-epilog-

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Das alles war nun mittlerweile über fünf Jahre her. Und was sollte ich sagen... Ab da an verlief mein Leben endlich so, wie ich es immer wollte. Tatsächlich hatte ich von meiner Mutter nichts mehr gehört. Das hinderte mich aber nicht daran glücklich zu sein. Ich liebte jeden Tag zusammen mit der Henderson Familie. Es kam kein einziges Mal zu Streitereien. Ich war viel zu dankbar, als dass ich ihnen irgendetwas verübeln konnte.
Die Wochen nach dem Amoklauf waren für mich die reinste Hölle. Überall sah ich Jaxons Leiche und das ganze Blut. Albträume suchten mich heim und jedes Mal, wenn ich in der Schule war und in genau der Toilette saß oder durch den Flur lief, musste ich an ihn denken. In dieser Zeit gab mir jeder von ihnen Kraft. Auch meine Therapiesitzungen gingen weiter und halfen mir all die Geschehnisse zu verarbeiten.
In der Schule wurde ich damals natürlich sehr viel angeguckt... Es hatte sich schnell herumgesprochen, dass ich den Amokläufer getötet hatte. Mehr wussten sie nicht. Die Leiche wurde bedeckt, bevor die Schüler aus der Schule gescheucht wurden. Trotzdem wusste man natürlich, dass dadrunter ein toter Körper lag.
Ich ließ mich davon nicht einschüchtern und zog durch. Ich strengte mich noch mehr für die Schule an und arbeitete an mir selber. Von der Sydney Evans, die neu in die Stadt gezogen war und weder Freunde, noch Liebe finden wollte, war nichts mehr übrig. Das letzte Stück von ihr ließ ich am Grab meines Bruders und meines Vaters. Aiden hatte mich ein paar Monate nach dem Amoklauf nach London begleitet und die beiden mit mir besucht. Es war schwer für mich, aber mein Herz wurde immer leichter mit jedem Ereignis, das ich ihnen schilderte. Aiden ließ mich alleine mit den beiden reden, wenn ich es wollte und wenn ich Unterstützung brauchte, war er sofort zur Stelle und sprach mir Mut zu. So wie er es nach dem Amoklauf tat... und nach den Albträumen, nach anstrengenden Therapiesitzungen oder Panikattacken. Jedes einzelne Mal war er da. Ich war bei ihm sicher, genau wie er es bei all den Momenten gesagt hatte.
Egal wie schwer das halbe Jahr nach Jaxons Tod war, es machte mich aus. Ich würde meine Erinnerungen niemals aus meinem Leben verbannen. Vielleicht wäre ich dann immer noch die Sydney vom ersten Schultag des letzten Schuljahres.

Ich durfte den Traum jedes Mädchens ausleben - den Prom. Natürlich hatte ich ihn mit Aiden als meinen Partner und den anderen verbracht. Wir hatten an dem Abend eine wundervolle Zeit. Besonders witzig war es, als Haylie Aiden erzählte, dass sie Jackson schon seit einer Weile datet. Er konnte dagegen nichts sagen... Er hatte sich damals auch in die beste Freundin seiner Schwester verliebt. Aiden war nicht lange grimmig. Nachdem es einen langen und ruhigen Tanz gab, war er wieder glücklich und hatte all seine Sorgen aus seinem Kopf verbannt. Hätte mir mein damaliges Ich meinem Ich von dem ersten Schultag gesagt, dass nur ein Jahr später mich ein Junge so angucken würde, hätte ich es nicht geglaubt. Es war mir bis heute ein Rätsel, wie jemand so viel Ausdruck und Gefühle in seinen Blick stecken konnte.

Den selben Blick hatte er auch bei dem Heiratsantrag drauf. Und bei unserer Hochzeit.  Und als ich ihm verkündete, dass ich schwanger sei.
Bei der Geburt unserer kleinen Tochter allerdings lag noch viel mehr in seinem Blick. An dem Tag weinte er so viel. Er weinte Stunden.
Als wir dann aber wieder in unserer kleinen Wohnung in dem Herzen Londons waren und Charlie in ihrem kleinen Babybett schlief, schaute er mich wieder mit purer Liebe und Dankbarkeit an. Wir standen mit Weingläsern in der Küche und schauten uns eine Ewigkeit so an. Noch nie hatte ich das Wort „Dankeschön" so oft an einem Abend aus seinem Mund gehört.
„Danke, dass du meine Frau, die Mutter meiner Tochter, mein Lieblingsmensch und meine Liebe bist."
Wir stellten unsere Weingläser zur Seite und fingen an langsam im Rhythmus der Musik zu tanzen. „Wir sollten diesen ruhigen Abend genießen", lachte ich mit meiner Wange an Aidens Brust. „Morgen kommen alle und wollen Charlie sehen."
Mit alle meinte ich Alicia, Fred, Haylie, Blue, Clair, Amy, Ciara, Jackson und Cole, zu denen der Kontakt und die Freundschaft nie abgebrochen ist.
„Sie werden Charlie genau so lieben, wie ich es tue." Ich lächelte. Charlie wurde nach der verstorbenen Großmutter von Aiden benannt, die ein sehr großer Bestandteil seiner Kindheit war. Den Namen hatte Aiden sich so sehr gewünscht und er passte perfekt zu der Kleinen.

Wir lagen uns in den Armen und wippten langsam hin und her. „Ich liebe euch beide so unendlich."
Dieser Satz machte den gesamten Tag noch so viel schöner.
Ich liebte die beiden auch. Ich liebte sie mehr, als alles andere auf der Welt. Diese Art von Liebe war nicht möglich in Worte zu fassen.

Ich brauchte nie wieder Angst vor der Liebe zu haben.

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The fear of loveOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz