24

12 0 0
                                    

„Es ist angedacht, dass du immer vier Personen um dich herumhast.", erklärte Darwin die Planung, „Also außer Taylor und mir, sind immer zwei zusätzliche Gardisten von der Partie." Ich nickte. Es waren verhältnismäßig wenige Beschützer. Aber das war gut. Den Wirbel um meine Person mochte ich nach wie vor nicht. „Wie reisen wir eigentlich?" „Mit Vaters Privatflugzeug.", sagte Taylor nebenher und tippte auf seinem Smartphone herum. „Ist das nicht ein bisschen groß? Wir sind zu elft.", harkte ich nach. „Wieso elf? Du bekommst noch einen Sekretär vom Bürgermeister und zwei Übersetzer." Ich starrte Darwin an. „Sonst noch jemanden?" „Wir können die zwei gerne hierlassen. Aber keiner von uns spricht alle Sprachen dieser Welt. Deswegen sind sie wichtig. Genauso wie der Sekretär, der als Protokollführer fugieren wird." Nickend stimmte ich zu.

Meine Garde, die Übersetzer und den Schreiberling traf ich am Flughafen des Nachbarorts wieder, wo Trevor einen Hangar für seine kleinen und großen Schätze gemietet hatte. Ein modernes, mittelgroßes Flugzeug parkte davor. Auf den Tragflächen und dem Ruder prunkten Trevors Familienfarben.

Die beiden Piloten begrüßten uns höflich. Es waren Menschen. Das verwunderte mich ein wenig. „Fliegen Sie öfter diese Maschine?" „Wir fliegen alle Flugzeuge von Lord Trevor.", bestätigte der Pilot und führe mich zur Treppe.

Im Innenraum des Flugzeugs reichte mir Taylor eine kleine Mappe. „Der aktuellste Reiseplan. Wir fliegen erstmal in die Hauptstadt." Er sprach von Katora, die Hauptverwaltungsstadt der fünfzig Einzelstaaten unseres Kontinents Katakora. Sie befand sich hoch oben im Norden. Neben unserem Kontinent gab es nur noch drei weitere bewohnte Inseln. Paneura, ein weiterer Staatenzusammenschluss, Tokata, ein mittelgroßes Königsreich mit kleinen Inselgruppen, und das abgeschiedene Tasma Island bildeten die offiziellen Verwaltungsstaaten.

Fluglinie lag Katora nur etwa zwei Stunden von unserem Standort entfernt. Das Wetter versprach eine ruhige Reise. Neben mich setzte sich Darwin, was Taylor ohne Wiederworte billigte. „Hab Flugangst.", wisperte der Werwolf auf meinen fragenden Gesichtsausdruck. Ich nickte langsam. Wollte er mir das wirklich klarmachen?

Als sich der metallische Vogel in Bewegung setzte, krallte sich Darwin verängstigt in die Armlehne. Von der anderen Seite des schmalen Ganges war ein leises Lachen zu hören. Taylor konnte wirklich unmöglich sein!

In der Luft entspannte sich der Wolf ein wenig. „Wieso bist du mitgekommen? Du wusstest doch, dass wir das Flugzeug nehmen." „Ist meine Aufgabe.", antwortete Darwin abgehackt. Sein Blick war stur auf einen Punkt fixiert. Meine Augen wanderten zu Taylor. Er unterhielt sich mit seinem Sitznachbarn.

Der Sinkflug versetzte Darwin abermals in Panik. Ich wusste nicht, was mir mehr Leid tat. Die Armlehne, die man dank den deutlichen Kratzspuren kaum noch erkennen konnte, oder der nervlich am Boden liegende Werwolf.

In Katora wurde mein Gefolge und ich von den herrschenden Ministern der Einzelstaaten empfangen. Schon wieder viele Namen und Gesichte. Wie sollte ich mir, dass alles nur merken? Irgendwann lächelte ich nur noch und schüttelte weiter artig Hände.

Am Abend wurde ich zu einem Bankett eingeladen. Bis dahin hatte sich Darwins Zustand wieder gebessert. Mir kam es sogar so vor als wenn Taylor Rücksicht auf unseren Werwolf nahm. Wobei, das war irgendwie ausgeschlossen.

Nach dem köstlichen Essen und einigem nutzlosen und nervigem Gequatsche der Politiker, bei dem ich nicht die Miene verziehen durfte, wurde ich endlich in mein Hotelzimmer gebracht. Es war halb elf abends. Seufzend ließ ich mich aufs Bett fallen. Hinter mir hörte ich die Tür und verdrehte die Augen. „Schläfst du schon?", raunte mir Darwin ins Ohr. Ich schüttelte den Kopf. Eigentlich wollte ich nur meine Ruhe. Jetzt war das ausgeschlossen.

Plötzlich spürte ich seine Hände um meine Hüfte. „Du machst es mir nicht leicht." Ich konnte förmlich sein Grinsen hören und drehte mich um. „So? Mache ich das?" Provozierend sah ich in seine Augen. Nickend wartete er, dass ich zuerst den Augenkontakt abbrach. Der Wolf kam mit dem Gesicht näher. Kurz bevor sich unsere Nase berührten, hielt er an. Der Tür ging wieder. Ich nahm das Geräusch kam wahr. Nur Darwins Augen vor mir. Das Gefühl von damals kehrte zurück. Die Verliebtheit für diesen einzigartigen Wolf. Er lächelte mich an, schloss seine Augen und beugte sich nach vorn. Ich schloss ebenfalls die Augen und erwartete einen Kuss. Stattdessen hörte ich einen dumpfen Schlag und öffnete die Augen. Taylor stand erbost über Darwin, der sich den Kopf rieb.

„Verdammt, Taylor! Musste das sein?", knurrte der junge Alpha wütend. „Du hast versprochen deine dreckigen Pfoten bei dir zu lassen!", zischte der Vampir zurück. Da haben wir es ja wieder. Ein Abkommen, von dem ich nichts weiß, aber der Hauptakteur bin. Lasst die nächsten Wochen auf Weltreise mit diesen Idioten kommen. Kurzer Hand warf ich beide hochkant aus meinem Zimmer. Mir egal, wo die beiden schliefen. Ich wollte jetzt meine Ruhe!

Der nächste Morgen wurde stressig. Am Flughafen wartete bereits die Maschine. Taylor drückte mir wieder den Tagesablauf in die Hand. „Wir fliegen nach Paneura?" Er nickte und setzte sich auf seinen Platz. Darwin war ebenso schweigsam. Wollten die beiden mich etwa so bestrafen? Möglich. Helfen würde es meinen Beschützern in keinster Weise und wir hatten genüssliche sieben Stunden um das herauszufinden. Mal sehen, wer hier den längeren Atem bewies.

Der Flug verlief wie der am Vortag. Nur dauerte er länger. Tatsächlich bekam ich von meinen Freunden heute nicht mehr als ja oder nein als Antwort. Ich war wirklich froh als wir endlich landeten. Paneuras Minister hießen mich herzlich willkommen. Ich war nun gänzlich überzeugt meine Übersetzter zu benötigen. Obwohl die meisten Minister meine Sprache fließend beherrschten, interessierten mich natürlich auch die Meinungen der anderen.

Im Länderverbund lebten Menschen, Werwölfe und Vampire friedlich nebeneinander. Sie waren gleichgestellt und akzeptieren sich. So lautete zumindest die Aussage des Ministerrats. Deshalb bat ich darum, mir die einzelnen Länder ansehen zu dürfen. Die Minister stimmten zu. Mein Team notgedrungen ebenfalls.

Wir verbrachten drei Wochen im Länderverbund. Ich konnte keinen Wiederspruch zur Darstellung der Minister finden. Es fühlte sich fast wie Zuhause an. Darwin und Taylor passten zwar auf mich auf, sprachen jedoch nicht mehr als nötig mit mir. Schließlich drängte mich mein Team zur Weiterreise.


Das Leben zwischen den StühlenDove le storie prendono vita. Scoprilo ora