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„Ich möchte zu Logan.", sagte ich ohne zu überlegen. „Das geht nicht. Du kannst noch nicht aufstehen.", verneinte Darron, „Logan hat ebenfalls Bettruhe." „Ich gehe zu ihm.", versprach Taylor, „Wenn du mir sagst, was du von ihm willst." Ich wandte meinen Blick an die Wolfsbrüder. Sie verstanden und ließen uns allein. „Er soll Darwin zu mir lassen. Ich muss wissen, was er hier will." Überrascht zog der Vampir seine Augenbrauen hoch. „Dein Ernst?" Ich nickte knapp. Kopfschüttelnd machte er sich auf den Weg.

Einige Minuten später war Darron wieder bei mir. „Er sieht gestresst aus." Fragend schaute ich hoch. „Taylor. Er hat den Ruf ein tiefenentspannter Vampir zu sein." Bestätigend nicke ich. „Weißt du, was mit deinem Angreifer geschehen ist?" Ich schüttelte den Kopf. „Taylor hat ihn in Stücke gerissen.", sagte er in einer Tonlage als würden wir übers Wetter reden. „Was?", entfuhr es mir schockiert. Überlegend starrte mich der Werwolf an. „Kanntest du ihn?" Diesmal nickte ich bedauernd. „Er war Taylors fester Freund.", wisperte ich, „Sie sind seit ein paar Jahren zusammen." Wir schwiegen. „Taylor würde so etwas niemals tun! Er hat Lewis geliebt!", überlegte ich laut. „Wir können nicht sagen, was der Auslöser war. Dein Vampir könnte einen Beschützerinstinkt dir gegenüber haben." Ich schaute zweifelnd hoch. Taylor kam zur Tür reingestürmt. „Alles gut?" Ich nickte. Ich wollte ihn nicht darauf ansprechen. „Was hat Logan gesagt?" „Er war natürlich nicht sehr überzeugt. Logan meinte, seine Gefangenen bleiben in ihren Zellen, wo sie hingehören. Aber, ta da, Finnley hat für Darwin gebürgt. Er geht ihn gerade holen." Nein. Die beiden standen bereits vor der Tür. Das könnte ich wittern. Die Klinke wurde heruntergedrückt. Finnley stand in der Tür. Er hatte eine schwere Kette in der Hand, an welcher er leicht zog. Neben ihm tauchte ein schwarzer Wolf auf, der ihm bis zur Hüfte reichte. Typisch für einen Alpha-Wolf. Um den Hals trug der Wolf ein Halsband besetzt mit Steinen. Bernstein. Ich erkannte die goldgelbe Färbung. Bei Werwölfe hatte Bernstein die Eigenschaft die Verwandlung zu unterbinden. Als Darwin erwischt wurde, musste er in seiner Wolfsform gewesen sein. Finnley führte ihn an der Kette neben mein Krankenbett. „Mach ihm das Halsband ab.", forderte ich ohne Darwin eines Blickes zu würdigen. „Logan hat das verboten. Ich habe keinen Schlüssel." Darron verdrehte die Augen. Er war kurz verschwunden bis er grinsend mit dem Schlüssel zurückkehrte. „Ich frage besser nicht." Der junge Wolf grinste seinen Bruder an. „Wie du schon sagtest steht mein Wort über Logans, wenn es um meine Patienten geht." Er befreite den großen Wolf. „Was hast du denn erzählt?", fragte Finnley neugierige. „Ich habe einen Verdacht, der Darwins und Taylors Verhalten erklärt." Er legte dem Wolf eine Decke über die Schultern. Sofort setzte die Verwandlung in die menschliche Gestalt ein. Unsicher auf den Beinen stolperte Darwin auf mich zu. Er machte einen ziemlich mitgenommenen Eindruck. „Bist du in Ordnung?" Ich hatte nur einen bösen Blick für ihr übrig. „Vielleicht beantwortest du mir erst die Frage, was du in Logans Revier verloren hast?!" Betroffene Augen starrten mich an. Was hatte er erwartet? Etwa Lob? „Ich bin meiner Intuition gefolgt.", antwortete Darwin. Sein Blick war dabei auf den Boden gerichtet. „Intuition? Wirklich? Und die bringt dich hierher?" Er deutete auf meinen Verband. „Deine Verletzung. Ich habe den Einstich gespürt als hatte ich selbst eine Verletzung davongetragen." Darron klatschte erfreut in die Hände. „Dein Verdacht?", fragte Taylor und setzte sich neben mich aufs Bett. „Du hast den Stich ebenfalls gespürt. Nicht wahr, Taylor?" Mein bester Freund überlegte kurz. Ein flüchtiger Seitenblick zu mir, dann nickte er verwirrt. „Deswegen bist du so ausgerastet.", erklärte Darron, „Das war dein Instinkt." „Aber wieso jetzt?" „Warst du vorher schon mal in Lebensgefahr?" Da musste ich nicht überlegen. Ich schüttelte den Kopf. „Bei Wölfen passiert es manchmal, dass man schwere Verletzungen seinen Welpen spüren kann." Darwin schien genauso verwirrt wie Taylor und ich. „Du meinst, weil Darwin mich verwandelt hat." „Korrekt." „Aber wieso spüre ich es?", erkundigte sich der Vampir. „Ich bin nur ein Spezialist für meine Art. Tut mir leid. Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass Aaron ein Hybrid ist." „Ich kenne möglicherweise die Lösung.", murmelte der junge Alpha. „Nicht wieder die Prophezeiung, Darwin!", fauchte ich ungehalten. „So unlogisch ist das nicht.", fiel mir Taylor in die Rücken. Ich bereute es wirklich ihm davon berichtet zu haben.

„Und was ist mit Lewis? Was hat er damit zu tun?" Darwin setzte sich zu meinen Füßen. Er machte einen komischen Gesichtsausdruck. „Was weißt du schon wieder?" „Ich habe dir von Black Union erzählt. Möglich, dass er dazugehörte oder Anwärter war." Neben mir schlug Taylor die Hand vor den Mund. Verdammt! Hatte Darwin den Nagel auf den Kopf getroffen?

„Taylor. Woher kennst du diese Gruppe?" Ohne zu antworten kramte er sein Smartphone hervor. Er zeigte uns ein Bild aus der Fotogalerie. Es zeigte die beiden Vampire. Arm in Arm. Im Hintergrund der Schriftzug der Vereinigung. Ich konnte das Display nur anstarrten. „Als du bei Darwin warst, hat Lewis mich mit auf diese Party genommen. Er wollte mich auf andere Gedanken bringen." Eine Träne verließ sein linkes Auge. „Was sind das für welche?" Darwin und ich tauschten einen kurzen Blick und er begann zu erzählen.

„Es tut mir so leid.", wisperte Taylor bedrückt, „Ich wusste das nicht. Ich hätte Lewis dazu bringen müssen da auszusteigen." Ich nahm ihn an der Hand und schaute ihm mitfühlend in diese schönen roten Augen.

„Keine Sorge. Es wird schon wieder." Der Vampir nickte und betrachtete den Werwolf am Fußende. „Ich muss mich wohl damit abfinden dich zu ertragen." „Mehr oder weniger." Darwin zog die Schultern hoch. „Hast du auf der Party jemanden gekannt?" Der Vampir schüttelte den Kopf. „Nein. Ich kannte keinen von denen. Den ein oder anderen würde ich wahrscheinlich wiedererkennen. Mehr aber nicht." „Was machen wir jetzt? Die Verrückten wollen mich offensichtlich tot sehen!" Ich klang hysterisch. Aber mal ehrlich. Wer würde das nicht? „Erst einmal wirst du gesund.", brachte sich Darron ein, „Und zwar jetzt. Entweder lasst ihr ihn ausruhen oder ihr geht. Beide!" Meine Freunde verstummten. Darwin wandelte sich in einen Wolf und rollte sich neben meinen Füßen zusammen, den Kopf auf den Pfoten. Mein Lieblingsvampir legte sich neben mich. „Ich bringe euch später etwas zu Essen." Damit verließ uns der medizinische Offizier. Seinen Bruder zog er dabei mit sich nach draußen. In Taylors Armen schlief ich schließlich ein.

Darrons Einschätzung war nicht schlecht gewesen. Vierzehn Tage nach Lewis' Attacke durfte ich zurück auf Castel Sanguis. Logan und Trevor konnte ich überzeugen, dass Darwin mich begleiten durfte. Ab sofort fiel der Wolf in meine volle Verantwortung. Im Moment ist er ganz friedlich und versucht mir die Schrift der Ersten nahe zu bringen. Taylor musste dagegen mit seinem Vater Vorlieb nehmen. Der Vampir war still und zurückgezogen seit wir auf seinem Heimatschloss zurückgekehrt sind. Seine aufgeweckte Art kam kaum noch zum Vorschein. Vielleicht lag es auch am Lernen. Taylor war stets verbissen bei der Sache und seinen Vater im Rücken zu haben, machte es nicht besser.


Das Leben zwischen den StühlenWhere stories live. Discover now