-chapter 3-

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Eine peinliche Stille herrschte zwischen uns, die er zu unterbrechen versuchte: „Ähm ja, warum seid ihr hierher gezogen?" „Geschäftliche Gründe von meiner Mom", erklärte ich kurz. Wollte er jetzt wirklich Smalltalk führen? „Aha und hast du irgendwie Geschwister oder so", fragte er wieder. Ein großer Kloß bildete sich in meinem Hals und meine Brust schmerzte. „Ja", antwortete ich ohne zu atmen. „Oh cool wie heißt er und geht er auf unsere Schule?" Klar er verstand es nicht, aber ich wollte es ihm auch nicht erklären. Außerdem was kümmerte ihn das? Ich kannte ihn ja nichtmal richtig... „Mason. Er hieß Mason", erwiderte ich trotzdem. „Hieß? Äh- oh...", sagte er und wurde gegen Ende hin immer leiser. Mit gesenktem Kopf und ohne ihn anzusehen erhob ich mich von dem Sessel und verließ den Balkon. In meinem Zimmer schloss ich die Tür und mit einem letzten Blick zu ihm, zog ich die Gardinen zu. Ich wollte weder mit jemandem reden oder Freundschaften knüpfen. Ignorieren. Das würde ich tun. Einfach ignorieren.

„Ich bin da!", trällerte Mom keine Sekunde später durch das Haus. Ich lächelte kurz, drückte die Tränen runter und lief zu ihr runter in die Küche. „Hey mein Schatz wie geht es dir und wie war dein erster Schultag?", fragt sie mit ihrer wundervollen guten Laune. „Mir geht es super und die Schule ist sehr toll. Alle sind super nett und ich habe sogar schon Freunde gefunden!", log ich und das tat ich immer gut. Ich hasste lügen so sehr, aber somit schadete ich ihr nicht und machte ihr keine Sorgen. „Das ist ja toll. Und wollen wir was kochen?", fragte sie grinsend. Ich nickte mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht. Seitdem Dad und Mason gestorben sind, kochten wir Abends meistens zusammen. Natürlich nur, wenn wir beide da waren und Lust dazu hatten. Aber kochen mit ihr machte immer Spaß. „Und wie war deine Arbeit? Musstest ja schon früh hin...", murmelte ich, während ich in ein paar Schränken nach Zutaten suchte. „Bei mir war auch alles gut", antwortete sie glücklich. Das freute mich wirklich. Natürlich hatte sie auch enorm gelitten, als der Autounfall war und sie dabei ihren Mann und ihren Sohn verloren hatte. Manchmal kam es mir auch so vor, als würde sie nur schauspielern. Ich war mir sicher, dass es ihr auch nicht gut ging. Aber wir beide versteckten es voreinander, um den anderen damit nicht noch mehr zu belasten. „Syd? Sydney!", schrie sie mich fast schon an und zog mich aus meinen Gedanken. „Was? Ja- ja was ist?", fragte ich verwirrt. „Die Zwiebeln, kannst du die Zwiebeln schneiden?", lachte sie. „Achso, ja". Ich nahm mir eine und fing an sie zu kleinen Scheiben zu schneiden. Zwischen uns herrschte eine Stille, doch so wie vorhin war sie nicht. Es war eine angenehme, da jeder von uns in seinen eigenen Gedanken schwebte und trotzdem die Aufgaben erledigte.

Eine halbe Stunde später saßen wir am Esstisch und wollten essen. Mom checkte noch irgendetwas am Handy, was mich sehr störte. „Mom, Dad mag es nicht, wenn Handys am Tisch sind", erklärte ich ihr mit einem komischen Unterton. Überrascht schaute sie mich an und nickte dann verständlich. Es war mir selber ein Rätsel, warum ich so sprach, als wäre er hier neben mir, aber statt nur zwei Stühle standen hier auch noch vier - so als ob beide noch hier waren. Die Nudeln, die ich gerade aß, waren meine erste Mahlzeit an dem heutigen Tag. Die Pfannkuchen lagen noch irgendwo tief in meinem Rücksack. Komischerweise hatte ich immer noch keinen Hunger, aber nun musste ich was essen...
„Mom, ich habe morgen einen Block länger Schule und könnte in der Schulcafeteria essen", sagte ich, obwohl ich eigentlich nicht vor allen etwas essen wollte. „Das ist eine gute Idee. Dann kannst du auch mit deinen Freunden essen und über Mädelskram reden", stimmte sie zu und zwinkerte kurz. Ich lächelte nur kurz und kaute dann weiter auf meinen Nudeln rum. „Bisschen Gesellschaft von anderen in deinem Alter tut dir bestimmt gut", fügte sie noch hinzu.

