Kapitel 18

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Ich war verwirrt. Sehr verwirrt.

Zum einen konnte ich es nicht glauben, dass Isa, Armando und Andres der Familie Pereira angehörten. Die Pereiras waren eine der reichsten Familien in Cartagena und der Umgebung. Sie besaßen ein richtiges Imperium und waren in den verschiedensten Branchen vertreten. Von Bauunternehmen über Immobilien-Unternehmen bis hin zur Logistik waren sie überall vertreten- einfach querbeet. Ich war mir nicht sicher, ob ihnen nicht noch einige Hotels gehörten. Man munkelte auch, dass sie in illegale Geschäfte verwickelt waren, aber genau wusste das niemand. Jedenfalls hatten sie Schweinegeld. Ich wusste, dass sie vermögend waren, das hatte ich ja schon mehr als einmal mitbekommen, doch dass sie so viel Geld hatten. Dios mio!

Kaum hatte ich diese Information verarbeitet, hatte Armando mich noch mehr verwirrt. Denn zum anderen war da noch Armandos merkwürdiges Verhalten.

Wir hatten gerade die Anlage und einen Lautsprecher in unser Wohnzimmer gebracht, als Armando einen Anruf erhalten hatte. Schlagartig hatte sich seine Laune geändert. Zuvor noch gut gelaunt und interessiert hatte er mich nach dem Straßenfest gefragt und ich hatte ihm ein wenig darüber erzählt, war er während eines Telefonats, welches er erhalten hatte, angespannt geworden. Er hatte nur knappe Antworten gegeben und klang nicht wirklich erfreut zu sein, als er erkannte, wer ihn angerufen hatte. Es schien auch, als wollte er seine Wut unterdrücken, denn seine Antworten waren gepresst und er hatte unterkühlt geklungen. Das Gespräch und auch Armandos Verhalten hatte mich an das aus dem Pasión erinnert, als er mir bei der Arbeit geholfen hatte. Er hatte sein Gegenüber ignoriert und so schnell wie es ging aufgelegt. Mir hatte er gesagt, dass er einen dringenden Termin hatte und schnellst möglich den zweiten Lautsprecher ins Haus gebracht. Dabei war er meine Frage, ob alles in Ordnung sei einfach mit der unglaubwürdigen Ausrede, er habe sich mit einem Freund zum Sport verabredet, ausgewichen und auch sonst wie ausgewechselt. Und kaum hatte ich mich versehen, da war er auch schon viel zu schnell über die Straße verschwunden. Meine Mutter hatte nichts gesagt. Was auch daran lag, dass ich ihr größtenteils unauffällig aus dem Weg gegangen war.

Und nun waren drei Tage vergangen und ich saß an der Kasse in Oswaldo's Supermarkt. Das Straßenfest würde in drei Tagen stattfinden. Ich hatte nach meiner Schicht alles, was das Fest anging, mit Carina abgemacht. Sie hatte sich dazu bereit erklärt zwei Salate zu machen und einen Kuchen zu backen. Neugierige Fragen bezüglich dem Verhältnisses zu Armando hatte ich abgeblockt. Ich hatte ihr eindringlich erklärt, dass er nur der Bruder einer Freundin war und es nichts hinein zu interpretieren gab. Sie hatte das akzeptiert und auch jegliche Fragen zu meiner Entscheidung im Hinblick auf die Sommergala, hatte sie unterlassen. Sie hatte gemerkt, dass ich gestresst und ungewollterweise auch gereizt war und mich glücklicherweise in Ruhe gelassen. Ich wusste, dass sie das aber alles noch nachholen würde.

Ich hatte mich für den Nachmittag mit Lidia und Isa für unseren Backmarathon verabredet, mir fehlte aber schlichtweg die Motivation. Körperlich war ich immer noch nicht in Topzustand, denn ich hatte immer noch mit der Müdig- und Lustlosigkeit zu kämpfen.

Bevor ich mich auf den Weg zu Isa machte, wollte ich noch zum Schrottplatz gehen, um vielleicht ein Fahrrad zu finden und wieder mobil zu werden.

»Lucìana!«

»Bitte? Was?«, fragte ich, nachdem ich aufgeschreckt war. Ich war wohl in meinen Gedanken versunken gewesen.

»Alles in Ordnung, hija?«, fragte er verwirrt und blickte mich besorgt an, »Ich habe mehrmals deinen Namen gesagt.«

Okay, ich war definitiv in Gedanken gewesen. Ich blickte ihn entschuldigend an.

»Ja, tut mir leid. Ich war nur in Gedanken.«, erklärte ich und lächelte, um meine Aussage zu untermauern. Wirklich überzeugend klang ich aber nicht. Und das fiel auch Oswaldo auf, denn sein Blick strotzte nur so vor Skepsis.

El precio del amor - Der Preis der Liebe #TeaAward2018Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt