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„Fragst du dich nicht, warum sie da unten stehen und nichts unternehmen?", fragte mich Samu auf einmal. „Die Vampire würden einen Krieg auslösen. Taylor weiß, dass ich das nicht will." „Die könnten hier sowieso nicht rein.", erklärte der Beta stolz, „Die Burg ist durch einen Zauber geschützt. Verewigt in den Runen auf den Bausteinen der Mauern." „Ich bin aber hier.", merkte ich an. „Du bist ein Hybrid. Deswegen wird dir nichts passieren, aber du hast Schwierigkeiten deine Vampirkräfte zu nutzen, stimmt's?" Verwirrt nickte ich. Die kurzen Blicke nach unten hatten mich im Vergleich zu sonst viel Kraft gekostet.

„Ich werde mit Taylor reden. Ich möchte, dass du nicht von Samus Seite weichst." „Ich komme mit!" „Nein! Solange ich nicht weiß, ob die Black Union Taylors Sippe infiltrier hat, bleibst du innerhalb der Mauern." „Ich bin nicht dein Gefangener!" „Stimmt. Das bist du nicht. Aber solange du hier bist, bin ich für deine Sicherheit verantwortlich.", meldete sich Samu zu Wort. Darwin drehte sich um und verließ die oberste Wehrmauer ohne auf die Diskussion einzugehen, die ich mit seinem Beta führte. Von oben beobachtete ich den schwarzen Wolf. Er passierte ein Tor nach dem anderen. Vor dem Haupttor verwandelte er sich in seine menschliche Gestalt und zog sich etwas an. Ich hätte wieder anfangen können zu sabbern. Ein leichter Schmerz machte sich in meinem Kopf bemerkbar. Ach ja, meine Vampiraugen. Genervt schloss ich sie, schnaufte kurz durch und öffnete sie wieder. Der Beta neben mir fixierte die ungebetenen Gäste im Tal. Der perfekte Zeitpunkt um eine Fluchtroute zu finden. Unbemerkt suchte ich die Burg nach möglichen Pfaden ab. Der Berg in meinem Rücken und die Verteidigungswalle vor mir gestaltete die Planung schwierig. Der einzige Weg führte durch die Tore. Jedoch fiel mir auf, dass es noch kleinere Tore gab. Langsam schlich ich von meinem Bewacher weg. Wirklich beeindruckend, dass Samu das nicht merkte. Er war einfach zu fixiert auf seinen Alpha. Unbemerkt schaffte ich es bis zur dritten Mauer. Wie als wollte mich Darwin entkommen lassen. Aber wieso? Die letzte Mauer war knifflig. Hier gab es kein Zusatztor. Vorsichtig schlich ich mich auf die Wehrmauer. In meiner Nähe waren nur zwei Wachen. Ich wagte einen Blick nach oben. Der Beta war nirgend zu sehen. Er wusste also, dass ich entkommen war. Ich musste schnell von dieser Burg runter! Zwischen den Zinnen konnte ich Darwin und Taylor erspähen. Die beiden redeten wild gestikulierend als wenn sie um ihre Meinung kämpften. Sie waren die gekonnte Ablenkung. Mit etwas Glück würden mich die Werwölfe nicht sehen, wenn ich von der Burg türmte. Plötzlich warnte mich meine Nase zur Achtsamkeit. Ich nahm den Geruch des Betas war. Verdammt! Wenn er mich jetzt finden würde, war alles umsonst! Schnell blickte ich mich um. Bis auf die Wachen konnte ich niemanden sehen. Langsam schlich ich die Wehrmauer entlang. Schräg gegenüber konnte ich die große Mehlmühle erkennen, deren riesiges Rad immerzu vom Wasser des Thorm antrieben wurde. In regelmäßigen Abstände drehte ich mich nach den Wachen um. Der Geruch des Betas verfolgte mich unsichtbar weiter. Endlich erreichte ich die letzten Zinnen, die bereits den Anfang des Berges markierten. Siegessicher setzte ich mich zwischen die Zinnen. Unter mir floss der Fluss Thorm. Er ist der natürliche Burggraben und meine Rettung. Zu dieser Jahreszeit war er stets ein durchschwimmbarer Fluss mit leichter Strömung. Ich wollte ins rettende Nass springen. Doch im selben Moment hielten mich starke Arme fest und zogen mich zurück. Ich war so verblüfft, dass ich vergaß zu schreien.

„Sag mal, spinnst du!", fauchte mich Samu wütend an. Dabei schüttelte er mich grob durch. „Was hast du nicht daran verstanden, dass du hierbleiben sollst?!" Von dem ganzen Geschüttelt wurde mir übel. Schließlich ließ er von mir ab. Orientierungslos taumelte ich gegen das nächste Hindernis. Ich fasste mit der Hand in Leere und – fiel! Mit einem erschrockenen Schrei fiel ich in die Tiefe. Der Beta versuchte mich noch zu fassen. Doch erfolglos. Irgendwo schlug ich mir den Kopf an. Meine Welt versank in Dunkelheit.

Aus weiter Ferne hörte ich jemanden rufen. Ich konnte nicht sagen, mit wem gesprochen wurde. Die Stimme klang sehr verärgert. Langsam fand ich aus der Schwärze zurück. Mein Kopf schmerzte heftig.

„Verdammt! Du hattest die einfache Aufgabe ihn zu bewachen!", fauchte jemand. Vorsichtig drehte ich den Kopf um mich zu orientieren. Das Zimmer war spartanisch eingerichtet. Die Stimmen nahm mein Werwolfsgehör jenseits der Tür war. Ich versuchte mich aufzusetzen. Sofort überkam mich Schwindel, der mich zurück auf die Matratze zwang. Verwirrt fasste ich mir an den Kopf. Ich ertastete einen Verband. Was war passiert? Der Fluchtversuch musste jedenfalls fehlgeschlagen sein. Mein Kopf schmerzte bei jedem Gedanken zunehmend. Das Geschrei draußen wurde leiser. Schwungvoll wurde die Zimmertür geöffnet. Zu meinem Leidwesen stand dort Darwin mit hochrotem Kopf. Er versuchte seine Wut zu verstecken, was bei seinem Wutpegel wohl ein Ding der Unmöglichkeit darstellte. Mühsam beherrscht setzte er sich auf die Bettkante.

„Was hast du dir dabei gedacht? Du hättest dich ernsthaft verletzten können!" Ich zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht dein Gefangener." „Nein, mein Gast. Ich hatte dich gebeten auf der Mauer zu bleiben. Wieso hast du das nicht gemacht?" Ich schwieg und hielt mir den Kopf. Ruhig atmete Darwin aus. „Die Kopfschmerzen müssten in ein paar Tagen nachlassen.", erklärte er und stand auf, „Du solltest noch etwas schlafen. Später hole ich die zum Abendessen ab." Dann war ich allein. Ich fügte mich Darwins Vorschlag. Die Schmerzen ließen mir ohnehin keine Wahl. Ich fühlte mich als hätte ich einen Betonfußball geköpft.


Das Leben zwischen den StühlenWhere stories live. Discover now