Kapitel 2

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»La planilla está lista.«, informierte ich Oswaldo darüber, dass ich mit der Abrechnung fertig war und schloß die Kasse. Glücklicherweise war heute nicht allzu viel los und ich konnte die Regale entspannt wischen und die Ware geordnet einräumen, sodass ich nach meiner letzten Aufgabe nicht allzu erschöpft war. Zu meinem Glück, denn es kam nicht oft vor, dass ich ohne schmerzende Gelenke und völlig müde nach Hause kam.

Oswaldo kam aus dem Lager und setzte eines dieser Lächeln auf, die ich so liebte. Es unterstrich sein sympathisches Aussehen, seine grauen Haare und die Fältchen um seine Augen. Der kleine, kräftige Mann kam auf mich zu und legte einen Arm um meine Schultern.

»Hija, du bist meine beste Mitarbeiterin!« lobte er mich und ich musste lachen.

»Wirklich! Du bist sehr fleißig und zuverlässig.«

Ich verdrehte die Augen, doch mein Lachen wurde größer.

»Oswaldo, ich bin auch deine einzige Mitarbeiterin.«, wies ich unnötigerweise hin.

Er zuckte mit den Schultern und begleitete mich zum Ausgang. Er wollte mir meine rote Arbeitsjacke abnehmen, welche mittlerweile schon ausgewaschen war und die rote Farbe so schwach war, dass es schon eher einem Rosa glich, doch ich hielt ihn davon ab.

»Ich muss noch den Boden wischen.«, sagte ich knapp und verschwand hinter den Regalen in den Lagerraum. Er war nicht ganz so groß wie der Verkaufsraum, doch die wichtigsten Lebensmittel waren vorrätig und in einer kleinen Nische standen einige Putzmittel. Ich machte mich an die Arbeit und arbeite mich vom hinteren Teil des Ladens, in dem die Kühltheke stand bis hin zum vorderen Teil, in dem sich die Süßigkeiten befanden. Der Geruch des Putzmittels stieg mir in die Nase und ich konnte ihn nicht mehr ertragen. Ständig wurde mir dadurch vor Augen geführt, was wir nicht mehr hatten und wie hart das Leben manchmal sein konnte, dass man von Zitrusgeruch eines Putzmittels in Verzweiflung geriet. Ich fragte mich, ob mich dieser Geruch den Rest des Lebens begleiten würde und ich mich und meine Familie noch die nächsten Jahre mit vier Jobs über Wasser halten musste. Ich ermahnte mich die Hoffnung nicht aufzugeben, wie ich es ständig tat und mich mit dem zufrieden zu geben was ich hatte und positiv in meine Zukunft zu blicken.

...

»Mamà?«

Meine Mutter kam mit ausgebreiteten Armen aus unserem Schlafzimmer auf mich zu.

Ich schlang meine Arme um sie und merkte, wie dünn sie geworden war. Ihr erschöpft wirkender Blick machte mir wieder klar, wie sehr sie die ganze Situation mitnahm. Sie sah müde aus und der Stress ließ sie älter aussehen, als sie eigentlich war, wobei es ihrer Schönheit keineswegs schadete.

»Hast du Hunger? Möchtest du etwas essen?«

Natürlich war das keine Frage, bei der sie eine Antwort wie Nein akzeptiert, denn wie erwartet ignorierte sie mein »Nein, danke.«, stellte sie sich vor unseren Gasherd und wärmte mir mein Essen auf.

Dezent sagte ich ihr, dass sie kein Gas verschwenden sollte und ich mein Essen auch kalt essen konnte, doch sie bestand darauf. Egal wie schlecht es uns ging, ihre Kinder waren ihr Ein und Alles und sie gab ihr bestes, um uns ein halbwegs gutes Leben zu ermöglichen.

Während ich auf mein Essen warte setzte ich mich an den Esstisch und schaue mich im Zimmer um. Es ist unser Wohnzimmer, sowie Esszimmer und Küche in einem. Naja.. wenn man das alles als dieses bezeichnen konnte. Da waren die beiden abgenutzen Sofas mit dem kleinen Beistelltisch und dem Fernseher, der zerkratzten Holztisch an dem ich saß, die Stühle, die bei einer flaschen Bewegung zusammenkrachen könnten und unsere kleine Küche, die aus einem Gasherd, einem Spülbecken und einem kleinen Hängeschrank bestand. All das zeigt mir, in welcher Situation wir uns befanden. Wenn ich nur an unsere Sofas dachte traten mir die rosafarbenen Blumen auf, die auf braunem Grund abgebildet waren in den Sinn und ich wusste, dass ich schon genug von diesem Blumenmuster hatte, genauso wie ich die Nase voll hatte von dem eiskalten Leitungswasser, dass mir im Winter meine letzten Nerven raubte. Selbst die leisesten und scheinbar harmlosesten Geräusche, wie das Knarren der Stühle oder das Quitschen des Wasserhahns beim aufdrehen, fingen an mich in den Wahnsinn zu treiben. Würden wir jemals wieder so leben können, wie wir es früher getan haben oder würden wir das noch für die nächsten Jahre aushalten müssen? Ich überlegte krampfhaft, ob ich mir vielleicht doch einen besseren Job suchen könnte und dafür zwei kündigen könnte. Einen fünften Job würde ich zeitlich gar nicht auf die Reihe bringen, doch selbst wenn das möglich wäre, war ich jetzt schon unglaublich erschöpft und hundemüde, wenn ich abends nach Hause kam. Ich seufze und löffelte die letzten Reste meines Eintopfs aus meiner Schüssel.
Ich bedankte mich für das Essen und wollte mein Geschirr abspülen, als meine Mutter mich stoppte und mich anwies mich anzuziehen und zu Lidia zu gehen. Natürlich hätte mir klar sein müssen, dass Lidia hier war, wie meine Mutter berichtete und sie über unsere, besser gesagt, ihre Pläne unterrichtete. Ich umarmte sie fest, denn sie bestand wehemeht darauf, dass ich ging.

El precio del amor - Der Preis der Liebe #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt