Kapitel 37 - Unwissen

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Asano hatte unsere Präsentation mittlerweile fertig gestellt. Es wunderte mich tatsächlich, wie schnell er alleine arbeiten konnte. Ich nahm auf meinem Stuhl Platz und speicherte das Dokument ab.

Nachdenklich schloss ich die Wohnungstür. Zumindest dachte ich, dass ich das tat, denn ich wurde von Nagisa so schnell aus der Tür heraus gezogen, dass ich es im ersten Moment gar nicht bemerkte. "Beantworte mir eine Frage", fing Nagisa an. Ich sah zu ihm. "Was sind das für Bilder in eurem Wohnzimmer?"
"Welche Bilder?"
"Diese verdeckten Bilder. Offensichtlich wollen deine Eltern nicht, da-", schnell unterbrach ich ihn.
"Meine Mutter.", sagte ich kalt. Nagisa sah mich fragend an. "Mein Vater wohnt nicht mehr hier."
"Oh..."
"Ja. Oh.", Nagisa sah ein wenig hilflos aus, daher zog ich ihn am Handgelenk wieder hinein ins Wohnzimmer.

"Meinst du das da?", fragte ich ihn, als ich auf ein paar mehr Bilder in der Ecke eines Regals deutete. Der Blauhaarige nickte.  Nagisa nahm ein Bild in die Hand. Es zeigte einen kleinen Jungen, offensichtlich mich, welcher alleine im Regen stand und die vielen Regentropfen auf sich einprasseln ließ.
"Das sieht ziemlich schön aus", meinte er, als er das Foto betrachtete. "Bist das du?", seine Augen wanderten von dem eingerahmten Bild zu meinem Gesicht.
"Denke schon", meinte ich schulterzuckend.
"Wie du denkst?"
"Willst du mir unterstellen, dass ich nicht denken kann?"
"Was? Nein, natürlich nicht. Ab-", mit einem provokanten Grinsen unterbrach ich ihn.
"Offensichtlich schon, tz", um ihn nicht all zu lange zu ärgern, unterließ ich die Satire dann auch schon wieder.

"Naja, ich weiß nicht mehr was der Hintergrund zu dem Bild ist. Ich stand halt im Regen und meine Mutter hat das fotografiert. Das wars", meinte ich nur, woraufhin Nagisa ein "Hm" von sich gab. Er schien nicht begeistert davon zu sein, dass ich mich mit dieser einfachen Erklärung zufrieden stellte.
"Können wir deine Mutter nicht fragen?", meinte er dann. Ich reagierte mit einem stummen Schulterzucken. "Sie sollte jeden Moment hier sein."

Wie aufs Stichwort erklang das Öffnen der Wohnungstür. Meine Mutter trat ein. Als sie Nagisa und mich bei den Bilder bemerkte, ging sie beinahe schon hektisch zu uns. Sie begrüßte uns schnell, was der Blauhaarige freundlich erwiderte. Ich blieb stumm. Irgendetwas sagte mir, dass ich ihr die Sache mit Takuto nicht so schnell verzeihen sollte. "Was sind das für Bilder?", fragte ich direkt und sah ihr in die Augen.
"Weißt du das nicht mehr?", auch wenn man es nicht heraushören konnte, war mir klar, dass ihre Gegenfrage von Sarkasmus triefen musste. Sie wusste genau so gut wie ich, dass ich nichts aus meiner Vergangenheit wusste. Hieß also so viel wie geht dich nichts an.

"Nein", erwiderte ich Schulterzuckend, ohne mir etwas von meinem Wissen anmerken zu lassen. Es musste einfach klappen. Ich wollte erfahren, was ich nicht wusste. Unbedingt. Ein Seufzen kam seitens meiner Mutter.
"Irgendwann musst du es erfahren", murmelte sie nicht gerade deutlich, doch ich konnte sie trotzdem einigermaßen verstehen. Ich nickte zustimmend. "Ich habe noch eine Kiste, die voller alter Bilder und... ...Dokumente ist. Ich kann sie dir geben, wenn du dir wirklich sicher bist...", sagte sie zögerlich. Wieder ein Nicken. "Nagisa, es wäre vielleicht besser, wenn du ni-"

"Nein.", protestierte ich kühl, noch bevor sie zuende sprechen konnte. Widerwillig gab sie nach. Meine Mutter wusste, dass es keinen Sinn haben würde, auf mich einzureden, wenn ich fest von etwas überzeugt war.
"Dann wartet hier. Ich bin gleich wieder da", kurz darauf ging sie, um diese Kiste zu holen.
"Ist es so schlimm?", fragte mich Nagisa, als er der Meinung war, meine Mutter könne ihn nicht mehr hören.
"Ich weiß es nicht", antwortete ich leise und blickte weg. Ich hatte kein gutes Gefühl dabei.

Vielleicht war es so etwas wie Angst. Eine komische Art von Angst, die ich mir nicht erklären konnte. Wenn ich genauer überlegte, dann gab es so viel, was ich einfach nicht wusste. Mein größtes Problem daran war, dass es Dinge über mich selbst und mein Leben waren. Ich wusste nicht einmal den Grund, warum ich nichts wusste. Ich hasste diese Unwissenheit.

Aber manchmal dachte ich mir, dass es vielleicht ganz gut so war, dass ich keine Erklärung für all das hatte. Es ist wie es ist, und dafür muss es keinen Grund geben.

Das war schon okay.

I Won't Disappoint You | Assassination Classroom FFWhere stories live. Discover now