-chapter 11-

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Mir war plötzlich ganz komisch. Mein Herz raste und mein Atmen war unregelmäßig und schwer. Als er mir seinen Rücken zu wand, fuhr ich wieder nervös durch meine Haare. Das kribbelnde Gefühl aus meinem Bauch wollte nicht verschwinden. Die Reaktion meines Körpers auf keine Ahnung was verwunderte mich sehr stark. Ich folgte ihm einfach ihn die Küche und stand nutzlos rum. „Was möchtest du essen?", fragte er und starrte wieder in meine Augen. Ich brach den Kontakt ab und zuckte mit den Schultern. „Okay, magst du Nudeln?", fragte er. „Ja, ist okay", antwortete ich schwach nickend. Er lächelte und kramte aus verschiedenen Schränken und Schubladen Sachen, die wir brauchten, heraus. „Du kannst dich hinsetzten, ich krieg das schnell alleine hin", erklärte er mir und kochte Wasser auf. Ich setzte mich auf einen Stuhl an der Theke und beobachtete ihn. Seine Augen sahen aus wie ein funkelnder Ozean und seine Haare wie die pechschwarze Nacht. Er spannte seine Kiefermuskeln manchmal an, die dadurch noch mehr heraus stachen. Kochen konnte er. „Du starrst", sagte er grinsend. „Was? Nein tu ich nicht! Ich gucke dir nur beim Kochen zu", sagte ich und wurde gegen Ende hin leiser. „Jaja", murmelte er mit dem selben Grinsen, das sehr triumphierend aussah. „Wie geht es dir?", fragte er nun ernster. „Mir? Mir geht es gut", versicherte ich, doch es war eine reine Lüge. „Allgemein oder nur jetzt?", fragte er unbehindert weiter. „Allgemein", log ich wieder. „Sicher?"
Ich nickte nur und fummelte dann an meinen Händen herum. „Lügen kannst du halbwegs gut", sagte er. Er hatte wieder meine volle Aufmerksamkeit, doch er kochte einfach weiter. „Was hast du gesagt?", fragte ich nachdrücklich. „Lügen...", sagte er, drehte sich um und schaute mich an „Lügen kannst du halbwegs gut".
Dieser Satz überraschte mich auf verschiedenen Ebenen. Einmal weil er wusste, dass ich log, dann weil er sagte ich konnte es gut, obwohl er es wusste und einfach weil er damit mehr über mich wusste als meine Mom. „Ich weiß, dass du lügst", sagte er und kam näher. Eine erneute Gänsehaut bildete sich auf meiner Haut und das Kribbeln in meinem Bauch kam zurück. „Dennoch kannst du es gut", flüsterte er, als er immer näher und näher kam. „Bitte", flüsterte ich ebenfalls. „Bitte was?", fragte er leise. Ich riss meine Augen auf und wich zurück. „Was ist denn los?", fragte er verwirrt. Ich bekam ein Deja vu...von ihm. Er sagte damals genau das Selbe und was danach passierte wusste ich noch ganz genau. Tränen bildeten sich in meinen Augen und waren kurz davor aus meinen Augen zu strömen. „Sydney was ist los? Hab ich was schlimmes gemacht? Hast du irgendwas vergessen oder nicht gemacht? Sydney!", redete Aiden auf mich ein. Ich schüttelte mehrmals den Kopf und trat weiter nach hinten. Er fixierte mich weiter mit seinen Augen und versuchte wohlmöglich meine Gedanken zu lesen. Sein Gesicht änderte sich plötzlich und wurde weicher und sein Ausdruck zärtlicher. Er kam mit schnelleren Schritten auf mich zu und umschlang mitten aus dem Nichts meinen zierlichen Körper. Ich zitterte vor Angst, doch sobald ich seinen ruhigen Herzschlag hörte und er sanft über meinen Rücken und meine Haare strich, wurde ich ruhiger und ruhiger. „Was soll das?", fragte ich mit einer versagten Stimme. „Ich glaube das brauchtest du mal...was ist nur mit dir los?", murmelte er. Aiden löste sich von mir und schaute in meine Augen. „Man sieht das", sagte er nur, strich über meine Wange und ging zurück zum Herd. Ich stand starr am selben Fleck und bewegte mich nicht. „Hast du Angst vor mir?", fragte er verbittert. „Nein, nein Aiden! Es ist nur...", stritt ich ab, doch er drehte sich prompt wieder zu mir. „Was ist denn nur? Hast du Angst vor jemand anderem? Was ist passiert, dass du immer nur Angst hast? Ich verstehe dich nicht", sagte er und drehte wieder um. Einen kurzen Moment stand ich noch an der Stelle, doch dann verließ ich die Küche und ging schnellen Schrittes zu der Haustür. „Sydney?", hört ich von drinnen, ging aber unbeirrt weiter und lief einfach durch die Straßen der Nachbarschaft, da Mom sich Zeit ließ und keine Ahnung wo war. Sie hatte wahrscheinlich bessere Sachen zu tun, anstatt sich um ihre Tochter zu kümmern. Klar, sie hatte ihren Mann und ihren Sohn verloren und verdiente es mit einem anderen Mann wieder glücklich zu sein. Aber ich hatte auch meine Vater und meinen Bruder verloren. Was ist mit mir?

Nach einer halben Stunde war ich wieder bei meinem Haus angekommen und blickte hoch zu Aidens Zimmer. Er saß auf seinem Bett und sah nicht so entspannt aus. Ich blickte in die Einfahrt unseres Hauses und sah kein Auto, was ich mir hätte denken können. Ich setzte mich auf die Fußmatte vor der Haustür und lehnte den Kopf an. Gerade aus schien die Sonne auf die Baumkronen und einige Vögel folgen über dem Wald. Ich beobachtete sie eine Weile, bis ich mein Handy in die Hand nahm. Es waren ganz schön viele Nachrichten von Aiden.

Aiden: Wo bist du hin?
Bist raus gegangen??
Alles gut? Was hab den falsch gemacht!
Wo bist du!?
Hallo??
Früher oder später kommst du zurück
Deine Mom ist nämlich noch nicht da ;)
Man Sydney das ist nicht witzig!
Komm jetzt zurück bitte
Die Nudeln sind schon fertig

Und noch viele weitere kamen danach. Ich fühlte mich schon ein wenig schlecht, aber da drin hatte es sich so angefühlt, als ob mein Kopf vor Erinnerungen zerbrechen würde. Ich las mir jede Nachricht von ihm durch und fühlte mich von Mal zu Mal schlechter. Er tut alles, um mir zu helfen und ich renne immer davon. Vielleicht muss ich ihm auch einfach etwas zurückgeben? Oder wollte ich das auch für mich machen?

Ich: Ist ja schon gut, entspann dich! Ich war nur kurz spazieren. Vielleicht hast du es einfach nicht gehört, als ich es dir gesagt habe.

Dass ich es ihm gesagt hatte, war natürlich eine Lüge, doch anders konnte ich mein Verhalten nicht erklären.

Aiden: Wo bist du jetzt?? Ich hole dich ab. Wieso rennst du auch einfach so weg. Zu dir kannst du eh nicht.

Das stimmte. Ich musste zugeben, dass ich keine große Lust hatte, hier noch Tage auf Mom zu warten.
Ich erhob mich und ging seufzend zu Aidens Haus. Als ich klingelte guckte ich auf den Boden und biss auf meiner Lippe herum. Schon nach wenigen Sekunden wurde die Tür aufgerissen und ich am Arm reingezogen. Aiden presste mich gegen die Wand und schaute mich durch verengte Augen an. Ich konnte ihm nicht lange in die Augen gucken. „Hör auf zu verschwinden und nicht zu sagen, wo du bist!", brüllte er mich wütend an und löste Tränen bei mir aus. Wutentbrannt schrie ich zurück: „Du bist weder mein Freund, noch mein Beschützer, Bruder oder gar Vater!" „Aber momentan kann sich niemand um dich kümmern!", sagte er laut und schlug neben meinen Kopf an die Wand. Ich zuckte stark zusammen und kniff die Augen zusammen. „Hör einfach auf so stur zu sein und lass dir einmal helfen", erklärte er verzweifelt und seufzte dabei. „Ich brauche deine Hilfe aber nicht!", schrie ich ihn weiter an. Er atmete tief ein und aus und redete nun ruhiger auf mich ein: „Sydney...was auch immer ich getan habe, es tut mir Leid. Aber erkläre es mir doch einfach. Ich will dich doch nur verstehen". „Das wirst du nicht", murmelte ich leise, doch seine Gesichtszüge signalisierten mir, dass er es sehr gut verstanden hatte. „Ich habe gesehen, dass dir jemand weh getan hatte und ich weiß auch, dass sowas nicht mehr passieren wird. Aber vor mir brauchst du doch keine Angst zu haben", erklärte er und legte seine Hände wieder an meine Wangen. Das Gefühl dabei durchzuckte meine Haut wie 1000 Stromschläge. Aiden schloss seine Augen und drehte mir erneut seinen Rücken zu. „Pack die Nudeln in die Mikrowelle, wenn sie dir zu kalt sind. Solange deine Mom nicht auftaucht, bleibst du bei mir", sagte er bestimmt und raufte sich seine Haare.

Heute war ein sehr unangenehmer Tag und ich wettete, dass er noch unangenehmer werden würde...

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Nachdem ich die Arbeiten für diese Woche hinter mir habe, kann ich mich wieder auf wichtige Sachen wie das Schreiben dieses Kapitels konzentrieren :))
Leider ist es mit den Arbeiten nächste Woche genau so wie diese Woche. Das heißt es kommt vielleicht nicht soo viel.
Das nächste Kapitel werde ich aus der Sicht von Aiden schreiben. Dann bekommt man auch einen kleinen Einblick, was er denkt.

The fear of loveWhere stories live. Discover now