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Dort saß ein kleines Hündchen. Ein Husky mit eisblauen, großen Augen.
Ich sah ihn an. Er sah mich an.

Langsam ging ich die Straße entlang. Träumend war ich in meine Gedanken versunken.
Mir war kalt, schließlich hatten wir Winter und würde deshalb alles für eine heiße Tasse Kakao mit Marshmallows tun. Schon von dem Gedanken fing ich an zu sabbern. Vielleicht würde mir Matt ja eine Tasse zu bereiten? Vielleicht würde er auch sowas sagen wie: ,,Ben, also echt. Du bist zehn und kannst keinen Kakao machen?"
Klar konnte ich Kakao machen, aber er würde nicht so wie der von Matt schmecken. Ich liebte seine Kakaos einfach, sie waren perfekt. Normalerweise ließen sich Kinder ja von ihren Eltern Kakao machen, aber meine Mutter lebte ja schon lange nicht mehr und mein Vater war nun mal mein Vater. Er interessierte sich nicht einmal für mich. Er sah mich nicht als seinen Sohn an. Aber dafür hatte ich ja meine Freunde, die Mondkinder. Sie waren immer für mich da, besonders Matt, der mir auch gleich bestimmt einen Kakao macht~
Lächelnd ging ich weiter durch die weiße Welt. Ich mochte den Winter nie sonderlich. Es war immer so kalt und spiegelte für mich irgendwie die Traurigkeit, sowie die Einsamkeit wieder. Er war leer und so still. Keine Vögel, die einen Morgens begrüßten. Waren in den Süden geflogen. Kein Gelächter spielender Kinder, denen ich gerne von der weite zu sah. Nur diese weiße, stille Ebene, die einen blendete.
Der Schnee hatte sich schon längst in meine Schuhe gefressen. Meine Füße waren kalt und nass. Wahrscheinlich würde ich morgen mit einer Erkältung in der Schule auftauchen. Wäre jedoch nur ein schöner Gedanke, da es bei mir sich ständig ausartete. Dies war wohl das Anzeichen dafür, dass ich mir neue Schuhe besorgen sollte. Schon der Gedanke daran meinen Vater danach zu fragen ließ mich zusammen zucken. Seine Kälte, wie er mich abweiste, war genauso kalt wie der Winter.
Nein nein nein, ich durfte jetzt nicht an meinen Vater denken, schließlich freute ich mich schon auf die heiße Schokolade von Matt!
So bog ich gut gelaunt in die Seiten Gasse ein, die mich immer schneller nach Hause führte, damit ich meine Sachen dort ablegen konnte und zu Matt und den Anderen gehen konnte. Jedoch sah ich etwas weniger erfreuliches, als ich einbog.
Da waren zwei Jungs, die ich kannte. Sie waren auf der gegenüber liegenden Schule. Beide waren fünfzehn und kräftig gebaut. Gared und Johnny.
Gared hatte schwarze Haare mit sidecut, sowie grün, braune Augen und schmale Lippen. Er trug eine Mütze zum warmhalten der Ohren und einen dicken Pelzmantel und eine blaue Hose.
Der andere grün gefärbte, zu einem Irokesenschnitt geformte Haare, grüne Augen und eine breite Nase. Eine Lederjacke mit Stacheln und Wolle gepolstert und eine dazugehörige Hose schmückten seinen Körper. Das war Johnny.
Beide waren sehr gefährlich und zudem noch um die drei Köpfe größer als ich. Sie waren dafür bekannt alles und jeden klein zu schlagen, wer ihnen in die Quäre kam. Sie besaßen weder Mitgefühl noch ein Herz. Dies bewiesen sie super darin einen Hund vor meinen Augen zu ärgen, wie auch zu treten.

,,HEY! LASST DEN HUND ZU FRIEDEN!", schrie ich mit aller Kraft und rannte beschützend vor dem kleinen verletzten Wesen.
,,Sieh an, sieh an. Was macht denn das kleine verstoßene Benchen hier? Versucht den großen Helden zu spielen, obwohl es nur ein Dreikäsehoch ist. Mit halber Kraft will es das kleine Ding beschützen, was eh nur am Boden liegt. Tiere, die am Boden liegen und nicht aufstehen können sind tote Tiere. Hat dir das denn noch nie jemand gesagt Kleiner?!" Gared fing an zu lachen.
,,Mag schon sein, dass dieser Hund nur drei Beine hat, aber das ist noch lange kein Grund so auf ihn herab zu blicken ihr Ärsche!" Meine stimme kratzte bei jedem Wort schmerzhaft. Ich hasste diese Kälte einfach.
Johnnys Blick verängte sich. ,,Mag schon sein, aber es wird eh niemanden kümmern, wenn der Köter nicht mehr existiert. Also tritt bei Seite!"
,,NEIN!" Auch ich machte keine Anstände den Platz zu räumen. Nur über meine Leiche, dachte ich.
,,Jetzt spiel mal hier nicht den todesmutigen Helden du schwachmat. Naja, wirst schon sehen was du davon hast! Erst kommst du dran, dann der dumme Köter. Es würde garantiert auch nicht auffallen wenn du verschwinden würdest." Gared fing an mit seinen Fingern zu knacken, aber ich blieb vor dem Hund stehen. Er brauchte mich. Dann folgte auch schon der erste Schlag. Ein scharfes Ziehen durchfuhr meinen Bauch. Meine Augen kniffen sich automatisch zusammen.
,,DAS REICHT JETZT!" Diese Stimme war mir durchaus bekannt. Ich wagte es meine Augen leicht zu öffnen und da sah ich ihn, meinen Retter. Oder besser gesagt meinen Rettertrupp. Dieser bestand aus Matt, Dusk und Nico.
Ich war glücklich sie zu sehen. Tränen liefen vor Freunde über mein Gesicht. Ich war gerettet.
Matt, der zwar zwölf war, aber trotzdem nur einen Kopf keiner war als Gared, hielt dessen Arm fest. Er war stark. Stärker als ich und auch doppelt so stark wie Dusk und Nico, die geschafft hatten, dass Johnny vor Schmerz wimmernd auf dem Boden lag.
Gared schnalzte mit seiner Stimme. ,,Was soll das denn jetzt bitte werden?! Du kleiner Wicht bist drei Jahre jünger als ich und lehnst dich gegen mich auf?! Ihr habt vielleicht geschafft diesen Schwächling da hinten zu bändigen, aber ich bin eine Nummer zu groß für euch!"
,,Träum weiter Pisser.", fauchte Matt.
,,Wie war das?!" Und schon krümmte Gared sich durch den Tritt Matts in seinen Unterleib.
,,Du hast richtig verstanden Wichser. Oder soll ich dir noch deine Eier zerschmettern, bis du es kapierst?!" Matt drückte mehr auf die Hand des fünfzehn Jährigen ein, sodass er nun auf den Knieen saß und winselte. ,,Geht doch." Damit ließ Matt los und die zwei aus der anderen Schule liefen so schnell wie der Wind. So leicht würden sie sich sicherlich nicht mehr blicken lassen.
Lächelnd sah ich den zu mir drehenden Matt an.
,,So, und jz zu dir.", er kochte vor Wut. ,,WIE KOMMT MAN AUF DIE BLÖDE IDEE SICH MIT FUCKING SCHLÄGERTYPEN, DIE DREI KÖPFE GRÖßER ALS MAN SELBST SIND, ANZULEGEN?! DU HÄTTEST ECHT SCHLIMM ZUGERICHTET WERDEN KÖNNEN, WENN WIR NICHT ZUFÄLLIG HIER VORBEI GEKOMMEN WÄREN!"
,,He, sei nicht so streng zu ihm, er heult gleich...", meinte Dusk, womit er sichtlich recht hatte. Ich konnte meine Tränen nicht zurück halten.
,,SCHNAUZE DUSK! WER SOLL IHN ERZIEHEN, WENN NICHT ICH?! SEIN VATER HAT SIE DOCH NICHT MEHR ALLE!", jedoch schrie Matt weiter.
,,MATT JETZT HÄLST DU MAL BITTE DIE KLAPPE! Ben, warum hast u dich denn nun mit denen angelegt?", michte sich nun auch Nico ein.
Ich zitterte. ,,Sie... sie hatten einen Hund misshandelt... und und und ich... ich wollte doch nur...", damit verlor ich komplett meine Fassung und weinte lauthals.
,,Prima gemacht du Trottel.", knurrte Dusk Matt an. Dieser jedoch murrte nur.
,,Ben, ganz ruhig, alles ist gut.", Nico umschloss seine Arme um mich. ,,Wir nehmen den Hund mit in unser Geheimversteck und ziehen ihn dann dort gemeinsam auf, okay?"
Ich nickte.
Dusk lächelte. ,,Und Matt macht dir gleich eine Heiße Schokolade mit Marshmallows, nicht wahr Matt?!", fauchte er den Genannten an, welcher nur genervt zustimmte.
Ich nahm den Hund an mich und versuchte auf zustehen, sackte jedoch sofort wieder zusammen. Mit dem Hund auf dem Arm sah ich Matt an. Erneut schnalzte dieser mit seiner Zunge.
,,Alles muss man selber machen." Damit nahm er mich samt Hund im Brautstyle hoch und ging los. Vor Müdigkeit und Erschöpfung schlief ich ein.

Als ich die Augen öffnete war ich schon in unserem Hauptquartier. Jedoch sah ich nur Rosa, die nun auch bemerkte, dass ich wach war.
,,Puh, du bist wach, dachte schon du willst den ganzen Tag pennen.", sie lachte.
,,Wo sind die anderen und wo ist der Hund?" Ich sah mich um.
,,Matt macht dir ein Kakao. Nico und Dusk sind mit dem Hund bei Nicos Vater, da er ja Tierarzt ist."
,,Okay." Ich legte mich wieder hin.
,,Ich muss jetzt los, es gibt gleich Mittagessen. Richte den anderen einen Gruß von mir aus. Bis Morgen!", damit war sie weg.
Kurz darauf kam auch schon Matt mit seiner frisch gemachten Heißen Schokolade mit Marshmallows rein. Er war deshalb extra nochmal bei sich gewesen. Er übergab mir die Tasse. Zwar nicht mehr ganz so heiß, aber akzeptabel.
,,Können wir den Hund hier behalten?", platzte ich auch direkt raus, obwohl er sich noch nicht mal ganz hingesetzt hatte.
,,Und wie willst du das bitte anstellen?"
,,Wir könnten ihm doch jeden Tag was zu essen mitbringen und uns gemeinsam um ihn kümmern!"
Er seufzte. ,,Schön, überredet. Aber wenn er Schwierigkeiten bereitet, kommt er weg, klar?"
,,Wir behalten den Hund? Wird ja interessant.", platzte Nico in unser Gespräch rein.
,,So wie es aussieht", lachte Dusk, der den Hund auf den Armen mit hinein trug und dann auf meinen Schoß absetzte.
,,Ben?", Matt sah mich ernst an. Fragend blickte ich auf.
,,Pass in Zukunft ein bisschen besser auf dich auf und bring dich nicht ständig in Gefahr..."
,,Ja, es tut mir leid..."

Das mit dem Hund halten klappte erstaunlicherweise verdammt gut. Wir nannten den Hund Nana und kümmerten uns sogut es ging um sie. Bis ich eines Tages, wo ich zu glauben dachte, das alles in Ordnung wäre, nichts ahnend unser Geheimversteck betrat. Die anderen waren schon da. Ich würde diesen Anblick niemals wieder vergessen können. Ich blendete meine Freunde aus. Ich blendete den Mitleid aus. Die Trauer. Alles. Ich blendete einfach alles aus. Es gab nur noch mich und Nana. Wie sie dort hing. Alle Viere von sich gestreckt war sie an die Wand gebunden. Ihre Augen ausgestochen, einzelne Zehen der Pfoten mit einer Zange, die vor ihr auf dem Boden lag, abgeschnitten und ihr Bauch aufgeschnitten, aus dem Innereinen heraus ragten.
Sie waren mir also nach der Schule gefolgt...

Ich erwachte aus meinen Erinnerungen, als der Welpe anfing zu Bellen. Ich konnte ihn wohl schlecht hier lassen.
Ich nahm jenen auf den Arm.
,,Ich nenne dich Nana.", sagte ich zum Husky und verließ den Laden. Draußen wartete auch schon die nächste Überraschung auf mich. Ich fing an zu grinsen.

All We Need Is Faith || Jeff x BenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt