Wie geht es weiter?

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Als ich aufwache, bin ich weder verschwitzt, noch unausgeschlafen. Ich wache einfach auf. Emotionslos. Ohne zu wissen, an was ich vorm Einschlafen Gedacht habe oder in der Nacht geträumt habe.
Ich bin Ahnungslos, unwissend und es ist einfach toll.

Toll.

Mein Körper fühlt sich schwer an. Mühselig drehe ich mich auf die andere Seite und blinzle einige Male, als sich etwas Weißes direkt vor meinen Augen befindet. Verwundert ziehe ich meinen Kopf zurück und entdecke eine Feder.
Eine einfache, weiße Vogelfeder. Aus meinem Bettzeug stammt die garantiert nicht. Ich greife nach ihr mit meinen Zeigefinger und Daumen, betrachte sie, bis ich Schritte im Flur wahrnehme.

Mum.

Die Feder lasse ich zu ihren alten Platz zurück gleiten, rapple mich auf und folge den Geräuschen.

„Du hast heute Nacht bei dir geschlafen.", stellt meine Mutter sogleich mit einen leichten Lächeln fest.

„Ja.", ich spiegle ihre Mimik.

„Übrigens, ich war gestern noch so lange im Krankenhaus. Der Zustand deines Vaters verbessert sich. Zwar langsam, aber in Lebensgefahr schwebt er nicht mehr."

„Das sind tolle Nachrichten!" Mein Lächeln verwandelt sich zu einem Grinsen. „Nach der Schule werde ich ihn besuchen."


Ich komme zu spät zum Matheunterricht. Meine Mutter bestand darauf mich zu fahren, hat in der Eile aber vergessen, mich zuerst zur Schule zu fahren und nicht gleich zum Blumenladen.
Es ist das erste Mal, dass ich zu spät in der Schule erscheine.
Erst sieht mein Lehrer mich missbilligend an, nach einigen Sekunden verstreicht jedoch sein harscher Gesichtsausdruck und weicht einen mitfühlendem lächeln. Er weist mich an meinen Platz aufzusuchen und fährt seinen Unterricht fort.

Am liebsten hätte ich laut aufgelacht.

Was ist denn mit dem los?

Her Herrschbach duldet es eigentlich überhaupt nicht, wenn man einen Teil seines Unterrichtes verpasst. Auch nur bei einer Minute schreibt er einen schon auf und wenn es zwei, dreimal passiert, benachrichtigt er den Direktor. Selbst in Krankheitsfällen verlangt er immer ein ärztliches Attest.

Und bei mir?
Mich lässt er einfach so davon kommen.

Sofort als ich Platz nehme, lehnt sich Lilly leicht zu mir rüber. „Wow. Du hast es echt geschafft, Luci. Du bist entweder sein absoluter Lieblingsschüler, den er jemals hatte oder -" Sie verstummt.

„Oder er hat verdammt viel Mitleid mit mir.", beende ich ihren Satz. Ich weiß, dass sie es sagen wollte, dann jedoch abbrach, weil sie realisiert hat, wie unpassend es sich anhören könnte.

Ihre Stirn legt sich in Falten und voller Sorge sieht sie mich an. „Das wollte ich nicht so -", schwer atmet sie aus, „Tutmirleid."

„Alles gut." Flüstere ich lächelnd. , „es ist ja die Wahrheit. Ich wette, er wird mich kein einziges Mal diese Stunde ungefragt dran nehmen, auch wenn er weiß, dass ich die Antwort kenne. Mir geht es gut Lilly."

Mir geht es verdammt gut.

Verdammt.

„Oho, du willst es also wirklich drauf anlegen? Na gut, die Wette gilt." Die Sorge verschwindet aus ihren Augen und sofort ist da dieses funkeln, welches ich so gern an ihr hab.


Nach dem Mathe Unterricht, weitet Lilly mit mir die Wette auf den kompletten Tag aus. Ich zucke nur mit den Schultern, denn wirklich wichtig ist es mir nicht, sie zu gewinnen. Nach Mathe ist es mir eigentlich nur wichtig, in Ruhe gelassen zu werden.
Und das werde ich weitestgehend auch.
In der drauffolgenden Doppelstunde Französisch lässt mich meine Lehrerin in Ruhe, sowie auch in Deutsch danach. Nicht einmal Hausaufgaben werden von mir verlangt und ich genieße es, Luft zu sein. Auch wenn meine Freunde mich teilweise darauf ansprechen und es mir langsam auf die Nerven geht.

Warum kann ich nicht von allen in Ruhe gelassen werden?

Außer ...
Von ...

Nein.

Die Feder. Die weiße Feder?
Woher kommt die eigentlich?

Mit meiner Hand greife ich in die Tasche meines Pullovers und schalte unbemerkt mein Handy ein. Ich warte etwas, ziehe es dann auf meinen Schoß, wo ich zuvor meinen Schal platziert habe, um es unauffällig benutzen zu können.
Die Lehrerin beachtet mich ja sowieso nicht.
Ich klicke auf die letzte Nachricht, die er mir geschickt hat und tippe mit zittrigen Händen Wort für Wort.

>Stammt die Feder von dir?<



Jeff

Langsam läuft das Monster das Zimmer auf und ab. Seine Gedanken sind verzwickt, denn er steht mit sich selbst im Konflikt.

Wie soll er weiter vorgehen?
In welche Richtung soll das Spiel gehen?

Vor dem Bett bleibt er stehen. Abfällig sieht er hinab zu dem hilflosen Mann, der ohne jede Regung da liegt.
Es ist sein erstes Opfer, welches Lebend davon gekommen ist.

Kann er es wirklich so auf sich sitzen lassen?
Was verbindet sein Mal'ach mit diesem hilflosen Mann?

Ihrem Vater.

Seine Eltern hat er ohne jede Probleme getötet.

Das Monster ist vermummt. Jedoch hat ihn sowieso niemand im Krankenhaus Beachtung geschenkt. Die Arbeitskräfte haben hier viel zu viel zu tun, um ihn auch nur zu bemerken.
Er könnte ihn einfach töten. Aber würde ihn das voranbringen?

Nein.

Das würde SIE nur zerstören.
Sein Mal'ach.
Sein Engel.

Schnell drückt der Mörder sich an die Wand der Tür, als sich diese öffnet. Eine Krankenschwester kommt herein, ohne den Eindringling auch nur zu bemerken. Doch als sie wieder kehrt macht, gefriert ihr Körper.

Kurz bevor sie zum Schrei ausholen kann, wird ihr schon das Messer an den Hals gehalten und sie realisiert, dass sie nicht einfach so davon kommen wird.



Zwischen Schönheit und Selbstsucht (Jeff the Killer FF/ Lovestory)Where stories live. Discover now