Kapitel 100

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„Willst du etwas trinken?", frage ich, während ich den Hängeschrank mit den Gläsern darin öffne. „Gerne.", antwortet Satan und folgt mir in die Küche. Ich ziehe zwei Gläser heraus, schenke in beiden Wasser ein und reiche ihm lächelnd eines.
„Wie geht es dir?", fragt er, während er mich eindringlich mustert, wie ich an meinem Glas nippe.
Ich zucke beiläufig mit der Schulter.
„Der übliche Wahnsinn. Ich hab plötzlich einen Bruder. Echt netter Kerl, ihr würdet euch gut verstehen."
Satans Lippen umspielt ein Lächeln.
„Wenn ich ihn nicht mit jedem Atemzug spüren lasse, dass er sich von dir fern halten soll, bringt mich Luzifer um."
Ich schnaube laut auf. „Luzifer führt sich auf, als hätte ihm Jonathan ans Bein gepinkelt und er versucht krampfhaft, sein Revier zu verteidigen. Und sein Revier schließt mich anscheinend mit ein. Einfach nur peinlich. Glaube mir, das heute hat den Vogel abgeschossen."
„Er ist eben misstrauisch; hab ein wenig Nachsicht." Ich stemme mich auf der Arbeitsplatte hoch und setze mich dann darauf ab. „Du hättest ihn heute mal sehen sollen. Mir ist es teilweise kalt den Rücken herunter gelaufen." Ich schüttle mich kurz bei der Erinnerung daran, was Satan ein leises Lachen entlockt.

„Wie geht es dir?", erkundige ich mich und mustere Satan kurz, der locker an einem Schrank anlehnt.
„In der Hölle ist, im wahrsten Sinne des Wortes, die Hölle los." Ich verdrehe kurz meine Augen wegen seines albernen Wortspiels und er grinst mir neckend zu.
„Wir sind dabei, Dämonen zu mobilisieren, das Fegefeuer ausbruchssicher zu machen und den hohen Rat ruhig zu halten. Diese arroganten Arschlöcher machen nichts, außer alles zu kritisieren; als könnten sie es besser." „Der übliche Wahnsinn also.", erwidere ich.
„Da hast du wohl recht. Wobei.." Das Klingeln der Haustür unterbricht ihn.
„Oh, einen Moment bitte. Ich mach kurz auf und bin gleich wieder da." Ich springe eifrig von der Arbeitsplatte, doch gerade, als ich an Satan vorbei gehen will, hält mich dieser am Arm zurück.
„Keine Sorge, das ist für mich. Nur ein Hinweis, dass ich zurück in die Hölle soll. Wir haben gleich eine.. wie sagt ihr das in der heutigen Zeit? Ach genau, wir haben ein Meeting." Woher er weiß, dass es nicht für mich ist, sondern für ihn, ist mir zwar ein Rätsel, aber ich nicke ihm übertrieben anerkennend zu. „Ein Meeting also. Mensch, da ist aber jemand auf dem neuesten Stand der Dinge, wie ich sehe." Er schnauft empört. „Lebe du nur mal so lange wie ich, dann wirst du merken, dass es unmöglich ist, sich alles zu merken." Wir schauen uns kurz eindringlich an und ich lege langsam meine Arme um ihn. „Pass gut auf dich auf, alter Mann. Wir wollen doch nicht, dass du dich verletzt." Satan legt seine Arme fest um mich und drückt leicht. „Mach ich. Aber du solltest auch vorsichtig sein. Es sind unberechenbare Zeiten und du trägst eine Zielscheibe auf deinem Rücken."
Kurz atme ich noch seinen angenehmen Geruch ein, bevor ich ihn loslasse. „Dafür hab ich doch euch: um mir den Rücken freizuhalten. Und wenn doch etwas ist, rufe ich einfach nach diesem wunderbaren Laufburschen hier und lasse mich retten." Satan lächelt mir schwach zu. Seine Hände liegen noch immer schwer auf meinen Schultern.
„Ich meine es ernst. Pass auf dich auf." Ich nicke zustimmend und er ergänzt grinsend: „Zumindest solange, bis ich da bin, um die schöne Jungfrau in Nöten zu retten."
Ich kneife ihm leicht in die Seite.
„Wenn ich es mir genauer überlege, brauche ich deine Hilfe überhaupt nicht. Ich kann gut auf mich selber aufpassen. Aber keine Sorge Schönling, ich würde dich natürlich jederzeit retten.", erwidere ich neckend.
„Das werden wir ja noch sehen, wer hier wem den Arsch rettet.", sagt er. Wir grinsen beide, wobei ich inständig hoffe, dass es niemals dazu kommen wird, herausfinden zu müssen, wer von uns beiden wen retten muss.

Es klingelt erneut, dieses Mal etwas länger. Satan verdreht die Augen.
„Ich muss los, wie du hörst. Es war wirklich schön, dich mal wieder zu sehen.", sagt er und trinkt noch schnell aus Höflichkeit sein Glas aus. „Hat mich auch gefreut. Wir sehen uns bestimmt demnächst in der Hölle. Ich muss morgen wieder mit Eligor trainieren, du kannst ja mal vorbei kommen." Allein bei dem Gedanken daran schmerzt mein gesamter Körper.
Satan wuschelt mir sachte durchs Haar. „Keine Sorge, du schaffst das schon. Vielleicht sollte ich auf einen Zweikampf vorbei kommen und dir mal zeigen, wie man es richtig macht. Mach's gut, Alice."
Ich lächle ihm abschließend nochmal zu und winke leicht. „Tschüss."
Dann ist er auch schon verschwunden und es ist mucksmäuschenstill im Haus. Erschöpft mache ich mich auf dem Weg nach oben. Nachdem ich mich kurz im Bad fürs Bett fertig mache, ziehe ich mir noch schnell einen Schlafanzug an, bevor ich mich ins Bett fallen lasse.
Meine Gedanken kreisen noch eine Weile um Luzifer, Jonathan und Satan, bevor ich endlich zur Ruhe komme und einschlafe.

Der Tag vergeht schneller als gewünscht, denn ich stehe viel zu schnell ohne auch nur einen Funken Motivation bei Eligor in der Trainingshalle.
„Alice, du siehst bei weitem nicht so erfreut aus mich zu sehen, wie gedacht. Das enttäuscht mich.", sagt er vorwurfsvoll und hält seine Hand schmerzend vor sein Herz.
Ich ziehe skeptisch eine Augenbraue nach oben. „Du bist so dramatisch wie immer. Sobald ich auch nur eines deiner perfekten Haare gekrümmt habe, bist du sicherlich nicht mehr halb so erfreut mich zu sehen, wie jetzt."
Eligor lacht spöttisch. „Versuche es erstmal."
Und schon im nächsten Moment geht er in einen Angriff über.
Ein Grinsen liegt auf meinen Lippen. So anstrengend das Training mit Eligor auch ist, Spaß macht es dennoch.

Nachdem wir erst einzeln meine Kräfte trainieren, gehen wir zum Waffentraining über. Erleichtert lasse ich nach einer gefühlten Ewigkeit mein Schwert auf den Boden fallen.
„Sind wir endlich fertig für heute?"
„Fast.", sagt Eligor und fährt sich durch die leicht verschwitzten Haare.
„Eine Runde Nahkampf, dann hast du es geschafft." Mittlerweile schmerzt mein gesamter Körper.
„Aber nur eine einzige Runde."
Eligor nickt zustimmend.
Wir gehen in Kampfhaltung und umkreisen uns langsam. Dem zeig ich's. Eligors Augen funkeln amüsiert.
Dieser Typ hat den Schalk im Nacken sitzen. Man weiß nie, was er plant.
Ich mache den ersten Schritt und reiße ihn mit aller Kraft zu Boden.
Wir rangeln eine Weile hin und her, bis ich irgendwann auf ihm sitze und seine Hände auf der Matte fixiere.
„Na, immer noch erfreut, mich zu sehen?", frage ich mit neckendem Ton. Er drückt seinen Oberkörper nach oben und schaut mir tief in die Augen. „Ich könnte mir nichts schöneres vorstellen. Wenn du willst, zeige ich dir, wie erfreut ich bin?" Ich grinse ihn nur an und verdrehe die Augen. Haha, was ein Spaßvogel. Ob ich unsere anzüglichen Spielchen wohl jemals leid werde? Ich hoffe nicht.
Ich drücke ihn zurück auf die Matte, was mir jedoch sichtlich schwer fällt.
„Lass gut sein, aber diese Runde geht an mich." Ich stehe auf und halte ihm die Hand hin, um ihn hochziehen. Gerade, als wir zu unseren Getränken laufen, betritt Satan die Halle.
„Seid ihr zwei schon fertig?"
Ich nicke zustimmend, während Eligor eine respektvolle Verbeugung macht. „Was heißt hier schon? Eligor ist einfach so erschöpft, dass wir jetzt aufhören müssen."
Eligor boxt mir leicht an die Schulter und ich schaue ihn gespielt vorwurfsvoll an. Satan grinst nur, hält ein Sixpack hoch und fragt:
„Wie wäre es dann mit einer Erfrischung?"
„Du bist mein Held. Liebend gerne.", sage ich und laufe mit schnellen Schritten auf ihn zu. Eligor folgt mir mit etwas Abstand. „Aber nicht hier, ich kenne den perfekten Ort dafür.", sagt Satan, während ich schon nach einer Flasche greifen will.
„Uhh, soll ich uns teleportieren? Ich hab das letztens erst gelernt.", sage ich aufgeregt, sichtlich stolz über mein Können.
Eligor und Satan wechseln kurz vielsagende Blicke und grinsen dann amüsiert.
„Lass das lieber die großen Jungs machen. Nicht, dass wir alle im Kerker landen.", sagt Satan und muss sich dabei sein Lachen verkneifen.
Mein Kopf wird knallrot und ich schaue verlegen zu Boden.
Wenn die zwei davon wissen, was wissen sie noch? Ob Luzifer Ihnen etwas über uns erzählt hat?
Ich packe beide an den Oberarmen und ziehe sie näher an mich heran.
Ihr Lächeln verschwindet augenblicklich, da mein bösartiges Grinsen anscheinend vielsagend genug ist.
„Wag es, Alice.", droht mir Eligor, während Satan noch immer amüsiert lacht. „Keine Angst, Eligor. Du bist doch schon ein großer Junge, oder nicht?"

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Kapitel 100! Oh mein Gott! Könnt ihr es glauben? Ich ehrlich gesagt nicht 😂 Gibt es noch Leser_innen die schon dabei waren, als ich vor 3 Jahren angefangen habe? Oder ist es doch schon vier Jahre her? 🙄
Innerhalb einer Woche sind aus 800k, plötzlich 850k geworden, ich bin total aus dem Häuschen und weiß gar nicht was ich sagen soll, außer viel lieben Dank. 😍
Herzlich willkommen also an alle neuen Leser_innen, auf unserer gemeinsamen Reise! 😍

Hello Devil, nice to meet you!  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt