Kapitel 120

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"Es wird alles gut, halte durch!"
Wieso...wieso hat sie das gemacht?
Wieso habe ich nicht gesehen, wie es ihr wirklich geht?!
"Sam", flüstere ich und dann ertönen laute Schritte und im nächsten Moment erkenne ich Rettungssanitäter.
"Oh Gott, na endlich! Bitte, helfen sie ihr!", rufe ich.
Ein Polizist zieht mich von Sam weg und bringt mich ein paar Schritte weiter.
Mein Blick ist aber nur auf sie gerichtet.
Die Sanis knien neben ihr und versorgen ihre Wunde. Messen Blutdruck.
"Schwacher Herzschlag! Kaum spürbar! Wir müssen sofort ins Krankenhaus!"
"Oh Gott", murmele ich nur.
Ich werde vorsichtig am Arm gepackt und auf Sams Bett verfrachtet.
"Roman? Ist das dein Name?"
Ich sehe den Polizist an und nicke.
"Ich kann verstehen, wie du dich fühlst und es muss schrecklich sein. Aber trotzdem muss ich dir ein paar Fragen stellen, okay?"
Ich nicke leicht.
"Wie heißt das Mädchen?"
"Sam...a-also Samantha Brooklyn."
Er notiert alles, was er mich über Sam fragt in sein Notizbuch.
"Wie hast du sie gefunden?"
Ich atme tief durch.
"S-Sie hat mir geschrieben...das es ihr leid tut...und dann war ihr Hund vor meiner Haustür... Warten Sie, wo ist er?"
"Ihm gehts gut, meine Kollegin kümmert sich um ihn. Der arme ist völlig durch den Wind."
Ich nicke.
"Und du? Bist du ihr Freund?"
Ich nicke. Dann sehe ich ihn an.
"Wird sie durch kommen?"
Der Polizist sieht zur Tür, aus der die Sanis rauskommen, zusammen mit Sam auf der Liege.
Sofort springe ich auf.
"Roman, überlass das den Sanis, sie wissen was sie tuen und sie werden ihr Helfen."
"Woher kennen sie meinen Namen?"
Er zieht einen Umschlag aus seiner Jacke und hält ihn mir hin.
"Das lag neben ihr, hat einer der Sanis mir gegeben."
Scheiße.
Das ist Sams Schrift...
"Ein Abschiedsbrief.", flüstere ich.

"Komm, ich fahr dich ins Krankenhaus."
Wenig später sitze ich im Wartebreich und warte auf den Arzt oder irgendjemand, der mir sagen kann, wie es Sam geht.
Oder ob sie...ob sie...
Verdammt nein, sie ist nicht tot!
Meine Sam doch nicht!
Ich spüre deutlich den Brief in meiner Hosentasche, aber ich kann ihn noch nicht auf machen...ich bin noch nicht bereit dazu.
Ein Arzt kommt aus dem Zimmer und sofort springe ich auf.
"Wissen Sie wies Sam geht?"
Er sieht mich an.
"Darf ich fragen wer Sie sind?"
"Roman Lochmann, i-ich hab sie gefunden... Ich bin ihr Freund!"
Er nickt verständlich und dann setzen wir uns auf Wunsch des Arztes hin.
"Wieso hat sie versucht sich um zu bringen?", fragt er.
Kurz überlege ich, ob ich es sagen soll.
Ob ich Sams Geheimnis erzählen soll...
"Sie hat Depressionen, schon eine sehr lange Zeit. Vor einem halben Jahr hatte sie einen Rückfall...ich hätte mehr für sie da sein sollen", sage ich und stütze meinen Kopf in meine Hände.
Der Arzt legt seine Hand auf meine Schulter.
"Es ist nicht deine Schuld. Depressionen ist eine schwere Krankheit, da kommt man selten alleine wieder raus."
Ich nicke nur und sehe ihn dann an.
"Wie geht es ihr?"
"Wir haben ihr den Magen ausgepumpt, aber ein Teil der Tabletten war schon in ihrer Blutbahn. Dazu kommt ihr starker Blutverlust, die Blutungen konnten aber zum Glück schnell gestoppt werden. Es war Glück, hättest du sie ein paar Minuten später gefunden...dann hätten wir nichts mehr für sie machen können."
...
"Und jetzt?"
"Wir mussten Samantha in ein künstliches Koma legen."
"U-Und wann wird sie aufwachen?"
"Das kann ich dir nicht beantworten, wir müssen schauen, wie es ihr in den nächsten Tagen gehen wird."
"Wie lange kann so ein künstliches Koma dauern?", Frage ich, habe aber jetzt schon Angst vor der Antwort.
"Das kann ganz unterschiedlich sein. Es kann Tage, Wochen oder Monate dauern. In den seltensten Fällen auch Jahre."
"Scheiße", flüstere ich.
"Das hat aber nichts zu bedeuten. Du kannst zu ihr rein gehen."
Sofort springe ich auf und will zu ihrer Tür gehen, aber der Doktor hält mich nochmal auf.
"Wenn ich dir einen Rat geben darf: Viele Patienten zeigen Besserungen, wenn man mit ihnen viel spricht, ihnen etwas vorliest oder sie Musik hören lässt."
Und damit geht er den Gang runter.
Ich zittere, als ich zur Türklinge greife und diese langsam runter drücke.

Narben bleiben für immerWhere stories live. Discover now