Als wir beide aufgegessen hatten fragte sie: „Möchtest du noch einen Nachtisch?" „Oh nein wirklich nicht, ich bin echt satt", lehnte ich schnell ab und erhob dazu meine Hände. „Okay meine Kleine, geh bald schlafen, sonst ärgerst du dich morgen früh". Wieder lächelte ich und stimmte mit einem Nicken zu. „Aber brauchst du noch Hilfe? Vielleicht beim Abwaschen oder so?", hakte ich nochmal nach. Sie legte ihren Kopf schief und schmunzelte verwirrt. „Nein Syd... aber danke". Somit lief ich die Treppen hoch in mein Zimmer. An meiner Tür angelehnt schloss ich meine Augen und seufzte. Die Schule war weder gut, noch hatte ich Freunde oder wollte mit ihnen etwas essen.  Ich wollte einfach dieses Schuljahr so schnell wie möglich hinter mir haben. Und das alles ohne Komplikationen bitte. Ich öffnete meine Augen wieder und schaute stumpf geradeaus. Durch einen kleinen Spalt konnte ich den Jungen - Aiden - in seinem Zimmer sehen. Ich trat näher ran und beobachtete ihn. Als er sein Shirt auszog, drehte ich mich schnell um und zog scharf die Luft ein. Schon heute morgen kam ich mir wie ein Stalker vor. Aber das? Das war ja eher Spannern. Völlig durcheinander machte ich mich bettfertig und kuschelte mich am Ende des Tages ins Bett. Nach gefühlten Stunden akzeptierte ich, dass ich nicht schlafen konnte. Warum auch immer lagen meine Gedanken bei Aiden. Er erinnerte mich zwar an Mason, aber auch ein wenig an ihn. Deswegen hatte ich so große Angst. Er ähnelte beiden und ich wusste nicht, wie dieser Typ letztendlich wirklich war. Aber das Kribbeln, als sich unsere Beine berührt hatten, nahm ich mal als negatives Zeichen. Angestrengt versuchte ich doch einzuschlafen und es klappte sogar. Ich fiel in einen unruhigen Schlaf mit einem Albtraum.

Er stand vor mir. Wie immer waren seine Gesichtszüge angespannt und ich bereitete mich darauf vor, was gleich passieren würde. Es war weder das erste Mal, noch wunderte ich mich, dass dies passierte. In der Cafeteria hatte ich mit einem anderen Jungen Augenkontakt und das lange. Kein Wunder, dass er wütend war. Das war schließlich ganz alleine meine Schuld. Ich wusste, dass ich nur ihn anschauen durfte und auch nur ihn. Ich wusste es und trotzdem brach ich seine Regel. Das bedeutete Strafe und ich hatte es verdient. Warum, warum nur war ich so dumm und habe diesen Jungen angeguckt!? Schwer atmend schloss ich meine brennenden Augen und machte mich bereit. „Bitte", flüsterte ich leise und war mir unsicher, ob er das überhaupt hörte. Doch er hatte es gehört. „Bitte was", hakte er wütend nach. „Bitte nicht...", bettelte ich unter Tränen. „Du weißt, dass du es verdient hast. Du hast meine Regeln missachtet und noch eine Frage nebenbei... was zur Hölle hattest du heute überhaupt an!?", fluchte er und schlug gegen die Wand neben mir. Ich zuckte zusammen und zitterte am ganzen Körper. „Ich- ich habe mir gestern ein neues Top gekauft und wollte es heute anziehen", antwortete ich kleinlaut und verängstigt. „Soso... du dachtest also, dass du, du?! ein verdammtes Top anziehen kannst?! Zum einen sah es hässlich an dir aus und zum anderen hast du deinen Körper wie eine verdammte Schlampe präsentiert!", schrie er mich weiter an und spuckte während er redete. „Ich weiß es- es tut mir...", erwiderte ich, doch kam nicht bis zum Schluss. Der nur zu bekannte Schmerz prickelte in meiner Wange und ich spürte, wie Blut aus meiner Nase trat. „Das ist alles deine Schuld und das weißt du! Wer nicht hören kann, muss eben fühlen!", brüllte er und spukte von oben herab vor meine Füße. Es war meine Schuld...

Verschreckt erwachte ich aus diesem Horror von Traum. „Es war alles meine Schuld...", flüsterte ich und fasste an meine Wangen. Wieder einmal weinte ich und das alleine. Würde Mason noch leben, hätte er mich getröstet und in den Arm genommen. Er hätte mir übers Haar gestrichen und mir beruhigende Worte ins Ohr geflüstert.
Ich rollte mich zusammen und sehnte mich nach seinen Umarmungen. Mit einem Gefühl von schwerer Einsamkeit fiel ich erneut in den Schlaf. Nicht wissend, wie ich den morgigen Tag überstehen sollte.

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Oh mein Gott Leute!!
Ich freue mich so unfassbar, dass schon einige Leute meine ersten Kapitel gelesen haben und für mich sehr motivierende Kommentare geschrieben haben!! Danke <333

The fear of loveWhere stories live. Discover now