Kapitel 10

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Nun war es Montag und mit einem anstrengenden Arbeitstag in der Cantina startete ich in die Woche. Eine weitere Woche voller Arbeit. Heute war die alles noch anstrengender, als es ohne hin schon war. Obwohl ich gestern länger geschlafe hatte als sonst, war der Sonntag auch nicht so entspannend gewesen, wie er es sonst war. Ich hatte mir vorgenommen meinen Tag im Pasión zu verbringen, doch ich fühlte mich nicht nur körperlich sondern auch seelisch nicht im Stande dazu auch nur einen einzigen Tanzschritt auszuführen. Mir hatte einfach die Lust gefehlt, was nie der Fall gewesen war. Das einzig Gute waren die blauen Flecken an meinen Handgelenken gewesen, deren lilabläuliche Farbe einem hellen Gelb gewichen war, was einem dann nur auffliel, wenn man Kenntniss davon hatte und sich meine Hände ganz genau ansah. Immerhin hatte ich so eine Sorge weniger.
Ich hatte das Gefühl als würde mein Körper von alleine arbeiten. Wie ein Roboter führte ich alle Anweisungen aus, ohne auch nur etwas zu denken geschweige denn fühlen. In meinem Kopf herrschte geähnende Leere und ich sehnte mich nach meinem Bett. Ich wollte nichts machen. Einfach nur daliegen und such dem süßen Nichtstun hingeben. Es war mir heute morgen auch unglaublich schwer gefallen mich überhaupt aufzuraffen und mich auf den Weg zur Arbeit zu machen. Ich war unglaublich unmotiviert und zählte die Minuten, die sich immer mehr in die Länge zu ziehen schienen, wie ein klebriges Kaugummi, es war einfach nur lästig. Julio war heute ebenfalls anwesend und beobachtete jede unserer Bewegungen akribisch. Seiner Blicke ausgesetzt zu sein stresste mich zumehmend und es war sehr mühevoll die Konzentration aufzubringen, keinen Fehler zu machen.

»Date prisa! Lucía du schläfst ja gleich ein. Die Gäste warten auf ihr Essen.«, Beeil dich!, ich kniff kurz die Augen zusammen und versuchte somit die Wut zu unterdrücken, die langsam aber sicher in mir aufkeimte, da es mir nicht möglich war mehr als vier Teller zu tragen. Einen fünften traute ich mich unter Julios Blicken schon gar nicht mitzunehmen, denn mich jetzt hier von ihm anpampen zu lassen war mir lieber, als wenn ich einen Teller fallen ließ. Ich wollte gar nicht wissen, wie Julio reagieren würde. Da würde es nicht nur dabei bleiben, dass er mich anschrie, da war ich mir sicher. Mit einem kollerischen Chef war nicht zu Spaßen, da wollte ich nichts auf die Probe stellen.

»Ich hoffe, dass er am Donnerstag nicht da ist.«, flüsterte Felipe mir zu, was mich zum Schmunzeln brachte.

Ich wollte zu einer Antwort ansetzten, als Julio die Küche betrat. Schnell griff ich nach den Bestellungen, ehe ich Felipe einen zustimmenden Blick zuwarf und aus der Küche flüchtete (und gleichzeitig auch vor den kritischen Blicken meines Chefs).

»Er soll endlich verschwinden.«, stöhnte Valentina mir beim vorbeigehen zu, was nicht nötig gewesen wäre, da ich wusste, dass wir alle das selbe dachten.

Als ich dachte, dass meine heutige Schicht nie mehr enden würde, erlöste Felipe uns alle, indem er wie immer in die Hände klatschte, nachdem der letzte Gast durch die Tür war.

»Fin del trabajo! Wir haben es geschafft.«, rief Felipe erfreut durch die Cantina. Feierabend! Das war wie Musik in meinen Ohren.

»Ich sehe schon mein Bett vor mir.«, träumte Valentina während sie das dreckige Geschirr von den Tischen räumte.

»Dein Wort in Gottes Ohr.«, stimmte ich zu und trotz der Müdigkeit, die mich immer weiter einnahm, schloss ich mich ihr an und räumte das Geschirr in die Küche.

Nachdem das erledigt war wischte ich noch halbherzig den Boden. Zu mehr hatte ich einfach nicht die Kraft. Ich war völlig in meinen Gedanken versunken, als es an der Glastür klopfte und ich zusammen zuckte. Ruckartig wandte ich mich zur Tür und blickte zur niemand geringerem als zu Armando. Er schien ein wenig überrascht zu sein, mich hier zu sehen, das konnte ich trotz der Dunkelheit, die draußen herrschte, durch die Beleuchtung der Cantina erkennen, die auch Armando erhellte. Da ich nicht reagiert hatte, winkte er mit seiner Hand und brachte mich somit aus meiner Starre zu lösen. Bevor ich jedoch reagieren konnte, kam Valentina mir zuvor und stellte sich vor die Tür. Mit dem Finger zeigte sie auf das 'Geschlossen'-Schild und tippte sich auf ihr Handgelenk. Mit dieser Geste vermittelte sie ihm, dass er zu spät war und es hier nicht mehr zu holen gab. Er ließ seine Schultern sinken. Vielleicht hatte er geseufzt. Vielleicht was es ein genervtes Seufzen. Das konnte ich nicht beurteilen, doch zuzutrauen wäre es ihm. Dann zeigte er auf mich und grinste verschmitzt. Spielte er jetzt die Bekanntenkarte? Nach seinem merkwürdigen Verhalten mir gegenüber, hätte ich mich einfach umdrehen sollen. Er war so undurchschaubar und diese scheinbar nette Seite an ihm nervte mich.

El precio del amor - Der Preis der Liebe #TeaAward2018Where stories live. Discover now