-chapter 18-

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„Hey", sagte ich lächelnd und legte mein Buch zur Seite. „Also warum schwimmst du nicht mit? Du kannst ja jetzt auch mit uns allen schwimmen gehen", sagte Aiden und legte sich neben mich hin. „Nein ich schwimme einfach nicht gerne", antwortete ich und schaute ihn wahrheitsgemäß an. Er allerdings sah nicht so aus, als würde er mir glauben. Durchdringend starrte er mir in meine Augen, so als ob er versuchte meine Gedanken zu lesen. Ich schaute weg und sah zu meinen und Aidens Freunden, die sich im See vergnügten. Wieder lächelte ich und schaute ihnen einfach nur zu. „Und du willst wirklich nicht mit?", fragte Aiden erneut, aber wieder schüttelte ich mit dem Kopf. „Na gut", sagte er und grinste. Meine linke Augenbraue hob sich misstrauisch hoch, da ich wusste, dass er irgendetwas vor hatte. „Ich gehe jetzt ins Wasser, aber mit dir wäre es so viel schöner...", sagte er gespielt grübelnd. „Hmm, wie wäre es damit?", sagte er und grinste wieder. Er stand auf, doch bevor er auf die Füße kam, hatte er mich schon auf dem Arm und ging mit mir auf den See zu. Natürlich wehrte ich mich - zappelte, sagte ihm, dass er mich runter lassen sollte, aber er hörte nicht und lief unbeirrt weiter.
Meine einzige Sorge war mein T-Shirt. Es war weiß und wenn es nass werden würde, könnte man jedes einzelne Detail an meiner Haut erkennen... dazu meine Unterwäsche.
„Aiden lass mich runter!", schrie ich ihn immer weiter an und fing schon an auf ihn einzuschlagen. Nichts brachte etwas. Er steuerte auf einen Steg zu und lief bis ans Ende von ihm. Ein letztes Mal schaute ich ihn seine Augen, bis er mich lachend ins Wasser schmiss. Ich spürte das Wasser, wie es auf meinen Rücken traf und meinen Körper dann immer weiter aufnahm. Mein Kopf schaltete sich aus und das einzige, woran ich denken konnte war, dass Haylie, Blue, Amy, Clair, Jackson, Andrew und Aidens andere Freunde, die ich noch nicht kannte, meinen Körper unter dem nassen Stoff sehen könnten. Bei diesem Gedanken wurde ich rasend vor Wut. Aiden hatte es geschafft, mich vor allen bloßstellen zu können.
In diesen paar Sekunden, die ich unter der Wasseroberfläche war, sah ich Aiden, wie er sich vor Lachen den Bauch hielt und Jackson, der lachend daneben stand. Wütend schlug ich das Wasser mit meinen Beinen auf und tauchte auf. Wütend funkelte ich ihn an und schrie: „Bist du eigentlich komplett bescheuert!?"
Ich schaute mich um und jeder einzelne von ihnen lachte. Ich schwamm zum Strand und stampfte raus. Das T-Shirt klebte an meinem Körper und ich verschränkte meine Arme vor meinem Bauch.
Da alle hinter mir im Wasser waren, konnten sie maximal meinen Rücken mit meiner Unterwäsche sehen - zu meinem Glück. Ich ging zu unseren Handtüchern und schnappte mir sofort meins und wickelte es um mich herum. „Sei doch keine Spaßbremse", rief ein Freund von Aiden, der vorne auf dem Steg saß. Ich gab ihn einen sehr wütenden Blick und ging mit meinem Handtuch auf ihn zu. Er grinste und stand auf. Ich musste meinen Kopf weit in den Nacken legen, was er anscheinend witzig fand. „Wir hatten noch nicht das Vergnügen", sagte ich gekünstelt und kniff meine Augen zusammen. „Äh doch, da warst du aber stock besoffen", lachte er und schaute mich von oben bis unten an. Das nächste, was man hörte war kein Wort...es war ein Knallen. Meine Hand holte aus knallte auf seine Wange. Zerknirscht wendete er sein Gesicht zu mir und grinste verbittert. Ich konnte mein Herz hören, wie es gegen meine Brust schlug. Nun kniff er seine Augen zusammen. Danach ging alles ganz schnell.... Seine Augen entwichen einen kurzen Augenblick meinen, er grinste und dann spürte ich seine Hand an meiner Schulter. In der nächsten Sekunde hatte er das Handtuch in der Hand und ich stand mit dem durchnässten T-Shirt vor ihm. Es klebte weiterhin eng und durchsichtig an meiner Haut. Jetzt hingen seine Augen eindeutig auf meinem Körper.
Das letzte Mal, dass mich Jaxon angerührt hat, war zwei Wochen her. Die blauen Flecke waren schon recht gut verblasst, aber rötliche Narben waren immer noch auf meinem Körper verteilt - unter anderem auf meinem Bauch. Er hatte es bewusst so gemacht, dass man es nicht schnell sehen würde. Also an Stellen auf meinem Körper, die von Klamotten bedeckt waren.
Diese Narben konnte man unter dem klitschnassen T-Shirt gut sehen.... Dazu änderten sie die Farbe bei der Berührung von Wasser ganz leicht.
Der Junge vor mir starrte einfach weiter. Ich ließ meinen Blick zu den anderen schweifen. Es waren teilweise gleiche Gesichtsausdrücke - überrascht, verwirrt, mitleidig, geschockt, fragend. Haylie guckte mich mit großen Augen an und verzog ihr Gesicht, so als ob sie den Schmerz selber fühlen konnte. Bei Blue, Amy und Clair waren es die selben Reaktionen. Andrew und ein anderer Freund von Aiden, die bei den Mädchen im Wasser standen, guckten mich verwirrt an, ehe sie sich gegenseitig anguckten und danach wieder zu mir. Jackson stand hinter dem Jungen, der vor mir stand und schaute mitleidig und geschockt. Aiden sah wütend aus. Wütend? Warum auch immer er wütend war... war er auf sich selber wütend oder auf den Jungen, der mein Handtuch verkrampft in seiner Hand fest hielt. Neben der Wut konnte ich ein Gemisch aus Reue, Schmerz und Angst in seinen Augen sehen. Er hatte sie schon einmal gesehen. Er hatte sie ohne ein nassen T-Shirt gesehen. Doch an diesem Tag hatte er nicht die Reaktion, wie jetzt. Vielleicht hatte er sie auch durch die Fenster nicht so gut sehen können.
Weitere Gedanken schossen auf einmal durch meinen Kopf. Dabei schien die Zeit stehen zu bleiben. Das Wasser wurde ruhig und das fröhliche Gelächter war schon längst verklungen. Es lagen alle Augen weiter auf mir.
„Sydney... hör zu...", flüsterte der Junge vor mir, doch ich riss ihm einfach das Handtuch weg und hielt es schützend vor mich. Ich schenkte jedem einzelnen einen letzten Blick und rannte danach zu meiner Tasche. Ohne stehen zu bleiben, schnappte ich sie mir und lief einfach davon. Ich wollte von keinem eine Erklärung, eine Entschuldigung oder auch nur Mitleid. Tränen bahnten sich in meine Augen. Ich wollte einfach weg. Zu Fuß würde es nach Hause eine Ewigkeit dauern, wenn es mit dem Auto schon eine halbe Stunde gedauert hatte. Doch das nahm ich auf mich. Ich lief über Feldwege und Landstraßen. Es fing langsam an zu dämmern und der Mond und die ersten Sterne waren zu sehen. Meine Beine wurden immer müder und mein Hunger- und Durstgefühl stärker.
Einige Autos fuhren an mir vorbei und ich streckte meinen Arm raus, in der Hoffnung, dass jemand mich mitnehmen würde. Und tatsächlich wurde irgendwann ein Auto neben mir langsamer und hielt an. Erleichtert atmete ich aus und bedankte mich bei der älteren Frau, die mich warm anlächelte. Sofort stieg ich ein und sie nahm mich mit in die Stadt. Während der Fahrt guckte ich aus dem Fenster und schaute in die Sterne.
Als wir in der Innenstadt angelangt waren, bedankte ich mich und stieg aus. Von hier aus würde es vielleicht zwanzig Minuten dauern, bis ich zu Hause wäre. Müde schleppte ich mich weiter durch die Straßen, bis ich endlich vor meiner Haustür stand. Mein Finger wanderte zur Klingel und nach kurzem Warten öffnete Mom die Tür. „Hallo mein Schatz", sagte sie schwach lächelnd und ließ mich rein. „Hey Mom", antwortete ich leise. „Komm wir kochen etwas", sagte sie und ging mit mir in die Küche. Zwischen uns war immer noch eine unangenehme Stille, die wir versuchten mit ein wenig Musik zu verdrängen.

Als wir fertig gekocht und gegessen hatten, ging ich nach oben in mein Zimmer und legte mich sofort in mein Bett. Ich kuschelte mich in meine warme Decke. Das zuvor nasse T-Shirt war über die Stunden getrocknet und ich hatte kein Problem damit zu schlafen. Bevor ich in den Schlaf fiel, guckte ich unter das Shirt und fuhr mit meinen Fingern über die für immer bleibende Erinnerungen an Jaxon.

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Leider ist das letzte Kapitel schon 6 Tage her, aber hier ist das nächste :))
Hoffe es gefällt euch <33
Ich versuche wieder regelmäßiger zu schreiben

The fear of loveWhere stories live. Discover now