Kapitel 105

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Schweiß tropf aus einer Haarsträhne auf mein Gesicht, was mich erschrocken aus meiner Trance aufzucken lässt. Wie lange war ich weg?
Ich hab jegliches Zeitgefühl verloren. Sind es Tage oder schon Wochen die ich hier verbracht habe? Oder doch erst Stunden?
Schmerzlich versuche ich meinen Kopf oben zu halten und die Augen offen. Es ist jedoch so anstrengend, dass mir ein schutzloser, Ohnmacht ähnlicher, Schlaf in den ich ständig verfallen schon fast lieber wäre.
Bei jedem Atemzug meldet sich mein schmerzender Körper zurück. Besorgt blicke ich an meinem durch Marcs Folter gezerrt Körper hinunter. Es gab definitiv schon bessere Zeit.
Während Marc in seinem Versuch antworten über Luzifer und die Hölle aus mir herauszufoltern bis jetzt erfolglos war, bin ich einige Erkenntnisse schlauer als zuvor.
Meine Kräfte versagen und das wahrscheinlich wegen der Ketten um meine Hand- und Fußgelenke. Vermutlich liegt es an einem besonderen Material oder Fluch, ähnlich wie bei den Kerkerzellen in der Hölle. Ebenso kann sich mein Körper nicht selber heilen, wahrscheinlich wegen der Flüssigkeit aus dem Tropf neben mir. Alles in allem eine äußerst aussichtslose Situation. Abgesehen davon, bin ich ohne Essen und Schlaf eh am Ende meiner Kräfte.

Mit einem ängstlichen zucken vernehme ich schlurfende Schritte auf dem Gang. Das bedeutet nichts Gutes.
In meiner Zeit in der ich hier bin habe ich dieses Geräusch zu fürchten gelernt. Mit einem eklig quietschenden Geräusch schiebt Marc die große Metalltür beiseite. Sein Gesicht wirkt entspannt, geradezu fröhlich mich wieder zu sehen.
„Da bist du ja, genauso wie ich dich zurückgelassen habe, perfekt."
Wo soll ich auch anderes sein, nachdem ich hier festgekettet bin? Marc zieht sich einen Stuhl zu mir heran und setzt sich neben mich. Eine weitere Frage-Antwort-Runde beginnt, bei der weder er noch ich auf unsere Kosten kommen. Doch wie viele werde ich noch ertragen können, bis ich mein Schweigen breche?
Meine einzige Frage an ihm wiederhole ich ständig: was ist mit Jonathan. Doch bis jetzt hat er sie nicht beantwortet und mir nicht den Hauch eines Tipps verraten.
Also weiß ich noch immer nicht, ob er mich verraten hat, oder nicht. Ich habe schon 100 verschiedene Variante zusammengestellt, um die Vorfälle zu erklären - doch keine eine die Sinn ergibt. Zumindest keine, in der Jonathan mich nicht hintergangen hat.
Luzifer würde mich auslachen, meine Naivität hervorheben und mit deinem gekonnt arroganten Grinsen: ich hab's dir doch gesagt, sagen.
Bei den Gedanken an seinen Gesichtsausdruck muss ich schmunzeln. Verdammt noch mal, die Situation mag doch so hoffnungslos sein und er kann mir dennoch den Kopf verdrehen.

„Was gibt's zu lachen?" fragt Marc verwirrt. „Nichts, ich hab nur daran gedacht, wie sehr ich unsere gemeinsame Zeit hier genieße." zynisch lächle ich in seine Richtung , ohne ihn dabei jedoch wirklich anzusehen. „Das geht mir genauso! Erfreulich, wie ähnlich wir und doch sind."
Ich schnaube verächtlich: „Wir sind uns nicht ähnlich. Keineswegs."
„Du würdest dich wundern, wir haben viel Gemeinsamkeit."
„Welche?"
„Wie soll ich sagen.. hm, beide haben wir unsere Familien umgebracht." erwidert er fröhlich.
„Ich hab meine Familie nicht umgebracht, das warst du." erwidere ich kalt und schaue ihn dieses Mal fest in die Augen.
„Siehst du, da liegt das Problem, du siehst einfach nicht deine Schuld ein."
Meine Schuld?!
„Immerhin sind sie deinetwegen gestorben. Oder wie würdest du es nennen, dass sich deine Eltern für dich geopfert haben?"
„Du wagst es mir die Schuld zuzuschreiben!" wütend zerre ich an meinen Fesseln. Schmerzhaft reiben meine Knöchel unter dem dicken Material, ohne dass es etwas nützt.
Erst nachdem ich kraftlos aufgebe wird mir bewusst, dass Marc sein Ziel erreicht hat.
Grinsend steht er da, während er betrachtet wie seine Worte mir unter die Haut gehen.
„Ich kenn das Gefühl machtlos und schwach zu sein. Hilflos dem ausgesetzt, was andere machen. Lass mich dir Helfen. Gebe dich einfach hin. Ich nehme dir all deinen Schmerz und zusammen können wir frei sein."
„Du täuschst dich, wenn ich eines nicht bin, dann ist es schwach."
„Ich sehe das führt hier zu nichts, ich mache dir ein Angebot, überlege gut, ob du es annimmst."
Er stellt sich direkt vor mich, sodass er mir die Sicht auf die Tür nimmt.
Diese geht gerade in diesem Moment mit einem lauten Geräusch auf.
„Du hast recht, wir unterscheiden uns in einem Punkt: ich habe meine gesamt Familien eigenhändig umgebracht, du hingegen hast die Möglichkeit immerhin eine Person deiner Familie noch zu retten." Mit diesen Worten tritt er einen Schritt zur Seite und eröffnet den Blick auf die Tür.
Vor mir stehen zwei riesige Männer, die in ihrer Mitte Jonathan flankieren. Erleichtert fliegen meine Augen über seinen Körper. Er scheint auf den ersten Blick unverletzt.
Erleichtert atme ich aus, nach einer Ewigkeit der Ungewissheit ist es nun endlich geklärt.
Jonathan lebt und das ist das einzige, was zählt.

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Puh, lange ist es her..
Ich hoffe ihr seid noch motiviert und gewillt meine Geschichte zu lesen, hier ist jedenfalls nach langer Zeit mal ein neues Kapitel.

Bitte nicht böse sein, dass es so lange nichts gab 😖 war die letzten Jahre komplett inaktiv auf dieser App, daher habe ich auch leider nicht auf eure lieben Privatnachrichten geantwortet.

Danke für eure Treue und liebe Grüße

Hello Devil, nice to meet you!  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt