu große Hemd und die dicke Hose, nur die Schuhe hatte man ihm ausgezogen. Erleichtert atmete er aus. Er richtete sich langsam auf und schlug die Decke weg. Nemesis hatte damit gerechnet überall aufzuwachen. In der Luft, in einer Zelle...gar nicht mehr. Aber nicht in einem warmen Bett. Er verließ die weichen Laken und inspizierte unsicher den Raum. Dafür, dass der Raum so groß war, befand sich vergleichsweise wenig Einrichtung in den Gemächern. Bloß ein großer Schrank und das Bett. 

Der Boden war an den Stellen die nicht vom Teppich überdeckt waren kalt und seine Schritte hörten sich an wie das Tapsen eines kleinen Kindes auf Stein. Das Feuer, das jemand im Kamin entfacht hatte war verglimmt und bestand nur noch aus Kohlen die etwas leuchteten. 

Es war furchtbar still. Keine Vögel oder Menschen. Nemesis ging zu dem Fenster, es entpuppte sich als Türe die auf einen großen Balkon hinaus führte. Es lag zu seiner Überraschung gar kein Schnee auf dem Boden. Die Sicht war atemberaubend. Er war noch nie in seinem ganzen Leben in den Bergen gewesen. Zumindest nicht so hoch oben. Nemesis konnte auf das Tal hinunter blicken, die kleinen Städte und Dörfer, die kaum zu erkennen waren. Die Festung war riesengroß und bestand aus mehreren Gebäuden. 

Drachen flogen umher und landeten auf großen Plattformen. Er hatte noch nie welche in ihrer waren Form gesehen. Geschweige denn war auf einem von ihnen geflogen. Etwas in ihm sehnte sich auch danach sich durch die Lüfte zu bewegen wie einer von ihnen. Die kalte Luft unter den Flügeln spüren, die Geschwindigkeit...dieses Gefühl von Freiheit, wenn man nicht einmal an den Boden unter seinen Füßen gebunden war. Es war nichts weiter als ein dummer Traum, ein Gedanke der ihm mal gekommen war, als Nemesis die jungen Vögel dabei beobachtete hatte, wie sie ihre Flügel aufschlugen und aus dem Nest geflogen waren. 

,,Ist der Boden nicht kalt?"

Erschrocken wirbelte Nemesis herum und blickte auf einen Drachen mit dunklen Haaren. In der langsam aufgehenden Sonne schimmerten seine Flügel wie Rubine. Es war keiner der Drachen gewesen, mit denen er geflogen war. 

Angst breitete sich langsam in ihm aus, wie ein Gift, dass einen lähmte. Man würde ihn umbringen. Ganz sicher. Oder schlimmeres. Es gab so viel schlimmeres als den Tod. 

,,Wie wäre es, wenn wir dir etwas zu essen besorgen und frische Kleidung?", der Drache kam etwas näher, fast schon vorsichtig um ihn nicht zu erschrecken, und blieb dann wieder stehen. 

Das Angebot klang verlockend. Er hatte seit Tagen nichts gegessen. Gar nichts. Sein Magen zog sich bereits schmerzhaft zusammen und hatte aufgehört ständig zu knurren. Vermutlich hatte er aufgegeben, nachdem er nichts zu essen bekommen hatte. 

,,Ich will meine Kleidung anbehalten.", brachte er leise, kaum hörbar hervor. 

Der Drache stemmte die Hände an die Hüften und legte den Kopf schief.

,,Ich habe nicht vor dir irgendetwas zu tun. Deine Kleidung stinkt und ist zerrissen. Ich werde dir einfach ein paar Sachen raus suchen, von denen du dir dann einfach was aussuchst....Ich bin übrigens Brie. Und du bist...?"

Der Drache hatte fairerweise recht, was seine Kleidung betraf, aber er wollte sich beim besten Willen nicht vor anderen ausziehen. Er durfte es nicht. 

,,Nemesis."

,,Ein schöner Name. Wer hat ihn gewählt?", Brie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihn abwartend an. 

,,Meine Mutter?"

,,In den Legenden die wir Drachen uns erzählen oder Lesen, gibt es einen Gott, Nemesis, den Gott der Freiheit und des Windes. Es heißt in den Legenden, er hätte uns die Flügel und die Fähigkeit des Fliegens geschenkt, nachdem er selbst sich vom Wind tragen ließ in dem er von einem Berg sprang und der Wind seine Flügel formte. Es ist eine sehr schöne Geschichte. Ich habe viele Menschen kennengelernt, aber nicht ein einziges Mal hatte einer von ihnen einen Namen, der unter den Drachen bekannt war."

Nemesis hatte gespannt zugehört. Er hatte es immer geliebt, wenn seine Mutter ihm Geschichten erzählt hatte. Sein Vater, besser gesagt, der Mann der ihn aufgezogen hatte, war immer wenig begeistert davon gewesen. Auf einmal mochte er seinen Namen gleich viel mehr. 

,,Verrätst du mir auch, warum ich hier bin?"

Brie zögerte und atmete hörbar aus. 

,,Das werde ich dir ein andern Mal verraten. Ich hole dir Kleidung. Warte hier."

Nemesis verließ den Balkon und trat zurück in das Schlafzimmer. Im Kamin brannte wieder ein Feuer und es wurde warm. Seine Füße waren tatsächlich ein wenig taub von der Kälte und er setzte sich im Schneidersitz vor den Kamin.

Brie wirkte nicht wirklich grausam oder furchteinflößend. Eher im Gegenteil, aber vielleicht war das ja genau das, was sie wollten. Sein Vertrauen gewinnen nur um ihm dann eine Messer in den Rücken rammen zu können. Aber was hatten sie denn davon?

Es ergab einfach keinen Sinn. 

,,So. Hier bin ich wieder. Such dir was davon aus, ich werde dir ein Bad vorbereiten.", der Drache warf ein Bündel Kleidung auf das Bett und verschwand dann in einer Türe, die Nemesis bis dahin noch gar nicht bemerkt hatte.

Er ging zu dem Kleiderbündel und entwirrte es. Hemden, Hosen, Korsetts und daneben lag eine Art Morgenmantel nur viel dicker. 

Nemesis suchte sich eines der größeren Hemden heraus und eine schwarze Stoffhose. Gemeinsam mit dem Mantel sollte alles gut verdeckt sein. 

,,Hast du etwas passendes gefunden?", Brie kam zurück und nahm ihm die Kleidung ab, die er für sich ausgesucht hatte. 

Nemesis nickte knapp und stand auf. 

Das Badezimmer war riesig. Der Großteil des Raumes wurde aber von einem Becken ausgefüllt. In dem dampfenden Wasser schwammen verschiedenste Blüten und es duftete nach frischen Orangen. Am Rand des Beckens standen duzende kleine Ampullen und Fläschchen gemeinsam mit Seifen und zahlreichen Handtüchern. In einem kleinen Körbchen befand sich noch eine Variation von kleinen Fläschchen in denen sich Öle befanden in allen möglichen Farben und Düften. 

,,Lass dir ruhig Zeit. Ich werde dir etwas zu essen anrichten lassen.", meinte Brie noch, bevor er ging. Die frische Kleidung hatte er noch auf einen kleinen Steintisch gelegt und daneben ein paar Schuhe. 

Nemesis schloss die Türe und suchte kurz nach einem Schlüssel. Stattdessen nahm er schließlich einen Stuhl, den er unter die Türklinke stellte, sodass man die Türe nicht mehr öffnen konnte. Dann begann er damit sich auszuziehen. Erst streifte er den Umhang ab und faltete ihn schön zusammen, bevor er ihn auf den Boden legte. Darauf folgte der Mantel und dann noch eine Strickjacke. Der Winter War furchtbar kalt im Norden. Schlimmer als überall sonst. Darum litt der Norden immer am meisten unter der bitteren Kälte. Die Ernten wurden jedes Jahr weniger und somit fehlte auch das nötige Futter um Vieh zu halten. 

Vielleicht hatte es ja auch etwas Gutes, dass er jetzt weg war. Seine Geschwister hatten mehr zu essen und vielleicht erlangten sie sogar wieder so viel ansehen, dass zumindest ein paar Leute ihr Fleisch kauften, jetzt wo er weg war. 

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