Irgendwas dazwischen

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Hätte mir vor zwei Wochen mal einer gesagt, dass ich Schule hassen werde, hätte ich gelacht.
Lernen war einfach alles für mich. Ich liebte es mein Gehirn herauszufordern, es mit neuen Informationen zu füllen und wiederkehrende Strukturen zu finden. Altes Wissen mit neuem zu verknüpfen. Das Gelernte im Alltag anwenden zu können. Wie oft habe ich meine Familie damit am Essenstisch genervt?

Selbst Fächer, wie Geschichte oder Erdkunde, denen ich nichts abgewinnen konnte, haben mich irgendwie ... erfüllt. Auch wenn es mir bis jetzt nicht bewusst war.

Und nun?

Nun sitze ich in der Schule und verspüre Abscheu. Mit jeder Faser meines Körpers will ich weg von diesem Bildungsgefängnis. Dieser eigentlich vertraute Ort, fühlt sich nur noch fremd an.

Kalt.
Belanglos.
Erdrückend.

Dieses Gefühl hat sich direkt eingestellt, nachdem sich Elina von mir verabschiedet hatte. Und es blieb. Sodass ich im Unterricht sitze und kein Wort der Lehrkräfte wahrnehme.

Was bringt mir das ganze überhaupt?

Tag für Tag stopfe ich neues Wissen in mich hinein. Und was bringt es mir? Ein Lob vom Lehrer? – Hin und wieder. Eine „schöne" Urkunde von der Matheolympiade? – Ja. Ein paar gute Zensuren, über die sich die anderen Schüler den Mund zerreißen? – Definitive. Aber auch Gesundheit? Eine Garantie, dass mir und meinen Liebsten nichts passiert? Eine Eintrittskarte in den Himmel? Einen Wunsch?

Definitive nicht.

Und was könnte ich doch mehr mit einen Wunsch anfangen, als mit so einer beschissenen Urkunde.

Das ist so unfair!

Egal wie ich es in meinen Gedanken drehe und wende, ich komme immer auf das gleiche Ergebnis.

Das Leben ist unfair.

Oder ist das Karma?

Weil alles Gute, dass ich tat, nur aus dieser einen Intuition heraus geschah? Aus Selbstsucht? Um kein schlechtes Gewissen haben zu müssen?

Hätte ich einfach alles anders machen müssen, um ihn nicht zu begegnen?

Ich gluckse.
Lache über mich selbst.

Ja. Ja!

Das wäre die Lösung gewesen.

„Lucia. Was ist denn so komisch?", reißt mich die Stimme meines Mathelehrers aus den Gedanken.

„Ach .. ich ...", meine Stimme klingt sehr Selbstsicher. Vor zwei Wochen hätte ich bei dieser Frage noch gestottert. „Ich muss eben nur schnell zur Toilette." Ohne eine Reaktion abzuwarten, erhebe ich mich.

„Ja ... ja ist gut." Seine Haltung verrät, dass er mir Konter geben wollte. Wieso er nun einfach mit der Stunde weitermacht, ist mir ein Rätsel.

Bei den Frauenklos angekommen, stelle ich mich vor dem dreckigen Spiegel.

Ich öffne meinen Zopf und lasse mein langes, blondes Haar über meine linke Schulter fallen. Vorsichtig kämme ich es mit meinen Fingern.

Stück für Stück versuche ich meinen Gedankengang von vorhin zu rekonstruieren. Und wieder komme ich zu demselben Schluss:

Wäre ich nicht so Selbstsüchtig gewesen und hätte weniger „Gutes" getan, wäre Jeffrey niemals auf mich Aufmerksam geworden. Ich wäre einfach eine Bekannte aus seiner Kindheit gewesen. Womöglich hätte er dann nicht meinen Vater angegriffen. Und die Familie ... der kleine Prinz und die verlorenen Jungen ... wären auch noch am Leben ...

Ich ...

Ich ...

Ich allein bin Schuld.

Das schlucken fällt mir schwer.

Ich bin mehr als nur Selbstsüchtig gewesen.

Ich bin eine Mörderin.

Ich bin nicht gut.

Ich bin schlecht.

Was will Jeffrey noch von mir?

Was sieht er in mir?

Wieso kann ich es selbst nicht sehen?

Diese Schönheit, von der er mir immer erzählt.

Ich trete näher an den Spiegel. Streiche mit der Hand über meine Wange und wiederhole den Vorgang mit meinem Spiegelbild.

Ich bin eine Selbstsüchtige Person.

Selbstsucht.

Und für ihn bin ich Schön.

Schönheit.

Und was bin ich wirklich?

Ich starre meinem Gegenüber direkt in die Augen. Ich starre mir in die Augen. Versuche mein eigenes Wesen zu finden.

Aber was ist denn nun die Antwort? A oder b?

A oder B?
Oder vielleicht ab?

Ich bin mit dem Gesicht so nah an den Spiegel gekommen, dass die Scheibe von meinem Atem beschlägt.

Es  ... es muss doch etwas dazwischen geben. Es kann nicht einfach nur das eine oder andere geben.

Ich muss etwas dazwischen sein.

Zwischen Schönheit und Selbstsucht.

Meine Hand fährt wieder über meine Wange. Meine Fingerspitzen hinterlassen lange, rote Linien. Abwesend betrachte ich meine Nägel. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass sie meine Haut aufgekratzt haben.

Ich lächle.

Und ich bin mir sicher.

Ich stehe zwischen Schönheit und Selbstsucht.

Hey Leute ! Ich weiß,  ich habe schonmal einen Bezug zum Titel gebracht,  fand diesen nun aber passender ^^ hoffe euch gefällt es !

Ich widme diesen Part wolf_of_magic
Dafür das du die Story so durchhesuchtet hast :p (kann am Handy leider nicht normal Widmungen hinzufügen)

Zwischen Schönheit und Selbstsucht (Jeff the Killer FF/ Lovestory)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora