-chapter 43-

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„Hey, alles gut?", fragte Aiden, als wir über den Parkplatz in die Schule gingen. „Alles gut", antwortete ich, aber eigentlich wusste ich nicht, wie ich mich verhalten sollte. Wie würden die anderen reagieren, dass ich wieder da war? Ich wollte auf keinen Fall unangenehme Fragen beantworten. Und vor allem keine von Menschen, mit denen ich noch nie geredet hatte. Mir reichte es schon, dass es Artikel über mich gab. Die Presse war sogar an einem Tag vor Aidens Haustür, allerdings hatte sich das schnell geklärt, nachdem den Journalisten klar war, dass Aidens Vater Polizist war.
„Da vorne sind deine Freunde", sagte ich zu Aiden und er schaute lächelnd zu ihnen. „Ich habe mit denen eine lange Zeit nicht geredet." Aiden war genauso nervös, das merkte man. „Ist es nicht asozial ihnen gegenüber, wenn ich jetzt wieder normal etwas mit ihnen mache oder mit ihnen rede, nur weil du wieder da bist?" Ich verstand seine Sorge... „Man kann dich dafür nicht verurteilen. Ich glaube jeder hätte ähnliche Reaktionen gehabt." Aiden nickte dankend, lächelte und schloss seine Hand in meine. „Wenn alles gut verläuft, dann können wir heute Nachmittag nach deiner Therapie alles etwas zusammen unternehmen."
„Klingt gut", antwortete ich und schaute mich um. Schon hier fing es an, dass Leute mich anschauten und flüsterten. Die meisten davon hatte ich nur ein paar Mal auf den Gängen oder dem Schulhof gesehen. Aiden drückte kurz meine Hand und zog mich weiter. Im Eingang stand Chloe bei den Freunden von Aiden. Als sie mich sah, verstummte sie. Sie rückte ihre Handtasche zurecht und lief dann zügig in das Gebäude.
„Schön euch beide wiederzusehen", sagte Jackson und lächelte uns beide an. Es waren alle da, außer Andrew...
Wir unterhielten uns noch ein wenig, bis die Schulglocke ertönte.
Zwischendrin sind Haylie, Blue, Clair, Amy und sogar Ciara zu uns gestoßen. Ciara sah mich zum ersten Mal wieder und hat sofort angefangen zu weinen. Sie hatte - dank den ganzen Artikeln - mitgekommen, dass ich wieder da war. Sie begleitete mich zu meinen Klassenraum. Währenddessen erzählte sie mir auch etwas, was hier abging. Ciara wusste, dass ich ihr hier nichts davon erzählen würde. Das war der falsche Ort für so etwas - das wussten wir beide. Sie erzählte mir, dass es mit Cole und ihr super lief. Beide hatten schon ein paar Dates zusammen und verstanden sich wohl sehr gut. Schon ein paar Wochen nach ihrem ersten Date waren sie offiziell zusammen.
Ich hatte mich schon gefragt, warum sie sich am Anfang ganz nah an Cole gestellt hatte. Ich war verdammt glücklich für die beiden. Auch wenn ich sowohl mit Ciara, als auch mit Cole einen schlechten Start hatte.

Es störte mich, dass mich die Lehrer behandelten, als wäre ich ein rohes Ei. Sie schauten mich immer wieder verstohlen an und sagten bei jeder Aufgabe: „Wenn du das nicht schaffst, ist das okay. Du musst dich ja auch erst wieder eingewöhnen und dass du da den ganzen Unterrichtsstoff nicht kannst, ist natürlich vollkommen okay. Wenn es dir schlecht geht, kannst du auch raus gehen."
Das musste ich mir in jeder Stunde anhören. Ich nickte immer nur und sagte danke.
Der Stoff war einfach. Ich konnte mit ein bisschen Unterstützung von meinen Sitznachbarn jede Aufgabe problemlos lösen. Man musste mich nicht auf Händen tragen...
Ich war doch immer noch die selbe Sydney oder?

In der Mittagspause hielt ich mich an mein Versprechen und aß so viel, wie ich konnte. Ich wollte ja selber zunehmen... Für's Erste taten es weite Klamotten, aber ich wollte mich auch ohne denen wohl fühlen.
Natürlich hörte das Starren in der Cafeteria nicht auf. „Wo ist Andrew?" Diese Frage lag mir jetzt schon so lange auf der Zunge und es brachte nichts zu schweigen.
Die Jungs schauten sich gegenseitig kurz an. „Er ist vorübergehend im Knast, bis die Polizei den Entführer hat", sagte Aiden.
Ich runzelte verwirrt meine Stirn. „Was hat Andrew damit zu tun?" Ich wusste, dass er Aiden und mich nicht besonders mochte, aber was hatte er mit all dem zu tun? „Das erzähle ich dir später", sagte Aiden mit einer gedämpften Stimme in mein Ohr. Ich nickte, aber es ließ mich nicht los...

Nach dem Mittagessen lief ich noch schnell zu den Mädchentoiletten. Zu meinem Pech war da genau die Person, die ich hier am wenigsten antreffen wollte. „Chloe...", sagte ich monoton und würdigte ihr keinen Blick. „Du bist zurück", gab sie mir als Antwort. Ich nickte kurz und wollte mich an ihr vorbei schieben. Sie hielt mich zu meinem Überraschen an meiner Schulter fest und sagte: „Ich weiß, dass ich sehr viel Scheiße gemacht habe, als du noch auf der Schule warst - und danach auch... Ich mag dich echt nicht, aber ich hoffe, dass du das, was passiert ist, gut verarbeiten kannst."
Ich hatte mit allem gerechnet, außer damit. „Dankeschön." Auf ihrem Gesicht bildete sich ein Anflug von einem Lächeln, bis sie die Toilette verließ. Verwirrt schaute ich ihr hinterher.
Nachdem ich fertig war, ging ich sofort zu meinem nächsten Unterricht, allerdings war ich 10 Minuten zu spät. Doch wie es zu erwarten war - ich bekam keinen Ärger.
Nachdem ich für heute mit dem Unterricht fertig war, ging ich zurück zum Parkplatz und wartete an dem Auto auf Aiden, der noch eine Stunde hatte.
Jaxon war noch da draußen... Völlig paranoid schaute ich mich immer wieder um. Meine Hand wanderte nach hinten, wo ich die Pistole zwischen der Hose und meinem Rücken eingeklemmt hatte. In meiner Umgebung war keine Menschenseele mehr. Es wäre für ihn ein Leichtes mich zu kriegen. Außer, dass ich jetzt vorbereitet war und ihm eine Kugel in die Brust jagen würde.
Ich entschloss mich dazu Aiden zu schreiben, dass ich in die Schulbibliothek gehen würde. Da wären bestimmt noch andere Schüler und Jaxon würde mich doch niemals in einem öffentlichen Gebäude suchen - oder?
Ich blätterte durch ein paar Bücher. Ein paar von ihnen waren ganz interessant. „Hey Syd", hörte ich eine Stimme hinter mir. Erschrocken fuhr ich rum, aber es war nur Aiden. Erleichtert atmete ich aus. Ich stand auf und stellte das Buch zurück an seinen Platz. Danach  ergriff ich seine Hand und verschränkte unsere Finger. Ich lief eng an ihm, als wir uns durch die Schüler schoben, die nun auch ihre letzte Stunde hatten. „Du kannst nächstes Mal auch meine Mom fragen, ob sie dich abholen kann. Sie hat diese Woche früher Schluss bei ihrer Arbeit."
Ich wollte nicht auf Händen getragen werden.
„Ich kann warten. Ich will deine Mutter nicht rumscheuchen. Außerdem konnte ich mir ein paar Bücher anschauen." Aiden dachte nach. „Hm, wenn du meinst." „Aiden, mir geht es jetzt gut. Ich verspreche dir hoch und heilig, dass ich nicht wieder verschleppt werde." Hoffentlich konnte ich mein Versprechen halten. Ich konnte erst in Ruhe schlafen, wenn Jaxon ins Gefängnis oder in eine Psychiatrie kommen würde.
„Ich fahre dich jetzt erstmal zu deiner Therapie. Danach hole ich dich ab und wir fahren zu den anderen an den See."
Im Oktober?
Er bemerkte meinen Blick und lachte. „Wir schwimmen nicht, aber auch im Herbst ist es dort sehr schön."

Aiden fuhr mich zu der Frau, die mir in den nächsten Monaten helfen sollte. Nervös lief ich zu dem Haus und klingelte.
„Hallo Sydney, komm doch herein", sagte die Frau herzlich. Sie war etwa Mitte 40. Ihre dunkelbraunen Haare hatten zwischendrin ein paar graue Strähnen, doch sie war trotzdem eine echt hübsche Frau. Ich ging hinter ihr her in ein Zimmer und setzte mich auf ein großes Sofa, auf das sie zeigte. Sie selber setzte sich gegenüber von mir auf einen großen Sessel. Vor uns auf dem Tisch lag ein Klemmbrett, ein Notizbuch und ein kleines Täschchen mit Stiften.
„Ich würde vorschlagen, dass wir uns erst ein bisschen kennenlernen."

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Ein etwas ereignisloseres Kapitel, aber ich hoffe trotzdem, dass es euch gefallen hat :)
Die nächsten werden wieder spannend

The fear of loveWhere stories live. Discover now