Fabelhaft! (2|5)

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Flammen züngelten aus der geöffneten Tür, die sich in einen brüllenden Feuerschlund verwandelt hatte. Ich hob die Hände, um mein Gesicht vor der beißenden Hitze zu schützen, während ich rückwärts davonstolperte. Das Tosen der Flammen lockte einige Helfer an, doch es gab nicht viel, was sie tun konnten. Fassungslos mussten sie mitansehen, wie die Flammen mein Büro aushöhlten und alles darin zu Asche verbrannten.

Der Brand wütete mit einer solchen Gewalt, dass ich unwillkürlich an Magie denken musste. Einige Flammenzungen hatten sich sogar von der großen Feuersbrunst abgespalten und krochen wie brennende Würmer über den Boden in meine Richtung. Dabei hinterließen sie schwarze Brandspuren auf den Terrakottafliesen.

Eldastin kam ihnen nach und trat sie mit den Absätzen seiner Stiefel aus.

»Was war das?«, hauchte ich.

»Eine enferische Lunte«, antwortete Eldastin. »Ein Niederling-Talent.«

Statt Magie benutzten Alben oft die Begriffe Kunst oder Talent.

»Was geht denn hier vor?«, ertönte Professor Balinns Stimme. Er kam den Korridor herunter und machte vor meinem Büro halt, das immer noch Flammenwürmer und bitteren Qualm spuckte. Seit der Sache mit dem Fruchtbarkeitsartefakt trug er einen weiten Umhang, der die komische Beule an seinem Hinterteil verbergen sollte. »Fräulein Laurendel ...?«

Ich brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass er mit mir redete. »Ja ... ja, ich bin hier.«

»Ein Glück, dass es Ihnen gut geht«, kommentierte Balinn, nahm seine Brille ab und rieb sich die zerfurchte Stirn. »Was ... beim großen Albling ... ist da drin passiert?«

Eldastin gab mir mit einem kurzen Kopfschütteln zu verstehen, dass die Wahrheit keine Option war.

»Es war ein ... ein Unfall«, stammelte ich. »Mit einem asterischen Lichtartefakt.«

Balinns Augenbrauen wanderten fast bis zu seinem zurückweichenden Haaransatz hinauf. »Was für eine unglaubliche Nachlässigkeit, Fräulein Laurendel«, schnaubte er. »Wie konnten Sie nur so töricht sein und mit einem magisch-aktiven Lichtartefakt hantieren?«

»Es war meine Schuld«, sagte Eldastin und sah Balinn an, als wollte er meinen Vorgesetzten dazu herausfordern, ihn auf die gleiche Weise zu maßregeln wie mich.

Was war hier eigentlich los? Statt mich zu töten, rettete Eldastin mir das Leben und nahm mich auch noch vor Professor Balinn in Schutz. Wieso verhielt er sich so seltsam?

Balinn, der dafür bekannt war, vor Reinblütern zu kuschen, bemühte sich um Schadensbegrenzung. »Oh, na dann ... das ... das war bestimmt nicht Ihr Fehler, Herr Aurelian.«

»Vielleicht war es Ihr Fehler«, schlug Eldastin vor.

»Mein ...?« Balinn zögerte kurz, dann glättete sich seine Miene und er nickte unterwürfig. »Ja. Ja, so wird es wohl gewesen sein.«

Eldastin ließ von ihm ab und wandte sich an mich: »Gehen wir, Alina.«

Ich zögerte. Meine Kollegen und die herbeigeeilten Studenten starrten mich an und ich konnte ihre Gedanken förmlich hören. 

Was hat sie mit den Oberlingen zu schaffen? Steckt sie etwa mit denen unter einer Decke? Kein Wunder, schließlich ist sie eine Halbalbin. Einmal ein Oberling, immer ein Oberling. 

Die Hitze von Feuer und Scham brannte auf meinen Wangen. Dazu kam die Erinnerung an das, was Eldastin vor der Explosion zu mir gesagt hatte. 

Wieso wollte er mich zurück nach Albenheim bringen? War etwas vorgefallen?

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