Holprige Ankunft in Calais

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Kapitel 1

~~~ Ankunft in Calais ~~~

21. Juli 1764


Als wir am heutigen Tag endlich anlegten, war ich dankbar für festen Boden unter meinen Füßen. Wie es aussah, hatte Edward jetzt ein kleines Gleichgewichtsproblem, erst musste er sich an das Schaukeln des Schiffes gewöhnen und nun war wieder alles ruhig. Ich hoffte, er würde nicht allzu lange damit zu kämpfen haben.

„Ich stelle mir gerade vor wie es sich für Edward anfühlen muss, wenn wir die Monate über den Atlantik gesegelt sind." grinste Alex, aber ihre Augen verrieten mir, dass sie lieber wieder daheim in Virginia wäre. Es ging mir nicht anders, musste ich mir eingestehen.

Bevor wir in London ablegten, hatte Francis Bradshaw noch ihr Versprechen Alex gegenüber eingehalten und ihr die goldene Schale überreicht. Als wir sie berührten strahlte sie eine angenehme Wärme ab und leuchtete leicht.

Meine Frau sah hinein und schrak für einen Moment wieder zurück. Wir sahen ihr Spiegelbild oder besser das ihrer Vorfahrin. Diese grünen Augen waren wirklich die ihren, nur das Gesicht an sich sah etwas anders aus. Ich versicherte ihr, es sei dennoch wunderschön.

Wir alle haben Ahnen und Vorfahren, mein Kind. Auch DU! Bei dir sind ihre körperlichen und geistigen Merkmale aber stärker ausgeprägt, als bei normalen Menschen! Die Worte des Allvaters waren leise und mit Bedacht gesprochen, weil Alex bis jetzt immer noch nicht vertraut mit ihrer eigenen Geschichte war. Ich hegte die Hoffnung alsbald endlich mehr Aufklärung zu erhalten!

Uns eilte ein kleiner Mann entgegen, welcher sogar meiner Frau gerade so eben in die Augen sehen konnte.

Er entpuppte sich als der Diener der Eheleute Jomphe, welche unsere Ansprechpartner hier in Frankreich darstellten. Ich war gespannt, wer sich hinter dem Namen verbarg. Aber umso aufgeregter war ich, wie meine Familie das Chateau finden würde. Doch dazu später mehr.

„Maîtresse Kenway, Maître Kenway, mein Name ist Adrien Martineau! Zu euren Diensten!" seine Stimme passte irgendwie nicht zu seiner Körpergröße, ging es mir durch den Kopf. Sie war tief und rau.

Sogar Edward wurde begrüßt welcher etwas skeptisch den Fremden vor sich beäugte, ihm aber dann doch seine Hand reichte.

Wir überwachten noch für einen Moment das Entladen, bis alle Wachen, Waren, Beschützer und Bedienstete auf Kutschen, Karren und Pferden aufgeteilt waren.

Meine Frau überließ den beiden Kapitänen noch jeweils eine Börse, damit sie für Unterkunft und Verpflegung der Mannschaften sorgen konnten. Ich sah, dass Alex nur schweren Herzens ihre Brig hier zurückließ. Leider gab es aber keine Möglichkeit die Jackdaw bis nach Compiègne segeln zu lassen.

Wenn ich richtig lag würden wir noch ungefähr eine Woche bis dorthin brauchen. Hoffentlich hielt sich das schöne Wetter, weil die Wege durch tiefe Waldgebiete führten, welche bei Regen sonst völlig aufgeweicht wären!

Wir waren noch nicht ganz aus der kleinen Stadt und dem Hafengebiet, da stöhnte Alex leise auf.

„Mi sol, es wird schon nicht so schlimm werden. Es sind nur ein paar Tage." versuchte ich sie aufzumuntern, während unser Sohn dieses Schaukeln sichtlich genoss.

Monsieur Martineau unterrichtete uns unterdessen, dass er sich bereits um die Übernachtungsmöglichkeiten gekümmert hätte.

„Ich habe dafür gesorgt, dass es euch an nichts fehlen wird. Die Herbergen sind sauber und geräumig und vor allem sind uns die Inhaber bekannt. Alle durch die Bank weg loyal und vertrauenswürdig." ob dieser Mann in alles eingeweiht war, entzog sich meiner Kenntnis. Vermutlich hätten wir irgendwann einmal die Möglichkeit uns mit ihm unter vier Augen zu unterhalten.

Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Part 4Where stories live. Discover now