Kapitel 5

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Mit Isa hatte ich mich auf Anhieb gut verstanden. Auch wenn wir beide noch etwas geschwächt waren, hatten wir viel geredet und gelacht. Sie war einige Monate jünger als ich und hatte mich sogar zu ihrem Geburtstag eingeladen, denn in zwei Wochen würde sie einundzwanzig werden.
Der erste Eindruck der Jungs hatte sich mir auch bestätigt, alle waren sehr sympathisch. Selbst Diego, der, wie ich festgestellt hatte, nur anfangs geheimnissvoll wirkte. Eher schien er mit seinen coolen Sprüchen zu glänzen und wirkte auf mich dadurch schwer einzuschätzen. Einerseits wirkte er nämlich sorglos und cool, andererseits wirkte er ernst und zurückhaltend. Eine merkwürdige Kombination. So undurchschaubar, wie Diego war, so offen war Mateo. Er war immer gut gelaunt und sagte offen was er dachte, was mich und die anderen nicht selten zum Lachen gebracht hatte.
Am Abend wurde ich entlassen und von Andres und Santiago zu Lidia gefahren. Die beiden waren sich unglaunlich änhlich, wenn es um ihr Verhalten ging. Immer darauf bedacht reif zu wirken, was sie auch teilweise wirklich waren, ohne sich wie Mittvierziger zu benehmen. Wie der Rest der Jungs hatten auch sie immer coole Sprüche auf Lager. Und auch war mir nicht entgangen, dass Lidia und Santiago sich gut unterhalten hatten. Im Stillen beobachtete ich das Ganze, da meine Gedanken eher Lidias Bett galten. Ich war müde und geschwächt. Lidia hatte mich für den Tag bei Oswaldo krankgemeldet, der völliges Verständniss für meine 'Grippe' gezeigt hatte, da ich sonst nie gefehlt hatte. Den Tag darauf hatte ich glücklicherweise frei. Meiner Mutter hatte ich auch nichts von den Geschehnissen des Abends und meines Krankenhausaufenthalts erzählt, da ich nicht wollte, dass sie sich noch mehr Sorgen machte, denn davon hatte sie mehr als genug. Glücklicherweise war ich volljährig und konnte den ganzen Papierkram des Krankenhauses selbst unterschreiben. Ich war zwei Tage bei Lidia geblieben, die ihrer Mutter anvertraut hatte, was passiert war, welche uns aber versichert hatte, dass sie meiner Mutter nichts sagen würde. Sie wusste selbst, wie unsere momentane Situation aussah und wollte ihr den Stress ersparen. Wir mussten ihr natürlich versichern, dass wir uns zukünftig nicht aus den Augen lassen würden, damit sowas nicht mehr passieren würde. Ganz so einfach war das Ganze natürlich auch nicht gewesen, da Rosa die ganze Zeit Stoßgebete gen Himmel geschickt hatte und mich erstmal mindestens zehn mal begutachtet hatte. Sie war mir immer schon wie eine zweite Mutter gewesen und ich konnte es nicht in Worte fassen, wie dankbar ich ihr war. Sie war einfach ein Engel.
Inzwischen war eine Woche vergangen seit dem Vorfall und ich hatte mich dem Alltag angepasst. Es war Samstag und zugegebenermaßen war mir das einer meiner liebsten Arbeitstage, da ich wie jeden Samstag, bei Señora Suarez arbeitete und sie es mir wie jedes mal angenehm machte dort zu sein. Sie behandelte mich wie eine Freundin. Körperlich ging es mir schon besser und die Arbeit fiel mir nicht mehr so schwer, wie die letzten Tage.

»Nein, nein. Leg deine Tasche wieder ab. Du trinkst noch einen Tee mit mir.«, sagte Señora Suarez mit einem herzlichen Lächeln an und wies mit der Teekanne Richtung Garten. Ich war fertig mit der Arbeit und wollte eigentlich nach Hause.

»Señ-«, ich wollte gerade dazu ansetzten zu widersprechen, hielt aber inne, als Señora Suarez warnend den Finger erhob.

»Was? Señora?«

»Carina.«, korrigierte ich mich lachend, da ich mich nicht daran gewöhnen konnte sie beim Vornamen anzusprechen und sie mich deswegen gespielt böse ansah.

Dies schien sie zu besänftigen, denn sie ging in den Garten, meine folgenden Worte ignorierend.

»Ich möchte Ihnen keine Umstände mach-«

»Honig oder Zucker?«, fragte sie stattdessen, was mich zum schmunzeln brachte.

Ich gab mich geschlagen und folgte ihr hinaus.
Sie zeigte auf den Stuhl neben sich und goss uns jeweils Tee in die Tasse.

»Also?«

Fragend sah ich sie an, da ich nicht wusste worauf sie hinaus wollte. Ich verstand, sobald sie auf den Zucker zeigte. Ich nickte wissend und antwortete ihr, dass ich meinen Tee ungesüßt trank.

El precio del amor - Der Preis der Liebe #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt