Zeit zu zweit

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,,Na endlich, ich hab mich schon gefragt, wo mein Frühstück bleibt.", folgten Artemis' Worte nach der kurzen Stille, die sich ausgebreitet hatte. Nemesis nahm Daemon wieder an sich und rutschte ein wenig von dem Drachen weg, sodass Dante und Serafyn neben ihnen Platz hatten. 

Sera nahm neben ihm Platz und legte schützend einen Arm um ihn. Nemesis fühlte sich plötzlich schuldig, einfach so gegangen zu sein. Der Drache hatte sich sicher Sorgen gemacht, nach dem was sie bisher durchgemacht hatten. 

Dennoch spürte er eine seltsame Erleichterung, die nicht von ihm selbst zu kommen schien. Manchmal hatte Nem das Gefühl, die Emotionen des Drachen selbst spüren zu können. Angst, Unbehagen, Wut... 

,,Gibt es schon Pläne für das nächste Treffen?", Dantes Stimme riss Nem zurück in die Realität, heraus aus seinen Grübeleien. Er sah zu Serafyn, abwartend auf dessen Reaktion. Der Drache schüttelte leicht den Kopf: ,,Ich weiß nichts genaues, nur dass dieses Treffen in naher Ferne stattfinden soll. Vermutlich wirst du dann aber nicht mehr hier sein."

Nemesis beobachtete, wie Artemis und Dante amüsierte Blicke austauschten. 

,,Ich werde hier bleiben, Sera. Bei Dante. Und wo er hingehen wird, werde auch ich hingehen. Ich habe es satt von ihm getrennt zu sein, weil andere das so wollen.", der junge Drache wirkte entschlossen und überzeugt. Die Unsicherheit, die Nemesis noch vorhin aus Artemis' Worten herausgehört hatte, war weg. 

Serafyn nickte leicht, beinahe ungläubig so etwas von seinem Cousin zu hören. 

,,Ich bin froh, dass du endlich deine eigenen Entscheidungen triffst, Mis. Anaya wird und kann nicht für immer den größten Teil deines Lebens ausmachen, das scheinst du endlich begriffen zu haben.", Sera drückte ihn leicht an sich und warf ihm einen warmen Blick zu, als wollte er sagen, dass auch er seine Entscheidungen nicht bereute. 

Artemis senkte den Blick: ,,Es ist nur schade, dass wir nie eine richtige Familie haben können."

Beinahe tröstend stieß Dante den jüngeren Drachen an: ,,Wir haben uns, Mis. Mehr brauchen wir nicht."

Auch wenn Nemesis seinen Sohn liebte, war er sich auch sicher, dass sie auch ohne ein Kind glücklich gewesen wären. An der Art und Weise, wie der dunkelhaarige Drache ihm gegenüber immer wieder bedauernd zu Daemon sah, erkannte Nemesis, dass Artemis gerne ein Kind gewollt hätte. Er hatte die Chance gehabt, zwar nicht mit Dante, sondern mit einem fremden Menschenjungen, und hatte diese jedoch nicht ergriffen, weil es falsch gewesen wäre. Artemis war vermutlich das, was einem guten König in vielerlei Hinsichten am nächsten kam. Das was richtig war, kam zuerst.

,,Tut mir leid, dass ich einfach gegangen bin. Du musst dir Sorgen um mich gemacht haben...", Nemesis sprach leise zu seinem Geliebten, obwohl er wusste, dass die anderen beiden ihn sowieso auch hören konnten. 

,,Das muss es nicht. Ich hätte merken sollen, dass du dich nicht wohlfühlst. Falls es dich beruhigt, die Stimmung ist nicht deinetwegen so angespannt. Es ist die Gesamtsituation mit den Wyvern, den Drachen unseren Vätern, Frey. Und natürlich Circus, aber der bildet das geringste Problem.", versicherte Sera ihm und griff nach seiner freien Hand, jene, an welcher er den Ring trug. 

Wenn auch nur in kleinem Maße, die Worte beruhigten ihn. Er wollte nicht den nächsten Keil in diese Familie treiben, indem er noch mehr Probleme verursachte, als es ohnehin schon gab. Er lehnte den Kopf gegen Serafyns Schulter und schloss kurz die Augen. Die Nacht war kurz gewesen, durch seinen kleinen Spaziergang im Garten mit Artemis, welcher genauso müde aussah, wie er vermutlich auch war. 

Sie verbrachten eine weitere Stunde damit, schweigend zu essen.

,,Könnte ich Daemon heute für ein paar Stunden in deiner Obhut lassen? Ich würde gerne wieder ein paar Stunden fliegen.", er wandte sich an Serafyn, ehe er weitersprach: ,,Mit dir, wenn du das möchtest."

Beinahe gleichzeitig, sahen sie zu Artemis, welcher in seiner Bewegung Inne hielt und sie beide musterte, als hätte er einen schlechten Scherz gemacht.

,,Ihr wollte mir wirklich euer Baby überlassen? Habt ihr denn keine Angst, dass ich ihn verliere oder etwas ähnliches?"

Serafyn lachte leise: ,,Behandle ihn wie dein wertvollstes Schmuckstück."

Nemesis war sich sicher, dass Artemis von allen am besten auf sein Baby acht geben würde. 

,,Und wenn er Hunger hat? Von mir wird er nichts bekommen...?"

,,Wir werden nicht lange weg sein. Ich werde mich davor um ihn kümmern, sodass er schlafen wird, wenn er bei dir sein wird. Du müsstest ihn nur halten, wenn er aufwachen sollte."


Im Laufe des Tages war es heiß geworden. Die Sonne brannte am Himmel wie ein gigantischer Feuerball und strahlte eine für Menschen unangenehme Hitze aus. Den Drachen und Wyvern schien diese nichts auszumachen. Serafyn meinte sogar, sie seien dafür gemacht worden, darum spuckten sie ja auch Feuer und nicht Schnee. Daemon lag in seinen Armen und schlief tief und fest. Er hatte dem Baby nur ein dünnes Stoffhemdchen angezogen und natürlich eine Windel, sodass dem Kleinen nicht zu heiß wurde. 

Serafyn schien aufgeregt zu sein, wie ein kleines Kind. Es war lange her, dass sie beide Zeit für sich gehabt hatten. 

Artemis' Gemächer waren auf der anderen Seite der Festung. Er selbst freute sich auch darauf, endlich ein wenig Privatsphäre mit Sera zu haben, vor allem aber darauf endlich in der Wärme der Sonne seine Flügel ausstrecken zu können. Bisher war er nur bei kaltem oder mildem Wetter geflogen, nie aber in der Hitze eines Sommertages. Als er noch jünger gewesen war, hatte er sich immer vorgestellt, seine Flügel auszubreiten und zur Sonne zu fliegen. Er schmunzelte bei dieser Erinnerung und sah kurz auf Daemon in seinen Armen hinunter. 

Er konnte es kaum erwarten, mit Serafyn und ihrem Sohn zu fliegen. 

Nemesis klopfte an die Türe und wartete, bis Artemis sie öffnete. Der Drache trug einen Bademantel und sein Haar fiel in nassen, schwarzen Strähnen herab. Der Wyvern erhaschte einen kurzen Blick auf Dante, welcher sich rücklings auf dem Bett ausgestreckt hatte und sich die Sonne auf die Flügel scheinen ließ. 

Artemis trat zur Seite und ließ sie beide eintreten, sodass Serafyn, welcher Daemons Wiege trug, diese neben dem Bett abstellen konnte. 

,,Wir werden nicht allzu lange weg sein.", er legte den kleinen Drachen in Artemis' Arme und sah zu wie dieser das Baby behutsam in die Wiege legte. Auch wenn es Nem nicht einfach fiel, seinen Sohn hier zu lassen und zu gehen, wusste er, dass Daemon in den besten Händen war. 


,,Ich kann es kaum glauben, dass wir tatsächlich ein wenig Zeit für uns haben." Serafyn hatte sich bereits verwandelt und trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Nemesis wusste, dass der Drache ihn endlich wieder in seiner Wyverngestalt sehen wollte. Es war einige Zeit her, dass Sera ihn so gesehen hatte und er wusste wie sehr der Drache die Farbe seiner Schuppen mochte, wie sehr ihm der schlanke, wendige Körper der Wyvern gefiel. 

,,Nach allem was passiert ist, haben wir uns das verdient.", Serafyn stieß ihn ungeduldig an und blies ihm etwas Rauch ins Gesicht. Nemesis hustete und schüttelte den Kopf. Er verdrehte die Augen und verwandelte sich. Es fühlte sich gut an sich zu streckte und die Flügel auszubreiten. Er schüttelte die Decke von seinem Rücken, welche seinen nackten Körper vor den Blicken der anderen Drachen geschützt hatte und streckte sich durch, von der Schnauze bis hin zur Schwanzspitze.





DrachenblutWhere stories live. Discover now