Kapitel 116

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Als Entschuldigung für das Chaos die letzten Tage 🫶🏻

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Tage vergehen und werden zu Wochen. Der Schmerz in meinem Herzen lähmt mich, und doch ist er das Einzige, was mich antreibt. Die unermüdliche Wut bringt mich jeden Tag dazu, härter zu trainieren und besser zu werden. Ich bin bereit für den Krieg, für meine Rache. Ich nehme regelmäßig an den Ratssitzungen teil, und in Anbetracht der angespannten Lage wird es nicht mehr lange dauern, bis mein Blutdurst gestillt wird. Die Streitmächte sind bereit, Engel und Dämonen vereint. Gegen einen gemeinsamen Feind, der mit einfachen Waffen und Magie wohl nicht zu schlagen ist, wird das Lager der Soldaten vor dem Schloss jeden Tag größer.

Die Ratsvorsitzenden erwarten einen Angriff auf die Hölle innerhalb der nächsten Wochen. Wenn es nach mir geht, sollten wir einfach die Tore zur Unterwelt öffnen. Sollen sie doch kommen. Mit diesen Gedanken schlage ich immer fester auf einen Boxsack ein. Gerade setze ich zum nächsten Schlag an, als jemand problemlos meine Hand in der Luft abfängt. Eine große Hand umschließt meine schon fast schmerzhaft zusammengepresste Faust. Allein an der Hand kann ich Luzifer erkennen.

„Ich denke, es langt für heute. Deine Knöchel bluten bereits."
„Das verheilt wieder."
Ich winde meine Hand aus seinem Griff. Seit dem Tod meines Bruders habe ich mich zurückgezogen, vor allem von Luzifer. Er sieht mich eindringlich an. „Wenn du dich zu Tode arbeitest, wird es Jonathan nicht zurückbringen." Seine ehrlichen Worte überraschen mich. Die letzten Wochen hat er mich nur mit Sorge betrachtet und mit Samthandschuhen angefasst, so wie jeder andere, der mir über den Weg läuft.

Meine Überraschung steht mir wohl ins Gesicht geschrieben. „Ich habe versucht, dir Zeit zu geben und wollte, dass du deine Wut rauslassen kannst. Aber ich kann nicht weiter zusehen, wie du dich zerstörst. Diese Wut in dir wird dich umbringen, verstehst du, Alice? Du musst die Trauer zulassen, oder wenigstens irgendein anderes Gefühl als Wut." Ich schnaube verächtlich. „Ich brauche dein Mitleid nicht und erst recht nicht deinen Rat. Ich... das, das, ich... ich muss einfach stärker werden", und er unterbricht mich. „Um was? Jeden in deinem Weg umzunieten?" Ich zucke beiläufig die Schultern, denn er hat mein Ziel recht treffend auf den Punkt gebracht.

„Na dann zeig doch mal, wie gut du geworden bist." Mit einer eleganten Bewegung zieht er sein Jackett aus. Ich blicke ihn verwirrt an. „Du willst kämpfen? Jetzt?" Er nickt und greift zu einer Waffe aus dem Schrank. Ich mache es ihm gleich und entscheide mich für zwei kurze und damit leichte Schwerter. Er hingegen nimmt zwei erheblich größere und längere Schwerter aus der Wandhalterung.

„Leg los, abgesehen davon hat der Boxsack langsam genug von dir." Ich fixiere ihn neugierig, unschlüssig, ob er es ernst meint. Wir positionieren uns in der Mitte des Raums. Die Stimmung ist angespannt, zumindest bei mir. Ihn zu lesen scheint mir in diesem Moment unmöglich. Luzifer hingegen bewegt sich leichtfüßig durch die Halle und schwenkt die Schwerter mit beeindruckender Eleganz.

Ein spitzbübisches Schmunzeln liegt um seine Lippen, während er eine auffordernde Bewegung macht, dass ich ihn angreifen soll. Ohne darüber nachzudenken, nehme ich Anlauf und renne auf ihn zu. Er pariert meine Schläge problemlos und startet sofort eine Gegenoffensive, der ich nur knapp entkomme.

„Das ist dein Problem, deine Wut macht dich blind. Du wirst unvorsichtig." Wir umkreisen uns langsam, ohne uns eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Er hat recht, es war naiv, ihn frontal anzugreifen, er ist Luzifer. Er ist ein verdammter Gott. Zumindest sieht er gerade so aus. Er kämpft schon so lange mit dem Schwert, auf einfache Tricks fällt er nicht rein. Er ist mir an Taktik, Wissen und Kraft überlegen. Ziemlich aussichtslos also.

Meine Gedanken überschlagen sich, um eine Möglichkeit zu finden, ihn dennoch zu überwinden. „Immer fair bleiben, ich kann bis hierher sehen, dass du etwas planst." Unerwartet huscht ein Lächeln über meine Lippen. „Bin ich also doch so durchschaubar? Was eine Schande."

Im nächsten Moment steht er vor mir, und unsere Schwerter treffen aufeinander. Ihn zu besiegen wird nicht leicht, doch eine List sollte es mir ermöglichen, zumindest einen kurzen Moment einen Vorteil zu haben. Wobei List das falsche Wort ist, eine kleine Ablenkung trifft es eher. Noch schneller als angekommen, landet mein erstes Schwert auf dem Boden. Gefolgt davon, dass mein linker Arm auf meinen Rücken gedreht wird und eines von Luzifers Schwertern an meiner offenen liegenden Kehle prangert. Mein rechter Arm steht in einem unnützen Winkel von meinem Körper, Schach Matt, wie man so schön sagt.

Doch nun zum eigentlichen Plan. Anstelle mich zu wehren, lasse ich mich ein Stück weiter an unsere eh schon aneinander gepressten Körper sacken und mustere erst intensiv sein Gesicht, bevor ich an seinen schmunzelnden Lippen hängenbleibe. Diese starre ich kurz sehr intensiv an, bevor ich meine Lippen befeuchte. Mein Blick wandert wieder zu seinen Augen hoch. Das selbstsichere Lächeln auf seinen Lippen verschwindet langsam, und sein Blick wird sofort dunkler.

Das ist sie, meine Chance. Den kurzen Moment, wo Luzifer abgelenkt ist und sich mit meinen Lippen beschäftigt, nutze ich, um meinen rechten Arm ruckhaft zu befreien. Doch anstelle meiner glorreichen Befreiung folgt eine Bewegungsfolge von Luzifer, der ich selbst beim besten Willen nicht hätte folgen können. In sekundenschnelle hat er seine Waffen fallen gelassen, meinen bewaffneten Arm geschnappt, mich anhand einer schwungvollen Bewegung gedreht und meinen Rücken fest an seine Brust gedrückt. Nun umschließt eine seiner Hände meinen Hals von hinten, während die andere meine Hand samt Klinge sanft an meine Rippen presst. Mir entfährt ein Keuchen, was ihn zum Auflachen bringt. Erst jetzt wird mir klar, wie eng unsere Körper aneinander gepresst sind.

„So bezaubernd deine wunderschönen Lippen auch sind, nochmal werde ich auf solch einen Trick von dir nicht hereinfallen." Ich lache leise auf, und mein Kopf landet sanft an seiner Brust. Seine Hand um meinen Hals lässt meinen ganzen Körper warm werden. Er weckt eine Begierde in mir, die mich fast überwältigt. Ich lehne mich an ihn und atme entspannt ein und aus. Erst jetzt wird mir klar, warum ich mich von Luzifer abgeschottet habe. Zur Bestrafung, aus Angst, bei ihm Geborgenheit und Schutz zu fühlen. Aus Sorge, das zu sein, was Jonathan verwehrt wurde: glücklich und geliebt zu sein.

Luzifers Finger streicheln vorsichtig über meinen Hals. Das Kribbeln in meinem Körper verstärkt sich. Langsam wandert seine Hand zu meinem Gesicht. Als seine Finger vorsichtig meine Lippen streifen, verliere ich endgültig den Verstand. „Luzifer..." Doch anstatt den ermahnenden Ton, klingt meine Stimme schon fast flehend. Ich spüre, wie sich sein Körper hinter mir versteift, vor allem in einer bestimmten Region. Mein Herzschlag beschleunigt sich ins Unermessliche.

Vorsichtig drehe ich mich zu ihm herum. Seine Augen sind so dunkel wie die Nacht, und sein Blick ist stürmisch. „Alice." Noch bevor er etwas sagen kann, lege ich meine Hand sanft auf seine Wange und mache das Einzige, was sich seit einer Ewigkeit richtig anfühlt. Ich strecke mich zu ihm, und er kommt mir ohne zu zögern entgegen. Und dann, nach gefühlter Ewigkeit, treffen sich endlich unsere Lippen. Erst unglaublich sanft und dann immer fordernder. Als ich leise stöhne, umschließt Luzifer meine Hüfte und zieht mich noch näher zu sich. In diesem Moment wird mir klar, dass das Gefühl, in seinen Armen zu liegen, die Last der letzten Monate in Luft auflöst.

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Soll das nächste Kapitel spicy werden? 🥵🌶️ Oder ist der Moment unpassend?

Hello Devil, nice to meet you!  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt