-chapter 5-

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„Bist du alleine zu Hause?", fragte er, sobald wir in seiner Einfahrt standen. „Ja ich denke schon... wieso?", erwiderte ich auf seine Frage. „Ich hab gesehen, dass du dein Sandwich weggeworfen hast. Keine Ahnung warum, aber du kannst auch bei mir mit essen", sagte er und klang dabei wieder ziemlich monoton. „Oh nein, nein ich hatte einfach keinen Hunger mehr und ich esse eh heute Abend mit meiner Mutter", antwortete ich schnell, um endlich zu mir nach Hause zu kommen. „Aber-", versuchte er erneut, aber ich schnitt ihm das Wort ab: „Nein. Ich möchte nicht bei dir mitessen, danke". Er schaute irgendwie grimmig, was mich ziemlich verwunderte. „Trotzdem danke für's Mitnehmen", sagte ich verwirrt. „Kein Problem", antwortete er und drehte mir daraufhin seinen Rücken zu. Auch ich ging nach Hause und wollte mich ein wenig ausruhen.

Nach ein paar Hausaufgaben von gestern und der ersten Stunde von heute, schmiss ich mich auf mein Bett und starrte an die Wand. Nach kurzer Zeit blickte ich raus aus dem Fenster und konnte Aiden beobachten. Er saß auf dem Bett und unterhielt sich mit noch 4 anderen Jungs. Eigentlich sollte mich das gar nicht interessieren, doch als sich einer von denen leicht drehte, konnte ich ihn erkennen und ich hätte damit niemals gerechnet. Jackson, der Typ aus der Cafeteria, saß ganz gemütlich auf einem Sessel und unterhielt sich mit den anderen. Er ließ seinen Blick lässig durch den Raum schweifen und guckte mir dann durch beide Fenster tief in die Augen. Es verwunderte mich, aber er grinste, redete dann kurz mit Aiden, der daraufhin die Gardinen zuzog. Nun war ich komplett verwirrt. In der Cafeteria sah es so aus, als wären sie eher nicht so gut befreundet. Aber jetzt saßen sie da beide und unterhielten sich wie die besten Freunde, so als wäre nie etwas passiert. Ich schüttelte den Kopf und und zog meine Augenbrauen dabei nachdenklich zusammen. Schlussendlich sollten mich diese Jungs eh alle nicht interessieren. Keine Jungs, kein Vertrauen und keine Liebe. Doch wie sehr ich mich nach ihr sehnte. Es schmerzte mich alleine bei dem Gedanken an sie. Ich wollte sie so sehr von der richtigen Person spüren, doch für mich existierte diese Person nicht. Für Liebe war ich nicht bestimmt. Alleine für's Leben war ich da. Das war ich sowohl meinem Bruder, meinem Dad und meiner Mom schuldig. Und solange Mom noch leben wird, solange werde auch ich leben. Ich muss es für sie tun, denn alleine kann ich sie nicht lassen. Sie würde, wie ich auch, an ihren Gedanken zerbreche und zerfallen. Das hatte sie nicht verdient. Nicht meine Mom. Kein Mensch war so liebenswert und sorgsam wie sie es war.
Ich blinzelte paar mal, denn beim Nachdenken habe ich meinen Fokus verloren und alles um mich herum vergessen. Für einen kurzen Moment dachte ich nach und stand dann auf. Von unten aus dem Wohnzimmer holte ich ein paar Kisten und schleppte sie in mein Zimmer. In einer Kiste waren Stapel von Büchern, in denen ich mich vor der Realität verstecken und schützen konnte. In irgendeinem Raum war auch noch mein Bücherregal, doch es war nicht zusammengeschraubt und ich konnte das nicht. Mir konnte auch niemand helfen und wann Mom wiederkommen würde, wusste ich auch nicht. Dennoch nahm ich ein Buch aus der Kiste und blätterte zufrieden über Stunden hinweg durch das Buch. Dabei vergaß ich komplett die Zeit und als ich auf die Uhr blickte war es 23:30 Uhr. Es wunderte mich stark, dass ich noch keinen Schlüssel gehört hatte. Dies bedeutete, dass Mom noch unterwegs sein musste. Ein wenig nervös las ich weiter, doch dieses Mal konnte ich mich nicht richtig konzentrieren. Ständig kamen Gedanken in mein Kopf geschossen. ,Was ist, wenn ihr etwas passiert ist?' ,Was wenn sie aufgehalten wurde und nicht nach Hause kommen konnte?' ‚Wann kommt sie denn endlich?'.

Ich musste wohl eingeschlafen sein, denn als ich das nächste Mal aufwachte, war es 3:56 Uhr und ich hörte tatsächlich die Schlüssel im Türschloss. So schnell ich konnte stürmte ich runter und sah Mom wild knutschend mit einem Typen im Flur. Ich erstarrte ich blieb am Fuße der Treppe stocksteif stehen. Meine Freunde verblasste und meine Kinnlade fiel runter. Anscheinend bemerkten sie mich nicht, denn sie fuhren trotz allem fort. Ohne jegliche Gedanken trottete ich die Treppen hoch in mein Zimmer ich ließ mich auf mein Bett fallen. „Das ist nur ein Traum", murmelte ich, während ich die Decke anstarrte. Verzweifelt kniff ich meine Augen zusammen und versuchte erneut einzuschlafen.

In dieser Nacht hatte ich keinen weiteren Schlaf gefunden. Ständig hatte ich mich gewälzt und bekam die Bilder nicht aus dem Kopf, wie meine, meine Mom mit einem fremden Mann knutschte und es höchstwahrscheinlich nicht nur dabei geblieben war.
Nun war ich auf dem Weg zur Schule und dröhnte meinen Kopf mit Musik voll. Ich lief wie gestern und vorgestern auch an dem Wald vorbei und musste dabei wieder an Mason denken. Aber auch automatisch an ihn, da er Masons bester Freund war und somit sehr oft bei uns war.
Lange konnte ich nicht mehr nachdenken, da ich auch schon vor der Schule angekommen war. Wieder mit gesenktem Kopf betrat ich das Schulgebäude und drängte mich durch die Schülermasse. Als ich bei meinem Spind ankam holte ich schnell meine Bücher und schloss die Spindtür wieder. Ich erschrak, da dahinter Aiden mit einem süffisanten Grinsen stand. „Was willst du?", fragte ich emotionslos. „Ich wollte dich nur zu Mathe begleiten, immerhin haben wir das Fach gemeinsam und da dachte ich mir, dass wir da auch zusammen hingehen können", erklärte er schulterzuckend, aber dennoch mit seinem Grinsen. Irgendwie war er merkwürdig, aber irgendetwas an ihm faszinierte mich. Ob es dieses freche Grinsen, seine blauen Augen, die im Gegensatz zu meinen ein wundervolles Blau hatten oder diese verwuschelten Haare waren.... Als ich meine Gedanken begriff, schüttelte ich schnell meinen Kopf, um diese zu vertreiben. Das machte ich immer, wenn ich Gedanken nicht in meinem Kopf haben wollte. Aber vielleicht zog mich auch etwas an ihm an, was nicht mit seinem Äußerlichen zu tun hatte. Nein. Das war Quatsch. Ich konnte nicht lieben und auch nicht geliebt werden. Außerdem kannte ich Aiden überhaupt nicht und in den ersten zwei Tagen war er schon ziemlich nervig.
„Lady's first", sagte er und machte eine Geste, die bedeuten sollte, dass ich in das Klassenzimmer treten sollte. Ich verdrehte die Augen und schlurfte zu meinem Platz. Es schien mir sehr suspekt, dass er schon seit Anfang an so nett und aufmerksam war. Sowas war doch eigentlich nicht normal oder?
Mr. White erschien wieder und startete mit seinem Unterricht. Ich versuchte mich sehr stark zu konzentrieren, aber Aiden schaute mich ständig von der Seite an und das machte mich irgendwie nervös. Manchmal guckte ich ihn im Augenwinkel an und es ließ mich ein wenig schmunzeln, dass er lächelte, als er mich anguckte. Langsam verstand ich meine eigenen Gedanken nicht mehr. Was wollte dieser Typ und warum reagierte ich so komisch auf alles, was er tat. Auf eine gewisse Art machte mir das sogar Angst...

Mittlerweile waren alle Stunden vorbei und ich war auf dem Weg nach Hause. Meine Mom würde wahrscheinlich wieder spät am Abend nach Hause kommen, also beschloss ich ein bisschen im Wald herumzulaufen. Je tiefer ich rein ging, desto leiser wurden die Stadtgeräusche und die Geräusche des Waldes lauter. Ich fand einen ziemlich schönen Platz an einem kleinen Bach mit einer Bank. Aus der Schulbibliothek hatte ich mir ein Buch ausgeliehen und kramte gerade danach. Doch stattdessen fand ich ein kleines Armband. Mein Atem stockte und meine Hände zitterten, als ich das Armband näher zu meinem Gesicht brachte. Dieses Armband hatte mir mein Bruder vor Jahren geschenkt.... Kaum zu glauben, aber selbst nach 2 Jahren dachte ich an nichts andres mehr, außer an den Autounfall. Ich war sauer auf mich. Sauer weil ich die Chance hatte zu leben und dennoch wünschte ich würde es nicht.
Mitten aus dem Nichts schrie ich alles raus. Die ganze Wut auf mich selber, auf andere und auf das Leben. Ich schrie den ganzen Schmerz und das ganze Leid heraus, was ich Tag und Nacht mit mir schleppte. Ich schrie mir die Seele aus dem Leib, mit der Hoffnung, dass es danach besser werden würde. Mein Körper fühlte sich leblos an und meine Sinne waren taub.
Erst als ich aufhörte zu schreien, spürte ich zwei Arme, die mich hielten. Die Wärme von diesem Menschen ließ eine Gänsehaut auf meiner Haut bilden. Meine Augen hatte ich die ganze Zeit noch zugekniffen und wusste nicht, von wem die Wärme ausging. Ich hatte ein komisches Gefühl...
Mason?

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Sorry, dass paar Tage lang nichts kam, aber über Weihnachten und Silvester habe ich eine kleine Pause eingelegt. Nächste Woche kommt wieder mehr <3
Wie fandet ihr das Kapitel und was haltet ihr von Aiden?

The fear of loveWhere stories live. Discover now