Kapitel 52

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Das schönste ist doch, wenn man Morgens motiviert und ausgeschlafen aufwacht.
Schade nur, dass ich dieses Gefühl im Moment nicht verspüre.
Ich für meinen Teil empfinde gerade leider das genau Gegenteil, ich fühle mich nämlich genauso müde wie vor dem Schlafen.
Wie viel Uhr haben wir überhaupt?
Und wo in Gottes Namen bin ich?

Ich liege, wie viel zu oft in letzter Zeit, mal wieder nicht in meinem eigenen Bett, sondern in einem großen Himmelbett in einem dunkel ausgestatteten Raum.
Definitive die Hölle.
Ich hab zwar keinen eindeutigen Hinweis, aber dennoch bin ich mir dabei ziemlich sicher.
Bei den Erinnerungen des vergangenen Tages muss ich schlucken.
Meine Eltern, Luzifer, Gabriel, welch ein Chaos.
Allein der Gedanke an all das macht mich erneut sauer, wenn auch bei weitem nicht so sehr wie gestern.
Vielleicht gibt es für alles eine plausible Erklärung.
Am besten, ich kläre das direkt, aber dieses Mal ohne komplett auszutasten, wobei ich es noch immer gerechtfertigt finde wie ich reagiert habe. Wenn es für alle das keine Erklärung gibt, wird es das letzte Mal gewesen sein, dass ich mit einem von ihnen reden werde.

Als ich meine Füße auf den kalten Fliessen abstelle fällt mir auf, dass sich mein Körper anders anfühlt.
Zwar bin ich noch immer schlapp und müde von gestern, aber gleichzeitig fühle ich mich auch unglaublich stark und voller Energie.
Es fühlt sich erstaunlich gut an, zwar ungewohnt, aber sehr angenehm.
Ich habe gestern meine Kräfte das erste mal richtig benutzt.
Es war der absolute Hammer.
Zwar hätte ich sie nicht so übertreiben sollen, aber für diese Erkenntnis ist es jetzt auch zu spät.
Ich forme meine Hand erneut zu einer Faust und begutachte sie eindringlich.
Es erscheinen in Sekundenschnelle einige Funken die wild um sie herum schwirren.
Mir stockt der Atem. Unglaublich.
Das Glücksgefühl in mir sorgt dafür, das immer mehr Funken um meine Hand tanzen.

Dieses Mal, sind sie, im Gegensatz zu gestern, funkelnd Gold und sehen bei weitem nicht so bedrohlich aus, eher wie tanzende Elfen.
Was ich damit wohl alles machen kann?
Zuerst muss ich sie kontrollieren können, damit sie mit etwas nützt.
Ich stocke kurz, da ich überrascht drüber bin, wie mutig ich bin.
Ich meine, es ist nicht alltäglich solche Kräfte von dem einen auf den anderen Tag zu besitzen.
Ich konzentriere mich drauf, die Funken alle in eine Richtung um meine Hand tanzen zu lassen und überraschenderweise gelingt es mir sogar auf Anhieb.
Ein zufriedenes grinsen bildet sich auf meinen Lippen.

Ich glaube meine Kräfte sind mit dem gestrigen Tag endgültig erwacht.
Ich lasse die Funken anhalten, die Richtung wechseln und letztendlich verschwinden.
Die kleinen umherschwirrenden Dinger bewegen sich allein durch meine Gedanken.
Sie reagieren unglaublich schell und sehr präzise.
So sieht meine Kraft also aus.
Meine Kraft.
Sie ist ab jetzt ein Teil von mir.
Ich grinse glücklich und gleichzeitig erleichtert.
Es fühlt sich unglaublich gut an, dieses Gefühl, eine solch große Macht zu besitzen.
Nach einiger Zeit, in der ich mit den Funken herumspiele, beschließe ich mich meiner eigentlichen Aufgabe zu zuwenden, nämlich endlich Klarheit in das Chaos zu bringen.
Ich schlüpfe in meine Schuhe und trete auf den Gang heraus.

Nachdem ich kurze Zeit wahllos umher irre höre ich laute Stimmen, denen ich spontan folge.
Ich bleibe vor einer massiven Türe stehen.
"Wie konntest du es nur dazu kommen lassen!? Das kann doch wirklich nicht dein Ernst sein!
Sie hätte sich verletzen können."
Das ist die wütende Stimme von Satan.
"Pff, ich würde eher sagen, dass ich mich verletzen hätte könnte, immerhin ist sie ausgerastet und nicht ich.
Und jetzt komm runter, ihr geht es doch gut."
Luzifer.
Genau den suche ich, dass passt ja perfekt.
Ich klopfe laut an der Tür und trete ohne auf eine Antwort zu warten ein.
"Guten Morgen die Herren, euch habe ich gesucht!"
An einer langen Tafel sitzen Luzifer, Satan, Belial, Leviathan, Gabriel, Michael und Raphael.
Ach schön, da kann ich das ja direkt mit dem Himmel und der Hölle abrechnen.
Einige von ihnen erheben sich schell von ihrem Stuhl als ein den Raum betrete.
Meine Laune sinkt bei Luzifers Anblick schlagartig wieder auf dem Nullpunkt, aber wer kann es mir verübeln.
"Alice." Kommt es traurig von Satan.
Ich trete gelassen weiter in den Raum und schiebe mir einen Stuhl an der Tafel nach hinten, lasse mich drauf fallen und blicke einmal in die Runde.

"Ich glaube ihr schuldet mir eine Erklärung." Mein Stimme hört sich fester an als erwartet.

Alle weichen meinen Blicken aus und schauen beschämt zu Boden.
Niemand von ihnen sagt etwas.
Ich blicke von einem zum nächsten und bleibe bei Satan hängen.
Da auch er sich schuldig fühlt
tippe ich darauf, dass er es wusste.
Das schmerzt, soviel zum Thema vertrauen.
Ich schnaube verächtlich.
Verräter, alle samt sind sie Lügner.
Nach kurzer Zeit, in der keiner etwas sagt, stehe ich schweigend auf.
Das wars also, wenn sie keine Erklärung haben hat sich die Sache für mich erledigt.
Ein für allemal.
Ich kann mich gerade nicht mal unterscheiden, ob ich traurig oder wütend sein soll.

Sollen sie sich doch eine andere suchen, die das Universum rettet.
Ich drehe mich zum gehen herum.

"Alice, Warte."
Ich stocke in meiner Bewegung, drehe mich jedoch nicht herum.
"Setz dich bitte, wir haben dir einiges zu sagen."
Das glaube ich aber auch.
Ich lasse mich erneut auf dem Stuhl fallen.
Es ist Michael, der anscheinend als erster seine Stimme wiedergefunden hat.
Ich blicke ihn auffordernd in die Augen, raus mit der Sprache.
"Wie du mittlerweile weißt, bist du kein normaler Mensch, du bist halb Engel und halb Dämon."
Noch immer hört sich dieser Satz falsch an, ich bin doch nur ich, Alice, bis vor einiger Zeit ein Mensch.
"Das ist eine unglaublich einzigartige Kombination.
Deine Eltern haben sich mit ihrer Beziehung nicht nur vielen Regeln widersetzt, sondern auch der eigentliche Natur der verschiedenen Arten.
Eigentlich hätten beide zum Tode verurteilt werden müssen, da sie die Gesetze schwerwiegend missachtet haben, jedoch wusste man, dass deine Mutter ein Kind erwartet.
Man glaubt es nicht, aber der zuständige Rat für den Fall bekamen Mitleid mit Ihnen und sie haben deine Eltern nur aus dem Himmel und der Hölle verbannt."
'Nur'? Als wäre das nicht genug.
Ihre Beziehung hätte nicht einmal existieren dürfen und dennoch haben sie dafür gekämpft.
Sie müssen sich wirklich geliebt haben.
"Auf der Erde hätten sie unbeschwert leben können."
Ich schnaube verächtlich.
Offensichtlich ja nicht.
"Doch dann kam eine Prophezeiung zum Vorschein.
Eine Prophezeiung über dich.
Sie besagt, dass du unglaubliche Kräfte besitzt.
Kräfte, die niemand von uns begreifen kann.
Du kannst einerseits so zerstörerisch sein wie ein Dämon, aber auch rettend wie ein Engel.
Also fingen wir an deine Eltern zu suchen, wenn wir davon wussten, dann wussten es auch die Toten.
Wir konnten einfach nicht riskieren, dass deine Macht in die falschen Hände gerät, wir könnten dein Leben nicht aufs Spiel setzen,
nur leider waren wir zu langsam.
Als wir endlich eine brauchbare Spur hatten, haben wir deine Eltern Tod aufgefunden und du warst verschwunden, wir kamen zu spät, du warst weg.

Doch dann haben wir dich endlich gefunden."

Hello Devil, nice to meet you!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt