Kapitel 71

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Ich wende meinem Blick dem Boden zu, erleichtert darüber, dass meine Maske die Röte meines Gesichtes verdeckt.
Na super, der Abend läuft ja blendend.
Satan, der offensichtlich wütend ist, und Luzifer, der mich wie immer aufzieht.
Ach, und ganz zu schweigen von dem mir identisch aussehenden Jonathan, der sich als mein Bruder offenbart hat.
Ich drehe mich gedankenverloren zur Musik, versuche jedoch, jeglichen Blickkontakt zu meiden.
„Sag bloß, du bist sprachlos?"
Nein.
„Ich bitte Euch, überschätzt Euch nicht, Eure Hoheit, solche Bemerkungen bin ich von Euch doch gewohnt."
Ich blicke tief in seine Augen, die heute ungewöhnlich dunkel erscheinen und dadurch nur noch mächtiger und undurchdringlicher sind als sonst.
Er grinst verführerisch.
„Worüber denkst du nach?"
Ich zucke leider kurz irritiert mit den Augenbrauen, bevor ich ein sachtes Lächeln aufsetzte.
Hat er vorhin etwas gesehen oder gar gehört?
„Nichts wichtiges."
Er schnaubt spöttisch aus.
„Du bist eine unglaublich schlechte Lügnerin. Also wirklich grauenhaft.
Was ist los? Mich anzulügen passt nicht zu dir."
„Wie wäre es, wenn Ihr euch lieber auf die Tanzschritte anstatt auf irgendwelche Vermutungen konzentriert, Sherlock?"
„Ich habe also Recht, irgendwas verbirgst du vor mir."
Ich verdrehe genervt die Augen.
„Sag es mir."
„Nein."
„Jetzt hast du selber zugegeben, dass du etwas verschweigst."
Bitte?
„Ihr dreht euch meine Antworten auch, wie es Euch passt.
Nein, da gibt es nichts zu erzählen."
„Ich kann dich auch schlichtweg dazu zwingen es mir zu sagen."
Ich grinse.
Die Herausforderung nehme ich an.
Ich lasse zwei meiner unscheinbar wirkenden, schwarzen Funken vor seinem Gesicht hin und her tanzen.
„Versucht es doch."

Mit diesen Worten endet das Lied.
Ich verbeuge mich vor ihm, wobei ich meinen Blick keine Sekunde von seinem grinsenden Gesicht abwende.
Dann drehe ich mich herum und laufe geradewegs auf Satan zu.
Kurz bevor ich diesen erreiche, wende ich meinen Blick erneut zu Luzifer und grinse ihn frech an.

„Darf ich diese hübsche Dame auf einen Drink einladen?"
Neben mir erscheint Eligor.
„Mach zwei draus und wir können drüber reden."
Er lacht herzlich.
„Eine wahre Lady."
Er bietet mir einen Arm an.
„Moment ich muss noch kurz mit.."
Ich breche ab, da ich Satan nicht mehr in der Menge entdecke.
„Hat sich gerade erledigt, gehen wir."
Ich hake mich bei ihm unter und wir schreiten gemeinsam durch den Saal.

„Ihr in der Hölle wisst echt, wie man Bälle feiert."
„Soll ich dir mal die eigentliche Party zeigen? Wie soll ich sagen, das hier ist eher etwas für's ältere Klientel."
Ich schaue ihn irritiert an.
„Komm mit, ich zeige es dir."
Er zieht mich einmal quer durch den Raum und drückt mich in einer versteckten Ecke an eine Wand.
Das Einzige, was ich sehe, ist seine muskulöse Brust direkt vor meinem Gesicht.

„Bist du bereit?"
Ich schaue hoch in sein Gesicht.
Ein heißes Lächeln ziert seine Lippen.
Eine seiner Hände streift sachte meinem Arm hoch und bleibt auf meiner Schulter liegen, dann drückt er mich noch näher an die Wand, die jedoch nachgibt.
Ich stolpere einige Schritte nach hinten ins Dunkle.
Eligor tritt schnell nach vorne, schließt die Tür hinter sich und umfasst meine Hüfte, sodass ich nicht hinfalle.

„Oh Gott, sag halt was, ich wäre fast hingefallen."
Es ist stockdunkel, ich spüre nur Eligors Atem auf meinem Gesicht.
„Keine Sorge, ich hab dich ja gefangen. Gehen wir.
Bleib immer eng hinter mir."
Aus seiner Hand flackert eine kleine Flamme auf.
Er greift nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her.
„Wo gehen wir hin?"
„Moment, siehst du gleich."
Wie laufen weiter durch den Gang.
Bis er irgendwann vor einer massiven Tür stehen bleibt.
Er dreht sich, bevor er sie öffnet, zu mir herum und grinst.
„So feiern wir eigentlich in der Hölle."
Er öffnet die Tür und vor mir erstreckt sich eine riesiger Raum.
Er ist dunkel, vernebelt, voller tanzender Menschen und mir kommt laute Musik und der Geruch von Alkohol entgegen.
Ich grinse.
„Also, das habe ich echt nicht erwartet."
Die Gäste tragen alle Ballkleider und Smokings, also eindeutig Ballgäste.

