Kapitel 92

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"Dad, ich bin wieder Zuhause."
Glücklich lasse ich die Haustür hinter mir ins Schloss fallen.
Mein Treffen mit Alex und Jonathan war einfach unglaublich schön. So entspannt und locker war ich schon seit einer Weile nicht mehr.
Die zwei haben sich auf Anhieb gut verstanden und sich gegen mich verschworen.
Jonathan hat mich gerade noch nach Hause gefahren, bevor er los zu seinem Nebenjob als Küchenhilfe muss. Am liebsten hätte ich ihn noch mit herein gebeten. Wobei, bevor ich ihn meinem Dad vorstelle, sollte ich ihn wohl erstmal vorwarnen.

„Hallo mein Schatz. Komm doch rein, hier ist ein Gast für dich."
Kurz legt sich meine Stirn in Falten. Wer kann das wohl sein? Ich ahne zumindest nichts Gutes.
Ich schlüpfe schnell aus meinen Sneakers und lasse meine Tasche im Flur auf den Boden gleiten.
Als ich ins Esszimmer komme, sehe ich in das ernste Gesicht meines Dads, dem keinen anderer als Luzifer höchstpersönlich gegenüber sitzt. Luzifer hat elegant seine Beine übereinander geschlagen hat und hält eine Tasse Kaffee in der Hand.

„Was willst du hier?"
Luzifers Lippen umspielt ein leichtes Lächeln.
„Es ist auch mir eine Freude, dich zu sehen, Alice."
Ich schnaube verächtlich. Dass er es sich einfach so herausnimmt, nach gestern hier aufzutauchen.
"Ich sollte euch wohl besser alleine lassen.", sagt Dad schell und verlässt den Raum fluchtartig. Wer kann es ihm verübeln?
„Was. Willst. Du?"
Er steht langsam auf, lässt mich jedoch keine Sekunde aus den Augen.
"So nachtragend, meine Schöne?
Wir haben einen Krieg zu gewinnen, schon vergessen?"
Er kommt auf mich zu und streckt seine Hand nach mir aus.
Am liebsten würde ich ihn anschreien, dass ich ihm das Handgelenk breche, wenn er mich noch einmal anfasst. Aber stattdessen trete ich bestimmend einen Schritt zurück. Er stoppt in seiner Bewegung, offenbar hat er mein Geste richtig gedeutet.
„Weißt du, Luzifer, im Gegensatz zu all deinen anderen Untertanen und Spielzeugen habe ich Gefühle, da vergibt man nicht so einfach."
Kurz scheint sein selbstgefälliges Lächeln zu verschwinden, jedoch fängt er sich schnell.
„Ich wollte deine Gefühle nicht verletzen. Aber wir müssen zusammenhalten, es gibt wichtigeres als einen kleinen Streit."
Kurz denke ich über seine Worte nach, dann nicke ich zustimmend. Auch wenn ich noch immer verletzt bin, bringt es nichts, ihm weiter böse zu sein.
„Weshalb bist du hier?"
Seine Miene hellt sich sichtlich auf.
„Gut, dass du fragst. Kommt mit, ich erkläre dir alles."
Schneller als ich schauen kann, zieht er mich bestimmend an seinen Oberkörper. Sofort hüllt mich sein altbekannter Duft ein und ich atme unabsichtlich tief ein.
Wie kann man nur so gut riechen?
Das Gefühl der Telepathie überkommt mich und ich öffne die Augen, um mich umzusehen.
Wir befinden uns im Trainingslager der Hölle. Das verspricht einen anstrengenden Abend, aber auch die Hoffnung, meiner Wut auf Luzifer Luft zu lassen. Vor allem mit ihm als Boxsack.
„Heute werde ich dir zeigen, wie man sich teleportiert. Es wird Zeit, dass du selber entscheiden kannst, wann du kommst und gehst. Außerdem kannst du so fliehen, falls du auf der Erde angegriffen wirst."
Ein glückliches Lächeln umspielt meine Lippen. Das hört sich nach einer erstrebenswerten Fähigkeit an.
Nie wieder Bahn fahren!
Nie wieder in überfüllten Bussen stehen müssen!
Keine Treppen mehr laufen!
Nie wieder plötzlich an Luzifer gepresst werden!
Bei dem letzten Gedanken zieht sich kurz mein Herz zusammen, ich ignoriere es jedoch schlichtweg.

„Ich kann gar nicht abwarten, bis es losgeht.", sage ich freudig.
Auch Luzifer grinst leicht.
„Das habe ich mir schon fast gedacht. Am Anfang springst du erstmal nur durch die Halle, bevor du zwischen den Welten springst. Es wäre nicht gerade wünschenswert, dass ein Sprung auf so eine Distanz missglückt."
Ich traue mich nicht, Luzifer zu fragen, was genau die Folgen wären. Besser, wenn ich es überhaupt nicht weiß. Er läuft einige Schritte von mir weg und erklärt währenddessen, worauf ich alles achten muss.
„Überlege dir genau, wo du hin willst. Ein Ort oder eine Person. Am sichersten ist es, wenn du ein genaues Bild vor Augen hast. Für unsere Übung erstmal nur auf diesen Punkt." Er deutet auf einen schwarzen Fleck auf dem Boden.
Luzifer gesteht mir, dass es nicht sonderlich viel über das Teleportieren zu erklären gibt und dass es, sobald man den Dreh raus hat, ganz einfach ist.
„Probiere es einfach mal, du schaffst das schon."
Leichter gesagt als getan. Wie soll ich mich denn urplötzlich teleportieren? Ich schließe meine Augen, atme tief ein und aus und denke an die Markierung auf den Boden direkt vor Luzifers Füßen.
Nach einigen Sekunden öffne ich meine Augen, nur um zu bemerken, dass ich noch immer an der selben Stelle stehe.
„Das kann ja dau.."
Luzifer unterbricht mich kopfschüttelnd.
„Mach weiter, du hast es gerade erst einmal probiert."
Ich seufze leise.
Erneut schließe ich meine Augen.
Schwarzer Fleck.
Schwarzer Fleck.
Schwarzer Fle..
Mich überkommt ein komisches Gefühl, das mir mittlerweile jedoch gut bekannt ist. Schnell öffne ich meine Augen, nur um zu sehen, wie Luzifer vor mir erscheint und ich ihn im nächsten Moment mit einer unerwarteten Wucht zu Boden reiße.
Mir entfährt ein leises Kreischen, bevor ich mit ihm auf dem Boden lande.

Er stöhnt leise auf.
„Na geht doch."
Erstaunt und voller Adrenalin schaue ich mich um und mir fällt auf, dass ich es wirklich geschafft habe.
Ich lache glücklich.
„Ich kann's gar nicht glauben, es hat funktioniert!"
Unter mir höre ich ein tiefes Lachen und erst dann wird mir bewusst, dass ich Luzifer zu Boden geworfen habe und auf ihm liege.
Sachte streichelt er meinen Kopf.
„Ich wusste, du kannst es schaffen."
Meine Wangen röten sich leicht und ich stoße mich sachte von ihm ab.
„D.. Danke und sorry, ich wollte dich nicht umrennen."
Auf seinen Lippen liegt ein umwerfendes Lächeln und er streift mir vorsichtig eine Haarsträhne hinter mein Ohr.
„Keine Sorge. Solange du es bist, lasse ich mich immer gerne zu Boden schmeißen."
Seine stechend blauen Augen mustern mich aufmerksam, weswegen ich mir unsicher auf meine Unterlippe beiße.
Gerade, als ich mich von ihm wegdrücken will, legt er seinen Arm um mich und dreht uns blitzschnell.
Sodass nun nicht ich auf ihm, sondern er auf mir liegt.
Sein Atem streift sachte meine Halsbeuge.
„Lu.." Doch weiter komme ich nicht, da sein Daumen sanft über meine Lippen streift.
Mein verräterisches Herz schlägt viel zu schnell und sein umwerfender Duft, der mich umhüllt, macht es mir nicht leichter, ihm zu widerstehen.
Kurz bevor ich mich zu ihm hochstrecken, will um ihn zu küssen, muss ich wieder daran denken, was für ein Arsch er gestern war.
Er beugt sich wie in Zeitlupe zu mir nach unten und ein gemeines Grinsen bildet sich auf meinen Lippen.
Ich schließe die Augen, doch anstatt auf seine Lippen zu warten, denke ich an eine Stelle in der Halle, zu der ich mich teleportieren will.
Mich überkommt das unangenehme Gefühl und im nächsten Moment stolpere ich auf der gegenüberliegenden Seite der Halle einige Schritte über den Boden.
Der Anblick Luzifers, wie er auf der anderen Seite der Halle liegt und fast den Boden küsst, entlockt mir ein Lachen.
Rache ist süß.
Zuckersüß in diesem Fall.

„Ich glaube, ich hab den Dreh langsam raus, was sagst du?"
Ich höre, wie ein Faust auf den Boden aufschlägt.
„Alice, komm sofort wieder her, du kleine Göre."
„Da musst du mich erst fangen."
Ich sehe von hier aus, dass seine Augen kurz rot funkeln, bevor er einseitig seine Lippe zu einem Lächeln zieht.
„Renn."

Im nächsten Moment steht er vor mir. Ein Schrei entfährt meiner Kehle und ich stolpere einen Schritt rückwärts. Doch schon in der nächsten Sekunde teleportiere ich mich durch den Raum, um vor ihm zu fliehen.
„Um mich zu bekommen musst du schneller sein, Luci."
Ich grinse ihn frech an.
Er springt mir hinterher und ich spüre schon fast seine Hand auf mir, bevor ich grinsend in die nächste Ecke flüchte.
Gerade suche ich die Halle nach Luzifer ab, als sich zwei muskulöse Arme von hinten um mich legen.
Sachte streift mich sein Atem an meiner Halsbeuge und mich durchfährt ein angenehmer Schauer.

„Hab ich dich."

Hello Devil, nice to meet you!  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt