Kapitel 02 - Ɠᖆᗩᑌ

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Überall um mich herum Menschen. Personen, deren Gesichter ich nicht erkennen kann. Alle haben sie Waffen in den Händen.
Ein Schuss. Einer der in schwarz gekleideten fängt an lautstark zu fluchen. Daneben. Zu weit links.
Verzweifelt suche ich mit meinen Augen nach einem Ausweg. Ich will einfach nur weg hier, zurück an einen Ort, an dem ich mich wohl fühle. Aber wo ist so ein Ort? Sicher nicht hier. Sicher nicht da, wo mich Kälte empfängt, wo mich die Dunkelheit umgibt. Kein Ort, an dem ich nicht weiß, wie und wer ich bin.

Erneut ertönt der Laut eines Schusses. Erschrocken drehe ich mich zur Herkunft des Geräusches um. Direkt vor meinem Gesicht kann ich einen Mann erkennen. Sein Mund ist von einem dunklen, Blut befleckten Mundschutz bedeckt. Als er seine tief ins Gesicht gezogene Kapuze abnimmt, kann ich erkennen, dass seine unordentlichen Haare einen dunkelgrünen Ton haben. Seine Augen haben jeweils andere Farben. Das rechte komplett weiß, die scheinbare Pupille ein recht großer, schwarzer Punkt. Sein anderes Auge ist pechschwarz, die Pupille zeichnet sich durch einen kleinen, weißen Punkt aus.

Er legt eine Hand auf mein Schulterblatt. Perplex blicke ich nach rechts. Er trägt einen weißen Handschuh.
Eine dünnflüssige, dunkelrote Flüssigkeit tropft an seinen Fingerspitzen den grauen Steinboden hinunter, wodurch sich die weißen Rillen rot färben. Schließlich umfasst seine komplette Hand meine Schulter. Ein Schauder läuft mir mit dem Blut zusammen über den Rücken.

Abrupt wirft er seine Schusswaffe in die Höhe. In der Zeit, in der die Waffe sich in der Luft befindet, zieht er seinen Mundschutz herunter und sieht mich mit einem zuvorkommenden, freundlichen Lächeln an. Es kommt mir so inkorrekt vor. Es ist so falsch, wie er mich einfach anlächelt. Mit seinen Augen direkt auf meine gerichtet fängt er die Waffe, kurz bevor sie den Boden berührt, wieder auf. Ein genaueres betrachten seines schwarzen Auges führt zu dem Gefühl von Angst, Nervosität, fast schon Panik. Es drückt alles aus, was sein aufgesetztes Lächeln überspielt. Ein Blick auf sein weißes Auge gibt mir jedoch eine gewisse Sicherheit. Es verwirrt mich. Seine Ausstrahlung verwirrt mich. Zwischen all dem schwarz und weiß ist er grau. Ein einfaches grau, nicht hell, nicht dunkel. Ich kann ihn nicht einschätzen.

Nachdem er mir nun eine lange Zeit lang in die Augen gesehen hat, steckt er seine Pistole zurück in seinen schwarzen Waffengürtel, an dem sich noch viele weitere Waffen befinden. Auf einmal verspüre ich einen festen Druck an meiner Schulter, welcher sich in einen stechenden Schmerz verwandelt. Der Schmerz durchzuckt innerhalb weniger Sekunden meinen kompletten Arm. Schmerzerfüllt verziehe ich mein Gesicht, reflexartig schließe ich meine Augen. Das Geräusch eines weiteren Schusses. Verschreckt reiße ich meine Augen auf. Langsam weicht mein Körper einige Schritte zurück. Ich kann erkennen, dass er mit seiner freien Hand ein paar der dunkelgrünen Strähnen über sein schwarzes Auge streicht.

An meiner Hand spüre ich etwas, das sich lederartig und kalt anfühlt, beim Betrachten bemerke ich, dass es die Hand meines Gegenübers ist. Unsicher blicke ich zu seinem Gesicht hoch. Empfangen wird mein zerrissen wirkender Blick von demselben, vertrauenswürdigem, dennoch so hinterhältigem Lächeln. Sein weißes Auge unterstützt die verlogene Wirkung des Lächelns.
Vertrauen. Falsches Vertrauen.
Bin ich wirklich so naiv und falle darauf herein?
Mit sanftem Druck zieht er mich hinter sich her, heraus aus der Masse. Links und rechts von mir kann ich die schwarzen und weißen Konturen mit der jeweiligen, schwächer oder stärker transparent wirkenden Füllung der Dinge und Lebewesen an mir vorbeiziehen sehen, welche sich ihren Weg in mein Blickfeld bahnen.

Unwillkürlich verschwimmen die zwei Helligkeitsstufen in einen tristen, verchwommenen Grauton, dem ich weder hell noch dunkel zuordnen kann. Der Druck an meiner Hand schwindet, ich merke, wie ich mich immer langsamer bewege. Die vorher noch so verschwommenen Eindrücke werden schärfer, um mich herum dasselbe grau. Meinen Blick nach vorne gerichtet sehe ich den Mann vor mir an. Sein Gesicht blickt auf mich herab. Das warme Lächeln wird mir immer vertrauter. Ich fange an, meine Umgebung zu ignorieren, sein sichtbares Auge hat eine hypnotisierende Wirkung. Es fühlt sich so an, als wäre ich in einer anderen Welt. Alleine.
Ein Gefühl der Sicherheit überkommt mich.

Hinter mir höre ich den Laut eines Schusses.

I Won't Disappoint You | Assassination Classroom FFМесто, где живут истории. Откройте их для себя