„Komm mit, Alice."
Ich halte Eligor am Arm zurück.
„Bist du sicher, dass ich nicht besser auf dem Ball sein sollte?"
„Keine Sorge, den Rat und alle wichtigen Personen wirst du noch früh genug kennenlernen."
Da hat er wahrscheinlich recht, und außerdem tut es mir bestimmt gut, mal auf andere Gedanken zu kommen.
Wir schieben uns durch die feiernde Menge und schnappen uns jeweils ein Getränk, bevor wir uns selbst unter die Tanzenden mischen.

Eligor ist ein ganz passabler Tänzer und wird direkt von gefühlt 100 Mädchen belagert.
Wobei auch ich jemanden in der Menge finde, der mir gefällt.
Unsere Blicke treffen sich und der heiße Kerl mit dem dunklen Blick kommt zielstrebig auf mich zugelaufen.

Wir tanzen eine Weile nebeneinander, bis er mich anspricht.
„Hey ich bin Adrian, ich hab dich hier noch nie gesehen, wie heißt du?"
„Ich bin Alice, freut mich, dich kennenzulernen."
„Die Freude ist ganz meinerseits, auf eine schöne Nacht."
Er grinst mich an und wir stoßen mit unseren Gläsern an.

Wir tanzen noch Stunden gemeinsam, wobei Eligor immer mal nach mir schaut und mit mir tanzt, bis er wieder von jemandem weggezogen wird.
„Wollen wir mal raus gehen?", fragt Adrian, wobei seine Hand sachte auf meiner Taille liegt.
„Gerne, ich brauche unbedingt frische Luft."
Meine Augen durchsuchen den Raum nach Eligor, der jedoch direkt vor dem DJ steht und mit einem hübschen Mädchen tanzt.
Ach, ich bin ja gleich wieder da, er wird mich schon nicht vermissen.

Adrian und ich gehen durch den dunklen Gang zurück in den Ballsaal, wobei ich mich an der kalten Wand abstütze.
Hier draußen ist die Luft gleich viel angenehmer.
Der Ballsaal ist schon relativ leer, wobei ein Blick auf die Uhr das auch erklärt.
Halb drei. Kein Wunder, dass keiner mehr da ist.
Wie schnell die Zeit verging, unglaublich.

Langsam wird mir der Alkohol zum Verhängnis, den ich den Abend über nicht gerade wenig konsumiert habe.
„Komm mit, ich kenn einen schönen Platz.", sagt er leise.
Ich laufe leicht schwankend neben ihm her.
„Moment, ich helfe dir."
Er legt seinen Arm um meine Taille und führt mich auf die große Flügeltür zu.
„Geht's?"
„Alles gut, ich sollte nur aufhören zu trinken."
Wir verlassen den Ballsaal.

Langsam überkommt mich die Müdigkeit.
„Adrian, ich sollte besser gehen. Ich bin wirklich müde und ein klitzekleines bisschen betrunken."
Er nickt verständnisvoll.
„Ich bringe dich noch heim, wo musst du hin?"
„Nur hier im Schloss auf mein Zimmer, also musst du mich nicht begleiten."
Er zieht mich näher zu sich heran und hebt meinen Kopf mit einer Hand an, sodass ich ihm ins Gesicht schaue.
„Alice, ich begleite dich auf dein Zimmer."
Ich nicke nur leicht lächelnd.
„Na dann, komm."

Wir laufend gemeinsam durch die Gänge, wobei wir uns des öfteren verlaufen, über jede Kleinigkeit lachen und letzen Endes ewig brauchen, bis wir vor meiner Tür stehen.
„Danke Adrian. Der Abend war echt schön.", sage ich und schaue ihm tief in die dunklen Augen, die mich den ganzen Abend über schon fesseln.
„Alice, küss mich."
Ich zögere kurz.
Eigentlich kenne ich ihn ja überhaupt nicht.
Doch schlagartig überkommt mich der Wunsch, ihn zu Küssen, eine innere Begierde, der ich einfach nicht widerstehen kann.
Meine Arme legen sich um seinen Nacken und meine Lippen auf die seinen.
Augenblicklich zieht er mich an sich, eine Hand auf meinen Hinterkopf und die andere um meinen Körper.

Hello Devil, nice to meet you!  Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt