19

11 0 0
                                    

„Der Sicherheitsdienst gibt grünes Licht. Aber wir müssen in der Nähe des Gebäudes bleiben.", teilte uns Darwin mit. „Hauptsache frische Luft!" Wenig später standen wir abseits im Freien. Ein Misch aus Vampiren und Werwölfen stand unweit von uns. „Keiner traut uns zu, dass wir auf Aaron aufpassen können.", knurrte mein Wolf leise. Desinteressiert zuckte der Vampir mit den Schultern. Ich stand dazwischen und schürfte meinen Kaffee. Im Augenwinkel bemerkte ich eine schnelle Bewegung. Plötzlich ging Darwin ohne Vorwarnung zu Boden. Taylor reagierte sofort und zog mich hinter sich. Perplex ließ ich den Becher los. Über Darwin stand ein Vermummter mit einem Dolch in der Hand. Am vordersten Teil tropfte Blut herunter. Er schritt über den am Boden liegenden Werwolf hinweg. Der ausgelaufene Kaffee ergoss sich wie ein See zwischen Taylor und dem vermummten Angreifer. Doch der Vermummte überschritt ihn ohne zu zögern. Je näher er uns kam desto weiter drängte Taylor mich zurück. Schließlich hob er mich in seine Arme und sprang hoch um auf dem nächsten Dach zu landen. Leider konnte uns der Angreifer ohne Schwierigkeiten folgen. Demnach handelte es sich um einen Vampir. Taylor hetzte von einem Giebel zum nächsten. Schließlich tauchte ein Wolf auf dem nächsten Dach auf. Ich erkannte den Geruch. „Das ist Samu! Darwins Beta!" Taylor nickte kurz und landete auf dem schmalen Grad des Hauses. Er blieb kurz in der Hocke um zu verschnaufen. Sofort rannte der Werwolf auf uns zu. Als ich dachte, er würde uns nach unten reißen, stieß sich Samu an Taylors Rücken ab und katapultierte sich in die Höhe. Im Flug riss er den feindlichen Vampir in die Tiefe. Der Wolf nahm seine menschliche Gestalt an und warf ein Seil mit Wiederharken nach oben. Dessen Kralle verhakte sich an einem Schornstein. Das andere Ende des Seils war an Samus Taille geknotet. Er bekam den Vermummten zu fassen und ließ ihn mit dem ganzen Schwung gegen die Mauer des Hauses krachen. Beeindruckend wie beängstigend zu gleich. Diesen Werwolf sollte man definitiv nicht verärgern. Samu ließ den Vampir los. Unten wurde er von den wartenden Wölfen aufgefangen und festgesetzt. „Wenn der Beta so wütend ist, sollten wir schnell zurück und nach Darwin sehen.", schlug Taylor vor. Ich war ein bisschen verwundert. Wo kam plötzlich die Sorge um den Werwolf her? Taylor und er zofften sich schließlich nach wie vor, wenn sie dachten alleine zu sein.

Taylor stieß sich erneut vom Dach ab. Wir waren keine fünf Dächer weit gekommen als drei weitere Vermummte auftauchten. Uns blieb nur die Flucht in die verwinkelten Straßen. Mein bester Freund landete filigran neben dem Supermarkt und erschreckte ein paar Passanten. Wir liefen am Rand des Friedhofszauns entlang. Am Ende lag eine Bahnstation. Taylor zog mich weiter. „Die fährt nicht.", sagte er auf meinen giftigen Blick. Im Laufen bin ich noch nie eine Granate gewesen. Im Westen ging die Sonne langsam unter. Keine gute Voraussetzung. Wir liefen am ‚Rosis' vorbei. Jener Kneipe in der mich meine beiden Freunde damals gebissen hatten. Daneben lag die ‚Stegbrücke'. Neben ihr führte nur die ‚Große Wolfsbrücke' über den Fluss Thorm. Ab hier begann Logans Revier. Mit ein bisschen Glück würden unsere Verfolger nun kehrt machen. Ein flüchtiger Blick über die Schulter sagte das Gegenteil. Ein Rascheln ließ mich zur Seite sehen – und einen großen Stein übersehen. Ich folg im hohen Bogen und bremste mit der Nase. Taylor hatte ich überraschend ebenfalls zu Boden gerissen. Die Angreifer kamen unaufhaltsam näher. Jeder mit einem Dolch wie der Erste bewaffnet. Drohend hielten sie die Waffen über ihre Köpfe. Taylor zog mich näher an sich. „Kannst du laufen?", wisperte er ohne die Lippen zu bewegen. Ich nahm einen heftigen Schmerz von meinem Fußknöchel wahr. „Weiß nicht.", murmelte ich und lehnte meinen Kopf an Taylors Schulter, „Wir sind gearscht oder?" Er schloss kurz die Augen. „Gegen alle komme ich nicht an.", gab er zu und stand auf um sich schützend vor mich zu postieren. Mit einem Kampfschrei sprangen die Angreifer auf uns zu. Ängstlich schloss ich die Augen. Erbärmlich. Aber ich wollte es einfach nicht sehen, wie sie Taylor zerrissen. Es raschelte wieder dicht neben meinem Ohr. Ich hörte Knurrgeräusche. Dann war es still.

Plötzlich wurde ich in feste Arme gezogen. Ich ließ einen überraschten, hellen Schrei los. „Scht." Erleichtert erkannte ich die Stimme meines besten Freundes. Beruhigt öffnete ich die Augen. Hinter Taylor stand eine Patrouilleneinheit aus Logans Rudel. Sie hatten die feindlichen Vampire niedergeschlagen und in Gewahrsam genommen. Unsere Verfolger waren mit Steinfesseln gefesselt. Darauf konnte man feine Linien erkennen. Eingravierte Runen. Taylor zog mich auf die Beine, ehe er mich in seine Arme hob. „Wir bringen euch ins Dorf.", meldete sich einer der Wölfe.

Etwa eine halbe Stunde liefen wir durch dichten Wald. Wie eine Fata Morgana tauchte das Wolfsdorf vor uns auf. Die Schmerzen in meinem Fuß ließen langsam nach. Vielleicht konnte ich später schon wieder selbst laufen. Als hätte er meinen Gedanken gelesen, stellte mich Taylor auf meine eigenen Beine. Er zeigte an mir vorbei. In einem Affenzahn lief Darron auf uns zu. Er fiel mir in die Arme. „Ein Glück, dir ist nichts passiert!" Genauso schnell wie er mich praktisch angesprungen hatte, ließ er mich auch wieder los. Etwas peinlich berührt kratzte er sich am Kopf. „Tut mir leid.", murmelte er, „Seid ihr verletzt?" „Ich bin vorhin... umgeknickt. Kannst du dir das bitte kurz ansehen?" Der Wolf nickte und führte uns zu einer der Hütten. „Logan holt euch hier ab, sobald sich alles beruhigt hat.", erklärte Darron während er meinen Fuß mit stabilisierenden Bandagen einband. Ich warf ihm verwirrt einen Blick zu. „Telepathie. Kannst du das nicht?" Ich schüttelte den Kopf. „Was kannst du überhaupt?", witzelte unser Gastgeber. Taylor knurrte bedrohlich. „Beruhigte dich.", bat ich den Vampir eindringlich, „Er macht doch nur Spaß." Der Vampir schwieg. „Möchtet ihr heute Nacht hierbleiben. Also in meiner Hütte? Ich habe ein schönes Gästezimmer.", schlug Darron versöhnlich vor. „Gerne.", stimmte ich zu und gab Taylor einen leichten Stoß mit dem Ellbogen. „Wird schon gehen.", maulte er.


Das Leben zwischen den StühlenOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz