5

35 2 0
                                    

Jemand rüttelte an meiner Schulter. Murrend drehte ich mich auf die andere Seite. Wieder ein Rütteln. Diesmal stärker. Da wollte mir jemand wirklich meinen Schlaf stehlen! „Ich bin wach.", knurrte ich verschlafen. „Steh auf! Verdammt! Es gibt Ärger!", hörte ich Taylor Millionen Lichtjahre entfernt. „Ja, ja.", murmelte ich und drehte mich um. Er sollte mich schlafen lassen. „Aaron! Willst du mich verarschen?! Steh auf man!" Ich hörte nur halbherzig hin. „Steh auf!" Wütend riss mir Taylor die Bettdecke fort. „Die Wölfe zerreißen sich vor deiner Haustüre in Stücke und du pennst!" Aus kleinen Augen blickte ich zu ihm hoch. Langsam verarbeitete mein Gehirn die Informationen. Mit einem Mal war ich hellwach. Ich spitzte meine Ohren. Tatsächlich konnte ich Knurren und Winseln wahrnehmen. Das mussten mehrere hundert Wölfe sein!

„Komm mit. Deine Eltern sind bereits evakuiert." Taylor bot mir seine Hand an. Ich ließ mich vom Schlafsofa hochziehen. Der Vampir warf mir eine Jacke zu. Auf dem Weg nach untern klärte er mich über die Lage auf.

„Darwin versucht seit zwei Stunden ins Haus zu kommen. Logans Rudel hindert ihn bis jetzt erfolgreich daran." „Was will der von mir?" „Ich weiß es nicht.", antwortete Taylor ehrlich, „Wir bringen dich in Sicherheit. Darwin bekommt dich nicht in die Finger!" An der Terrasse standen ungefähr fünfzehn Vampire. Ritter oder Knights, wie sie sich selbst nannten. Ich erkannte sie an ihrer Kleidung. Sie dienten dem Schutz des Clanüberhaupts und seiner Familie.

„Tris hat sie geschickt.", flüsterte Taylor und schob mich voran, „Los jetzt. Logans Rudel wird nicht ewig durchhalten!" Wir betraten den Garten. Um uns herum die Ritter. Taylor hob mich in seine Arme. Auch wenn ich ein Hybride bin, kann ich nicht so weit und hoch springen wie Vampire. Ich atmete ruhig aus um mich zu beruhigen. Das war mir einfach zu viel Wirbel um meine Person. Ein leises Knacken ließ mich zum Dach hochsehen. Dort hockten vier Menschen. Ich hielt die Nase in den Wind. Es bestätigte meinen Verdacht. „Taylor! Da sind Wölfe oben auf dem Dach!" Der Vampir drehte sich um und blickte nach oben. Im selben Moment stürzten sind die Wölfe in ihrer wahren Gestalt vom Giebel herunter. Ein paar Meter weiter splitterte gleichzeitig das hölzerne, mannshohe Gartentor. Innerhalb von Sekunden waren wir von zähnefletschenden Werwölfen umringt. „Ich schätze, wir haben rausgefunden, welche zu Darwin gehören.", sagte ich sarkastisch. „Verschwindet.", wisperte einer der Ritter ohne die Lippen zu bewegen. Taylor ging ein paar Schritte rückwärts, setzte an hochzuspringen. Doch plötzlich riss ihn von hinten ein Wolf zu Boden. Ein Ritter schlug den Angreifer nieder. Ich lag etwas unbeholfen unter Taylor, der mir sofort wieder aufhalf. „Ihr könnt nicht fliehen.", sagte einer der Wölfe in Menschengestalt. Er hielt eine handgroße Kugel in der Hand. Bevor er sie in die Luft warf, drückte er einen Knopf. Sofort trat Gas aus. Schlafgas! Es wirkte innerhalb von Sekunden. Bei Vampiren wirkte gewöhnliches Schlafgas nicht. Bevor ich ohnmächtig wurde, erkannt ich wie auch Taylor die Augen zufielen. Was war hier los?

Es dauerte eine kleine Ewigkeit bis ich wieder zu mir kam. Ich fand mich in einem dunklen Steinkeller wieder. Allein. Verdammt! Wo steckte Taylor? Das hier war definitiv kein Versteck des Vampirclans. Hatte mich Darwins Rudel gefangen genommen? Ich hatte keine Zeit mir weiter Gedanken zu machen. Draußen vor der Tür waren aufgebrachte Stimmen zu hören. Ich konnte nichts verstehen. Das irritierte mich. Normalerweise hätte ich ohne Schwierigkeiten mithören können. Vielleicht eine Nebenwirkung des Gases?

Quietschend öffnete sich die Tür. Selbst meine übernatürlichen Augen verweigerten mir den Dienst. Ich konnte nur Schatten wahrnehmen – eben wie ein normaler Mensch. Der Fremde packte mich am Arm und zerrte mich hinter sich her.

Der Weg führte durch unendlich lange Gänge mit unzähligen Abzweigungen. Wie sich mein Entführer hier nur zu Recht fand? Es war mir ein Rätsel.

Mit der Zeit kehrte mein spezielles Sehvermögen zurück. Ich wagte es kurz meine Nase hochzuhalten. Es roch nach Wölfen. Hier versteckte sich also Darwins Rudel. Vor einer Tür machten wir halt. Der Wolf machte ein Klopfzeichen. Ein Ausguck wurde geöffnet. „Verbinde ihm die Augen.", bekam er Anweisung. Ich erkannte die Stimme. Der gleiche Wolf, welcher das Gas freigesetzte.

Nachdem meine Augen verbunden waren, wurde ich weitergeführt. Die Abstände zwischen den Kontrollpunkten verringerten sich. Plötzlich hielten wir ganz an. Die Augenbinde wurde entfernt. Blinzelnd gewöhnte ich mich an die Helligkeit. Wir mussten an der Oberfläche sein. Der Wolf vor mir betrachtete mich prüfend. Lange schwieg er mich an. Dann zeigte er auf die Tür vor uns. „Der Alpha erwartet dich." Unsicher nickte ich und drückte die Klinke herunter um einzutreten.


Das Leben zwischen den StühlenWhere stories live. Discover now