Drachenblut

Frühstück mit den Drachen

Er fühlte sich mehr als nur ein wenig unwohl. Am liebsten wäre er aus dem Fenster gesprungen oder hätte sich noch mehr hinter Serafyns Flügel versteckt. Er war noch nie in einem Speisesaal gewesen, indem mehr als drei Drachen saßen. Hier war jeder Stuhl der an der großen Tafel stand besetzt, bis auf zwei.

Serafyn griff nach seiner Hand und drückte ermutigend zu. Die einzigen die er kannte, waren Crystal, der Nyx in den Armen hielt, Cobalt und Anaya, welche wieder verschlagen grinste.

,,Ihr hättet ruhig ohne uns anfangen können.", meinte Sera und schob ihn vor sich her, als würde er merken, wie gerne er auf dem Absatz Kehrt gemacht hätte. Er ließ seinen Blick möglichst unauffällig über die Drachen wandern und bemerkte, dass Crystal nicht der einige ohne Flügel war. Zwei weitere junge Männer saßen dort, einer mit Haaren so rot wie Feuer und der andere blond. Wobei der zweite etwas älter wirkte. Und ein Paar Zwillinge saß dort.

,,Alle waren ganz gespannt darauf deinen neuen Freund kennenzulernen, nach der Aktion auf dem Balkon waren wir eben alle zu neugierig um zu essen.", Anaya durchbrach die Stille und griff nach ihrem Kelch. Sie musste sich sehr gut mit Arion verstehen. Immerhin hatte sie so viel an Manieren, dass sie ein Oberteil trug...

,,Du hast doch nicht etwa versucht dich umzubringen, oder?", der Rothaarige sah ihn aus seltsam grünen Augen abwartend an. Er hatte etwas jugendliches an sich und lebendiges.
Er lachte nervös und schüttelte stumm den Kopf. Nemesis setzte sich neben Serafyn auf den Stuhl und rutschte an den Tisch heran. Warum war er gleich noch einmal hier?

,,Der mit den roten Haaren heißt Tamren, er ist Azriels Seelengefährte.", erklärte Sera leise und zeigte auf einen der Zwillinge, jenen mit den silbernen Flügeln.

,,Loren ist Aspens Seelengefährte. Artemis und Anaya sind ihre beiden Kinder.", der Blonde war also Loren und Aspen der zweite Zwilling. Artemis musste dann wohl der junge Drache am Ende der Tafel sein der wortlos aß und sie alle ignorierte. Hatte es vielleicht auch etwas mit der Blutmondnacht zu tun?

,,Aspen und Azriel sind meine Onkel."

,,Ist Loren ein Mensch?"

Bevor Serafyn ihm antworten konnte, kam Loren ihm zuvor: ,,Ja, das bin ich. Mehr oder weniger zumindest."

Nemesis nickte knapp und griff nach der Tasse Tee vor ihm. Nyx, der neben ihm in Crystals Arme lag starrte ihn aus seinen dunklen Augen und streckte sein Ärmchen nach ihm aus. Er schmunzelte und reichte dem Baby einen Finger.

,,Und ihr beide seid echt nicht miteinander verwandt?", Anaya zeigte auf ihn und Crystal und runzelte die Stirn. Naja, sie sahen sich vielleicht ähnlich, aber seine Mutter war am Leben und sein Vater ein Wyvern. Und das war Asterin offensichtlich nicht.

,,Nein, ganz sicher nicht.", antwortete Crys leise. Nemesis begann schweigend zu essen, obwohl er keinen Hunger hatte. Oder eher gesagt keinen Appetit. Er würgte ein kleines Gebäckstück hinunter und hörte dem Gespräch aufmerksam zu, auch wenn es nicht wirklich etwas interessantes war. So bekam er immerhin keinerlei Aufmerksamkeit.

,,Hast du später Lust mit uns mit zu fliegen? Arti und ich hätten vorgehabt an den See im Wald zu fliegen. Da kann man wunderbare Eisbäder nehmen.", schwärmte die Drachin und atmete verträumt aus.
,,I...ich weiß nicht so recht.", unsicher warf er einen Blick zu Serafyn, wessen Hand auf seinem Oberschenkel lag und zustimmend zudrückte.
,,Das wird lustig. Oder willst du den ganzen Nachmittag in denen Gemächern sitzen? Serafyn wird beschäftigt sein."
Ach ja?

,,Ich muss dabei helfen, die Vorbereitungen fertigzustellen. Anaya passt sicher gut auf dich auf."
,,Ja das wird sie.", sie zwinkerte ihm verschlagen zu und grinste so schief, wie sie nur konnte. Irgendwie hatte sie etwas beängstigendes an sich. Sie schien eine sehr starke Persönlichkeit zu sein, jemand, mit dem man sich nicht wirklich anlegen mochte.

,,Anaya wird sich benehmen, hab ich recht?", Aspen warf ihr einen warnenden Blick zu, nur kurz, aber lange genug um Wirkung zu zeigen. Sie verdrehte die Augen und nickte geschlagen. Nemesis atmete beinahe erleichtert aus und nahm ein kleines Törtchen von Serafyn entgegen.

,,Das wird sicher lustig, keine Sorge.", murmelte Sera und fuhr mit seiner Hand zwischen seine Oberschenkel. Nem nickte knapp und rutschte auf dem Stuhl hin und her. Er hörte das amüsierte Schnaufen des Drachen neben ihm und beinahe provokant wanderte seine Hand etwas nach oben. Nemesis zuckte kaum merklich zusammen, als Serafyns Flügel seine berührten.

,,Wenn ich nicht gebraucht werden würde, dann wüsste ich schon was mit der Zeit anzufangen.", er errötete, als Nem die Stimme des Drachen in seinem Kopf hörte und umgriff Serafyns Handgelenk, als dieser Anstalten machte seine Hand Richtung Nemesis' Körpermitte zu bewegen.

,,Anaya und Artemis sind wirklich eine angenehme Gesellschaft.", meinte Serafyn und umarmte ihn von hinten.
,,Nicht so angenehm wie ich, aber akzeptabel.", fügte er noch grinsend hinzu, während der Drache das Gesicht in seiner Halsbeuge vergrub.

,,Ist es denn eine gute Idee einfach so herum zu fliegen? Immerhin weiß nicht jeder, dass ich...eben anders bin.", darüber dachte er schon eine ganze Weile nach. Was wenn ihn jemand sehen würde, der ihn nicht sehen sollte? Immerhin schienen Wyvern nicht ganz so beliebt zu sein unter den Drachen. Noch nicht zumindest. Auch Serafyn schien darüber nachzudenken, er runzelte die Stirn und kratzte sich am Hinterkopf.

,,Wenn es ein Problem wäre, dann hätte mein Vater etwas gesagt, als Anaya es vorgeschlagen hat. Mach dir keine Sorgen. Genieß einfach den Tag.", obwohl Seraa auch nicht ganz überzeugt wirkte, nickte Nemesis leicht und schnaufte. Irgendwie hatte er sich die Festlichkeiten anders vorgestellt. Etwas prunkvoller. Naja, vielleicht kam das ja noch.

Er trat von einem Fuß auf den anderen, während er auf Anaya und Artemis im Hof wartete. Es schneite ganz leicht, beinahe sah es so aus als würde Asche vom Himmel fallen. Erinnerungen kamen in ihm hoch, an das Dorf, in dem sie gelebt hatten, bevor sie weiter in den Westen gezogen waren. Auch wenn er noch ganz klein gewesen war zu dem Zeitpunkt, verschwanden diese Bilder einfach nicht. Er hatte immer gehofft, dass sie mit der Zeit verschwammen, bis er sie vergaß, aber es war nie passiert. Stattdessen wurden sie immer klarer. Auch wenn er nicht genau wusste warum.

,,Versuchst du die Wolken weg zu starren?", Anayas Stimme in seinem Kopf riss ihn aus seinen Erinnerungen hinaus. Er blieb eine kleine Rauchwolke aus seiner Nase und schüttelte den Schnee ab. Ihr goldenes Schuppenkleid sah wunderschön aus. Sie funkelte wie tausende Münzen und es wirkte als bestände sie tatsächlich aus Gold. Artemis war überraschender Weise kleiner als seine Schwester und seine Schuppen hatten keine ganz so satte goldene Farbe, eher etwas verblasst, aber nicht silber wie er zu Beginn gedacht hatte.

Zu seiner Überraschung leistete ihnen noch ein großer, violetter Drache Gesellschaft. Dante. Er stellte sich neben Artemis und stieß ihn leicht, beinahe schon liebevoll, an. Verwirrt sah Nemesis zu Anaya.

,,Oh, ich dachte Serafyn hätte dir gesagt, dass die beiden...naja dieselbe Beziehung zu einander haben wie du und Sera. Jetzt kommt endlich, wenn wir länger warten fangen die beiden noch an zu vögeln.", ihrem Tonfall nach, schien sie tatsächlich keinen Witz zu machen. Wenn er ehrlich war würde das schon mal eine seiner Fragen beantworten, auch wenn er nicht gerade dabei sein wollte.

Sie stieß sich mit einem kräftigen Satz vom Boden ab und schlug einige Male mit den Flügeln, bis sie knapp über den Burgmauern flog und dort auf sie wartete. Nemesis brauchte nicht zu springen, er richtete sich bloß auf und schlug dann einige Male mit den Flügeln. Sie warteten noch auf die beiden anderen unf flogen dann los, Richtung des fernen Waldes.