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,,Vergiss es", hauchte ich. ,,Das kannst du nicht ernsthaft von mir erwarten. All die Jahre hast du mich so schlecht behandelt. All die Jahre gedemütigt und geleugnet. Gehasst und nicht erwünscht zu werden ist die eine Sache, aber dann zu kommen und so zu tun, als wäre dies ein fataler Fehler deiner Seits, damit kommst du mir nicht durch"
Mit leerem Blick sah ich auf die schon fast bemitleidenswerte Kreatur herab. Gefühle für diese waren längst entschwunden. Ich hatte mich mit meiner Situation abgefunden und aufgegeben ihn als einen Vater betrachten zu wollen. Was er jetzt tat, war einfach krank.
Wacker versuchte sich der Mann auf allen vier zu halten. Hie und da endrang ihm ein paar einzelne Wörter. Manchmal auch nur mein Namen. Sein Haar, struppig und verfilzt wie es war, fiel ihm strähnenhaft in sein Gesicht und hofften seine verheulten und übermüdeten Augen zu verdecken. Lächerlich, wenn ihr mich fragen würdet. Sein ganzes auftreten war lächerlich.
Ich strengte meine grauen Gehirnzellen ein wenig an und bildete mit aller Kraft, die ich aufbringen konnte, in meiner Hand einzelne Lichtstrahlen, die ich mit höchster Konzentration zu einem Schwert formte. Klirrend glitt es in meine Hand und wurde von dem einen auf den anderen Mal schwerer. So wie ein normales Schwert halt wiegen sollte. Aber mich störte dies nicht. Ich mag zwar schmächtig aussehen, aber in Sachen Schwerttechniken war ich ein sehr gebildeter Meister. Ich will zwar nicht angeben, aber ich würde sagen, ich war der beste in diesem Gebiet. Nicht mal Link könnte mich übertrumpfen, wenn der mich herausfordern würde.
Ein sachtes Grinsen huschte über meine Lippen. Mein Blick glitt erneut niederträchtigend über meinen angeblichen Vater, ehe ich ihm einen Schwerthieb verpasste und sein Kopf über die Wiese rollte.
Die erste Sache, die mich stutzen ließ, war die, dass es schien, als hätte mein Vater ein glückliches und erlösendes Lächeln auf den Lippen. Die Zweite Sache war die, dass aus seinem Körper kein Blut floss, wie es eigentlich hätte passieren sollen. Stattdessen zierte sich in seinem Halse eine blaue Flüssigkeit, die wie eine Spirale sich kräuselte. Entweder ich war verrückter als ich glaubte, oder von dem blauen Zeug ging eine solch magische Power aus, die mich förmlich zwingt das Zeug anpacken zu wollen. Jedenfalls konnte ich nichts gegen diese Kraft ausrichten und bewegte meine Hand vorsichtig auf die blaue Masse zu. Als meine Hand schließlich drin steckte kam ich wieder zur Besinnung und wollte sie wieder hinaus ziehen, stattdessen steckte sie jedoch weiter fest. Langsam wurde sie hinein gezogen.
Plötzlich hörte ich ein lautes Klirren hinter mir und ich sah erschrocken zurück. Die Barriere Matts war zerbrochen. Matt selbst lag geschafft am Boden und bewegte sich kein Stück. Die drei 'Dinger', die zuvor an jeder Barriere geklopft und gehämmert hatten und sie schließlich auch geschafft hatten zu zerstören, fielen wie hungrige Tiere über Matt her und zerrissen ihn mit allem was sie bieten konnten.
Ich atmete tief ein und aus. Ich durfte nicht zurück blicken. Opfer waren nunmal notwendig, um sein Ziel zu erreichen. Außerdem geschah es ihm recht, auch wenn ich gerne seine Beweggründe gewusst hätte.
Einzelne Tränen blitzten in meinen Augen auf. ,,Ich brauch ihn nicht. Es geht auch ohne ihn."
Ich wischte schnell meine Augen trocken und widmete mich dem Körper meines Vaters wieder zu.
Matt meinte, mein Vater wäre der Schlüssel zurück in die normale Welt zu gelangen, in dem ich ihn töten würde. Das hatte ich getan. Also musste ich wahrscheinlich jetzt durch dieses blaue Zeug.
Erneut holte ich tief Luft und streckte meinen zweiten Arm hindurch. Schließlich wurde ich komplett von dem Zeug eingesogen. Ich schwebte in einem undefinierbaren Raum. Mir wurden meine Kräfte geraubt und der Wille zu Leben schwand auch dahin. Hoffnung wurde zu einem weit entfernten Stern, der, wenn man ihn zu greifen versuchte, entweder erlosch oder weiter von einem weg bewegte. Wahrscheinlich würde ich es nicht mal gegen Lagu brigen. Er wird mich wahrscheinlich vollkommen auseinander nehmen. Ich wusste, ich durfte nicht so denken, aber es war nunmal die Wahrheit.
Ich hätte nicht einfach weglaufen dürfen. Wenn ich Jeff jemals wieder begegnen sollte musste ich mich bei ihm entschuldigen.
Und was ist, wenn er dich nicht mehr will?
,,Wer ist da?", lauschte ich auf. Irgendwie hörte ich eine Stimme sowohl in meinem Kopf, als auch von überall her. Nishas lieblicher Klang war es jedoch nicht.
Ich bin du.
,,Wie, du bist ich?"
Du kennst mich. Weißt du noch? Ich hab dir damals verholfen die Welt, sowie du sie kanntest und verabscheutest in ein reines Chaos zu verwandeln. Als du all deine Hoffnung verloren hattest. Als dich MATT ertränkt hat. Ich bin du. Nur besser.
Auch hatte ich dir damals bei den Piraten geholfen. Du bist schwächlich, Ben. Ein Nichtsnutz. Du kannst einem fast schon leid tun.
,,Wahrscheinlich hast du recht..."
Lass mich deinen Körper übernehmen und ich verhelfe dir zur wahren Macht unseres Körpers. Lass mich führen und ich bringe jeden einzelnen um. Jeden, der uns in der Quere steht.
,,Jeden... Einzelnen..."
Ja, Jeden. Gib mir deine Hände. Lass mich führen. Lass dich fallen und erlösche. Dich brauch niemand.
Er hatte recht. Wer würde mich schon brauchen. Ich stehe allen, die mir helfen wollten, lediglich im Weg und hab alle aufgehalten.
Ich erinnerte mich an Jeffs Lächeln. Seine zärtlichen Berührungen, seine sanften Worte, sein schönes Gesicht. Seine Liebe zu mir war wie ein schöner Traum. Plötzlich wurde mir etwas klar und ich zog meine Hand zurück, um sie an mein Körper zu drücken.
Was ist los?
,,Nein. Ich will nicht"
Wieso?
,,Schwer zu glauben, aber es gibt Menschen, die mich lieben, wie ich bin ohne auch nur einen Hintergedanken zu haben. Sie lieben mich wie ich bin und es wäre nur unfair ihnen etwas anzutun, wie zum Beispiel mich auslöschen zu lassen. Das kann ich ihnen einfach nicht an tun. Ich muss zurück und mein Problem selbst in die Hand nehmen."
So viele schlaue Wörter aus einem Mund von einem dummen kleinen Kind. Erstaunlich. Aber okay, du kannst passieren.
Damit verschwand die Stimme.

All We Need Is Faith || Jeff x BenWhere stories live. Discover now